Reallöhne im vergangenen Jahr erneut gesunken

Wiesbaden (dpa) – Die Reallöhne der Arbeitnehmer in Deutschland sind 2022 das dritte Mal in Folge gesunken. Grund ist der von Energie und Lebensmitteln getriebene Anstieg der Verbraucherpreise von 6,9 Prozent. Damit konnten die um 3,5 Prozent gestiegenen Nominallöhne nicht mithalten, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch berichtete. Die Reallöhne sanken in der Folge um 3,1 Prozent. Die Menschen hatten weniger Kaufkraft. Weiterlesen

Grenzregionen wollen Ausgleichszahlungen für Pendler

Trier/Metz (dpa/lrs) – Politiker aus der deutsch-französischen Grenzregion fordern erneut Ausgleichszahlungen aus Luxemburg für dort arbeitende Pendler. Die Grenzgänger zahlten in Luxemburg ihre Einkommensteuer, nutzten aber am Wohnort in Deutschland und Frankreich öffentliche Leistungen wie Kitas, Schulen und Straßen, hieß es in einem offenen Brief von politischen Vertreter aus grenznahen Kommunen, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Derzeit arbeiteten rund 53.000 Deutsche und rund 117.000 Franzosen in Luxemburg, wohnten aber jenseits der luxemburgischen Grenze.

Die «finanziellen Ungerechtigkeiten auf Länderebene müssen nun endlich konsequent adressiert und schnell behoben werden», teilte die SPD-Bundestagsabgeordnete Verena Hubertz in Trier mit. «Wir brauchen eine angemessene Ausgleichszahlung von luxemburgischer Seite, auch und gerade an unsere Kommunen in Trier und Trier-Saarburg.» Weiterlesen

Im Digitalbereich droht ein wachsender Fachkräftemangel

Köln (dpa) – Ein wachsender Fachkräftemangel im Digitalbereich droht einer Studie zufolge in den nächsten Jahren zum Bremsklotz für die deutsche Wirtschaft zu werden. «Der Fachkräftemangel bremst den Beschäftigungsaufbau», warnte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Untersuchung.

Laut IW könnten bis zum Jahr 2026 in der Bundesrepublik knapp 106.000 qualifizierte Arbeitskräfte in Digitalisierungsberufen fehlen. Damit würde der bisherige Höchststand von fast 100.000 fehlenden Digitalexperten im Jahr 2018 noch einmal deutlich übertroffen und drei von fünf offenen Stellen könnten rechnerisch nicht mehr besetzt werden, hieß es. Zuvor hatte der «Spiegel» darüber berichtet. Weiterlesen

Neue Wege nach Deutschland: Pläne in Afrika verkündet

Von Basil Wegener, dpa

Accra/Berlin (dpa) – Hubertus Heil schwitzt. Fast 6000 Kilometer sind der Bundesarbeitsminister und seine Kabinettskollegin Svenja Schulze von Berlin nach Ghana geflogen. In der schwülen Februarluft des westafrikanischen Landes verkünden der Arbeits- und die Entwicklungsministerin nichts Geringeres als einen «Paradigmenwechsel in der deutschen Migrationspolitik». So nennt die Bundesregierung ihren Versuch, Zuwanderung so zu steuern, dass alle Beteiligten etwas davon haben.

Heil und Schulze wollen bei dem sensiblen Thema erfolgreicher sein, als es die damalige große Koalition in der Vergangenheit war. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) etwa war 2019 nach Mexiko geflogen, um Pflegekräften den Weg nach Deutschland zu erleichtern. Inzwischen hat die deutsche Fachkräftelücke in immer mehr Branchen bedrohliche Ausmaße angenommen. Die Ampel-Regierung will den Mangel unbedingt verkleinern – ohne dass Herkunftsländer einen schmerzlichen Aderlass erleiden.

Schulze hofft auf Win-Win-Win-Situation

In Ghanas Hauptstadt Accra sprechen die beiden SPD-Politiker am Montagabend darüber länger mit der ghanaischen Sozialministerin und dem Ressortchef für Industrie. Feuchte Luft um die 30 Grad Celsius macht den Besuchern aus Deutschland zu schaffen, die in Westafrika ansonsten vor allem gegen Menschenrechtsverletzungen bei globalen Lieferketten eintreten wollen.

