„Ein nagelneues Auto zerschneidet man nicht alle Tage…“

Eine kleine Freiwillige Feuerwehr stellt sich größer werdenden Aufgaben

 

Mürlenbach. „Ein nagelneues Auto zerschneidet man nicht alle Tage…“ – der 45-jährige Manfred Molitor, der diese Worte mit einem verschmitzten Lächeln von sich gibt, ist