Doch Heil und Schulze lassen sich von den heißen Temperaturen nicht abhalten. Sie wollen hier auch hoffnungsvolle Botschaften zur Migration setzen. «Es geht darum, dass beide Staaten in ihrer Volkswirtschaft davon profitieren können», sagt Heil. «Deswegen ist es gut, miteinander zu arbeiten und eine Win-Win-Win-Situation zu schaffen», meint Schulze.

Der «Paradigmenwechsel», von dem die Regierung spricht, ist bereits seit Längerem geplant. Bereits im November bot die Ampel gleich vier Kabinettsmitglieder auf, um für das neue Fachkräfte-Einwanderungsgesetz zu werben. Damals wurden Eckpunkte beschlossen. Seit Montag nun sammelt die Regierung Stellungnahmen der Bundesländer und der Wirtschaft- und Sozialverbände zu dem geplanten Gesetz ein. Doch worin soll der grundlegende Wechsel bestehen? Sollen nun Fachkräfte um jeden Preis angelockt werden?

Heil will faire Migration

Heil und Schulze geben in Accra den Startschuss für eine Neuausrichtung eines bereits bestehenden ghanaisch-deutschen Migrationsberatungszentrums. Die Einrichtung, direkt neben Ghanas Arbeitsministerium gelegen, soll Interessierte informieren: Welche Wege führen nach Deutschland – aber auch in andere EU-Länder? Was müssen auswanderungswillige Ghanaer machen, die es erstmal in anderen afrikanischen Ländern versuchen wollen?

Zudem soll das Zentrum – wie bisher schon – aus Deutschland zurückkehrenden Ghanaern helfen, daheim wieder Fuß zu fassen. So verspricht Deutschland unter anderem Unterstützung bei einer Existenzgründung.

«Wenn hier der Eindruck entsteht, als würden wir diesem Land kluge Fachkräfte abziehen, dann wäre das ein falscher», sagt Heil. Denn in Ghana mit seinen knapp 34 Millionen Einwohnern gibt es laut dem deutschen Minister einen Überschuss an gut ausgebildeten Menschen, die daheim keine Arbeit finden. Laut Prognosen wächst Ghanas Bevölkerung in den nächsten zehn Jahren um weitere knapp 7 Millionen Einwohner. «Deshalb ist es wichtig, dass wir in mehrerlei Richtungen dafür sorgen, dass das faire Migration ist.»

Schulze sagt: «Das ist hier ein sehr junges Land mit einer sehr jungen Bevölkerung.» Tatsächlich sind rund 56 Prozent der Menschen unter 25 Jahre. «Wir sind eine immer ältere werdende Gesellschaft», setzt Schulze dagegen, «wir brauchen Fachkräfte.»

«Mörderische Wege durch Sahara vermeiden»

Viele junge Ghanaer wollen wohl lieber heute als morgen nach Europa. Das Land ist stabil und auch als Reiseland recht sicher, ganz anders als etwa der von terroristische Entwicklungen heimgesuchte nördliche Nachbar Burkina Faso. Doch das Land ächzt unter einer Inflation von über 50 Prozent. Die Wirtschaft ist angeschlagen.

Armutsmigration will Deutschland aber nicht anziehen. «Es geht auch darum, mörderische Wege durch die Sahara zu vermeiden», sagt Heil mit Blick auf illegale Fluchtbewegungen. Mit dem Fachkräfte-Einwanderungsgesetz sollen Einreisewillige zum Beispiel nach Berufserfahrung oder Deutschlandbezug ausgewählt werden.

Das Entwicklungsministerium steckt allein in Ghana in den nächsten drei Jahren rund 10 Millionen Euro in Qualifizierung und berufliche Bildung. Ghanas Sozialministerin Lariba Abudu lobt denn auch die «starken bilateralen Beziehungen» zu Deutschland. 150 Millionen fließen aus dem Hause Schulze insgesamt in solche Migrationsprojekte in Länder Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Mittel- und Osteuropas. Weitere Zentren wie in Ghanas Hauptstadt Accra sind in Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Nigeria, Irak, Pakistan und Indonesien geplant.

Beispiel Pflegekräfte

Als mahnendes Beispiel, wie es nicht laufen sollte, führt man bei der Ampel den Bereich der Pflegerinnen und Pfleger an. Bereits 2020 lockerte die damalige große Koalition die Regeln zur Fachkräftezuwanderung ein Stück weit. Auf tausende neue Kräfte hatte man gehofft.

Doch die Pflegekräfte, die etwa aus Indien, Indonesien oder Jordanien kamen, konnte man im vergangenen Jahr an einer Hand abzählen. Insgesamt konnten 2022 unterm Strich 656 ausländische Pflegekräfte durch die Bundesagentur für Arbeit nach Deutschland vermittelt werden. Die meisten angeworbenen Fachkräfte stammten 2022 demnach mit 255 von den Philippinen.

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Ökonom: Konzerne haben Abhängigkeiten bisher nicht reduziert

Stuttgart (dpa) – Deutsche Unternehmen haben ihr Abhängigkeiten von einzelnen Märkten einem Ökonomen zufolge auch ein Jahr nach der russischen Invasion in der Ukraine nicht nennenswert reduziert. «Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem, was man hört und was erzählt wird, und dem, was Unternehmen jetzt schon machen», sagte der amtierende Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Holger Görg, der Deutschen Presse-Agentur. In den Daten sei von einer Diversifizierung noch nicht viel zu sehen. Weiterlesen

Heil und Schulz in Afrika: «Global Verantwortung übernehmen»

Berlin (dpa) – Nach dem Inkrafttreten des deutschen Lieferkettengesetzes will die Bundesregierung beispielhaft für faire Produktion von Kakao und Textil in Westafrika eintreten. Bei der Umsetzung der neuen Regeln komme es darauf an, dass sie den Menschen «am Anfang der Lieferkette» helfen, sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze vor einer gemeinsamen Reise mit Arbeitsminister Hubertus Heil.

Die beiden SPD-Minister brachen, dem UN-«Welttag der sozialen Gerechtigkeit», nach Ghana und in die Elfenbeinküste auf. Ziel der fünftägigen Reise sind unter anderem Orte der Kakao- und Textilproduktion.

Die deutsche Wirtschaft warnte vor unerwünschten Folgen des Lieferkettengesetzes. Der Industrieverband BDI betonte, vor allem Afrika gewinne für Deutschland rasant an strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung, um die Abhängigkeit einzelner Branchen von Asien zu reduzieren. Das Lieferkettengesetz erschwere aber Diversifizierungsbemühungen der deutschen Industrie und konterkariere in vielen Bereichen sogar ein stärkeres Engagement in Afrika, sagte Wolfgang Niedermark von der BDI-Hauptgeschäftsführung dem RND. Weiterlesen

Mehr Arbeitslose und offene Stellen: «Arbeitsmarkt robust»

Saarbrücken (dpa/lrs) – Die Arbeitslosigkeit in Rheinland-Pfalz ist zum Jahresende leicht gestiegen. Rund 102.500 Frauen und Männer waren im Dezember 2022 arbeitslos, das waren 140 oder 0,1 Prozent mehr als im November, wie die Regionaldirektion der Arbeitsagentur am Dienstag in Saarbrücken mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat wurden 4000 Arbeitslose mehr gezählt. Das entspricht einem Plus von 4,1 Prozent. Die Arbeitslosenquote – berechnet auf der Basis aller zivilen Erwerbspersonen – lag im Dezember 2022 unverändert bei 4,6 Prozent. Vor einem Jahr betrug sie 4,4 Prozent.

«Noch nie waren in einem Dezembermonat so viele Stellen registriert», sagte die Chefin der Regionaldirektion, Heidrun Schulz. Rund 43.500 offene Stellen gab es im Dezember, 1400 oder 3,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die meisten Stellen wurden in der Zeitarbeit (9750), im Handel (5190) und im Verarbeitenden Gewerbe (4840) gemeldet.

Bei der Kurzarbeit wurden 200 Anzeigen von Unternehmen gezählt, das waren 40 weniger als im November. Die Anzeigen bezogen sich auf 2800 Beschäftigte, bedeuten aber noch nicht, dass es auch wirklich zur Kurzarbeit kommt. Weiterlesen

Zahl der Erwerbstätigen auf Rekordniveau

Wiesbaden (dpa) – Noch nie waren im wiedervereinten Deutschland so viele Menschen erwerbstätig wie im vergangenen Jahr. 45,6 Millionen Menschen und damit 1,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor hatten 2022 ihren Arbeitsort in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt am Montag berichtete.

Damit wurde die Corona-Delle aufgeholt und die bisherige Höchstzahl aus dem Vorkrisenjahr 2019 von 45,3 Millionen Menschen übertroffen. Nach 14 Jahren ununterbrochenen Wachstums war die Erwerbstätigenzahl im ersten Corona-Jahr 2020 eingebrochen und hatte sich 2021 nur langsam um 0,1 Prozent Zuwachs erholt.

Zuwanderung ist ein wichtiger Faktor

Die zusätzlichen Jobs wurden unter anderem durch zugewanderte Arbeitskräfte erledigt. Zudem beteiligten sich mehr Inländer als zuvor am Erwerbsleben. Diese beiden Effekte überwogen noch die allgemeine demografische Entwicklung, stellten die Statistiker fest. In seiner Bevölkerungsvorausberechnung geht das Bundesamt davon aus, dass die Zahl der Menschen im Erwerbsalter zwischen 20 und 66 Jahren in Deutschland in den nächsten 15 Jahren selbst bei hoher Zuwanderung sinken wird. Es könnten 2035 zwischen 1,6 Millionen und 4,8 Millionen Erwerbspersonen weniger sein als aktuell. Weiterlesen

Zahl der Arbeitslosen sinkt im November leicht

Nürnberg (dpa) – Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im November dank einer leichten Herbstbelebung  gesunken – allerdings weniger stark als in früheren Jahren. Die Bundesagentur für Arbeit gab am Mittwoch die Zahl der Arbeitslosen im November mit 2,434 Millionen an, das sind 8000 weniger als im Oktober, aber 117.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote liegt damit unverändert bei 5,3 Prozent. Sie liegt aber um 0,2 Punkte höher als im November 2021.

«Insgesamt ist der Arbeitsmarkt stabil. Zwar sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung saisonbereinigt erneut gestiegen und Kurzarbeit nimmt wieder zu, die Beschäftigung wächst aber deutlich», sagte Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Weiterlesen

Erste Wolken über dem deutschen Arbeitsmarkt

Von Michael Donhauser, dpa

Nürnberg (dpa) – Die Vorstandschefin der Arbeitsagentur, Andrea Nahles, nahm am Mittwoch das Wort «Trendwende» in den Mund. Der deutsche Arbeitsmarkt erwies sich zwar auch im Oktober noch als robust. Doch die saisonübliche Herbstbelebung fiel gedämpft aus, die Flüchtlinge aus der Ukraine sind nicht mehr die Hauptursache für neue Arbeitslose und die Kurzarbeit geht zumindest nicht weiter zurück. Die bevorstehende Wirtschaftskrise sendet ihre Vorboten auch an die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Oktober im Vergleich zum Vormonat saisonüblich um 43.000 auf 2.442.000 zurückgegangen. Sie liege jedoch um 65.000 höher als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, teilte die Bundesagentur am Mittwoch mit. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,1 Punkte auf 5,3 Prozent. Die Bundesagentur hat für ihre Oktoberstatistik Daten herangezogen, die bis zum 13. Oktober vorlagen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich mit der Entwicklung angesichts der Herausforderungen zufrieden: «Wir werden weiter an der Seite der Beschäftigten stehen und alles tun, um den Arbeitsmarkt gut durch diese Krise zu bringen», sagte er.

Fachkräfte weiter gesucht

«Insgesamt ist der Arbeitsmarkt weiter robust, insbesondere die Beschäftigung wächst weiter», sagte auch Behördenchefin Nahles. 34,57 Millionen Menschen seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt, mehr als eine halbe Million mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die Unternehmen täten viel, um ihre Fachkräfte auch in der Krise zu halten.

Im Oktober 2021 hatte die Herbstbelebung auf dem Arbeitsmarkt jedoch noch einen doppelt so hohen Rückgang der Arbeitslosenzahl um damals 88.000 bewirkt. In diesem Jahr steht bei saisonbereinigter Berechnung sogar ein leichtes Plus um 8000 zu Buche. «Unsere Interpretation ist, dass es die Folgen der wirtschaftlichen Abschwächung sind, die dazu führen», erklärte Nahles.

Die Bundesagentur geht weiter davon aus, dass die Geflüchteten aus der Ukraine derzeit einen Effekt auf die Zahl der Arbeitslosen haben – sie sind aber nach Angaben von Nahles nicht mehr der Hauptgrund für neue Arbeitlose. Vielmehr tauchten sie vermehrt in der Statistik für Unterbeschäftigung auf, wo auch etwa die Teilnehmer von Integrationskursen berücksichtigt werden.

Wirtschaftliche Unsicherheit hat Folgen

Die Kurzarbeit ist zuletzt nicht mehr – wie in den Monaten zuvor – zurückgegangen. Für Nahles ist das auch eine Folge der zuletzt deutlicher werdenden wirtschaftlichen Unsicherheiten. «Wir beobachten, dass Unternehmen wieder mehr auf konjunkturelle Kurzarbeit zurückgreifen wollen», sagte sie. Im August wurde den Berechnungen der Bundesagentur zufolge für 106.000 Menschen konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Zwischen dem 1. und 26. Oktober gingen Anzeigen für weitere 82.000 Beschäftigte ein – nach 57.000 im September. Ob diese jedoch realisiert werden, ist nicht gewiss. Vor allem das verarbeitende Gewerbe sei betroffen.

Auf dem Ausbildungsstellenmarkt zeichnet sich zum Ende des Bewerbungszeitraumes Ende September eine größer werdende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage ab. «Noch nie seit der Wiedervereinigung waren die Chancen auf eine Ausbildungsstelle so gut. Allerdings haben die Besetzungsprobleme für die Unternehmen merklich zugenommen», sagte Nahles.

Sie rief sowohl Bewerber als auch Betriebe auf, Kompromissbereitschaft zu zeigen. Bewerber sollten sich auch mit Alternativen zum Traumberuf beschäftigen. Unternehmen müssten sich damit befassen, auch Kandidaten ins Auge zu fassen, deren Qualifikation möglicherweise nicht ganz ihren Vorstellungen entsprechen.

Der Bundesagentur seien bis September 2022 insgesamt 546.000 Berufsausbildungsstellen gemeldet worden, 23.100 mehr als im Vorjahreszeitraum. Dem stehen 422.400 Bewerberinnen und Bewerber gegenüber, 11.100 weniger als voriges Jahr. Am 30. September waren noch 68.900 Stellen unbesetzt und 22.700 junge Leute noch unversorgt.

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Nach Corona: Was lockt uns zurück ins Büro?

Von Sophie Brössler, dpa

Berlin (dpa) – Von vielen Bürobeschäftigten wird nach den Corona-Jahren erwartet, wieder in den Betrieb zu kommen. «Arbeitgeber wollen im Schnitt stärker zurück in die Präsenz als die Beschäftigten», sagt Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, der dpa.

«Führungskräfte müssen intensiv überlegen, wie sie die Arbeit im Büro attraktiv gestalten können.» Denn: Bei den Beschäftigten bestehe weiterhin ein sehr großer Wunsch nach dem Arbeiten in den eigenen vier Wänden. «Viele Bewerberinnen und Bewerber machen Homeoffice sogar zu einem wichtigen Kriterium bei der Jobsuche», so Fitzenberger.

Im Homeoffice werden pro Tag 65 Minuten gespart

Ein Grund gegen das Büro: Im Schnitt sparen Beschäftigte in Deutschland über eine Stunde, wenn sie ihren Laptop zu Hause aufklappen und nicht in die Arbeit fahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie, die im Januar beim US-Wissenschaftsnetzwerk NBER veröffentlicht wurde.  In Deutschland gaben für die Befragung mehr als 2000 Beschäftigte in den Corona-Jahren 2021 und 2022 an, wie viele Minuten ihr Fahrtweg ins Büro dauern würde. Dann schlüsselten sie auf, wie sie die gewonnene Zeit stattdessen verbrachten.

Die Studie wurde unter anderem unterstützt von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie dem Ifo-Institut in München. Gespart werden den Ergebnissen zufolge im Homeoffice pro Tag 65 Minuten. 20 Minuten der gewonnenen Zeit gehen demnach für zusätzliche Arbeit drauf, 10 Minuten für den Haushalt und 5 Minuten für Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen. Die meiste Zeit, rund 30 Minuten, nutzen die Deutschen für ihre Freizeit, etwa zum Lesen, Fernsehen oder für Sport im Freien.

Was braucht es also, damit Beschäftigte auf dieses Freizeitplus wieder verzichteten – und man wieder Lust aufs Büro bekommt? Gute Koordination, erklärt IAB-Direktor Fitzenberger. Chefs und Chefinnen müssten organisieren, wer eigentlich wann in den Betrieb kommt. «Wenn man im Büro doch nur wieder alleine ist und virtuelle Meetings mit Kollegen im Homeoffice hat, könnte das ernüchternd sein», sagt Fitzenberger. Einen festen Präsenztag in der Woche könnten Führungskräfte etwa mit sozialen Angeboten verbinden. «Das kann das gemeinsame Mittagessen sein oder ein aufgelockertes Team-Meeting.» Nur so erreiche man eine «Präsenzrendite».

«Betrieb oder Büro zentraler Ort für persönlichen Austausch»

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) betont, dass das Arbeitsleben vieler Bürobeschäftigter zukünftig aus einer Kombination von Homeoffice und Büroarbeit bestehen wird. «86 Prozent aller Unternehmen, bei denen mobiles Arbeiten grundsätzlich möglich ist, wollen dies fortführen oder sogar noch ausbauen», teilte die BDA mit. Das trage zu persönlicher Jobzufriedenheit, aber auch zu Arbeitgeberattraktivität und Fachkräftegewinnung bei. «Dennoch bleibt der Betrieb oder das Büro ein zentraler Ort für persönlichen Austausch und kollaboratives Arbeiten.»

Auch die Gewerkschaft Verdi plädiert dafür, das Büro wieder zu einem «sozialen Ort» zu machen. Dafür brauche es etwa neue Raumkonzepte, erklärt Verdi-Referent Christian Wille vom Fachbereich Innovation und Gute Arbeit. «Viele Beschäftigte sind aus den Büros geflohen, weil die Arbeitsbedingungen dort – etwa die Lautstärke, die Ausstattung, zu viele Aufgaben gleichzeitig – als negativ wahrgenommen wurden.» Zu Hause habe man dann oft ungestörter arbeiten können. «Ohne die Arbeitsbedingungen in den Büros anzugehen, wird sich das Problem eher noch verschärfen, wenn die Leute wieder zurückkommen sollen», mahnt Wille. Neben Gruppenbüros und Meetingräumen müssten auch Einzelbüros, ruhige Rückzugsorte oder Telefonboxen angeboten werden.

SAP bietet neben Büro-Events Kinderbetreuung an

Neben modernen Büroumgebungen bemühen sich viele Unternehmen um weitere Benefits – etwa in der IT-Branche, in der besonders viele Menschen ins Homeoffice gewechselt sind. Der Softwarekonzern SAP bietet neben Büro-Events laut einer Unternehmenssprecherin etwa Kinderbetreuung und Sportmöglichkeiten an. Der IT-Dienstleister Bechtle stellt unter anderem einen Wäscheservice zur Verfügung. Und in der Kantine können Mitarbeiter ein fertiges Abendessen für zu Hause mitnehmen, so eine Sprecherin. Das soll «eine Zeitersparnis ermöglichen und somit Berufliches und Privates in Einklang bringen».

«Ich höre immer mal wieder die Forderung “Da muss der Arbeitgeber mir aber was bieten, dass ich wieder bereit bin, ins Büro zu kommen”», erzählt Susanne Böhlich, Professorin für Internationales Management an der IU Internationalen Hochschule in Bad Honnef. Sie glaube jedoch nicht, dass bestimmte Benefits ausreichen, um die Mitarbeitenden wieder ins Büro zu bekommen. «In unserer Euphorie für Homeoffice unterschätzen wir komplett, dass die Präsenz einen unglaublichen Wert hat.»

Stattdessen plädiert Böhlich für Transparenz und Ehrlichkeit der Führungskräfte. «Den Mitarbeitern sollte verständlich sein, warum sie ins Büro kommen sollen, und den Prozess als fair empfinden», sagt die Professorin. Dafür müssten Führungskräfte aber klare und konsistente Regeln schaffen. «Und die Betroffenen sollten bei der Entscheidungsfindung mitreden dürfen», fordert Böhlich. «Nur dann bekommt man auch die Akzeptanz für die Rückkehr ins Büro.»

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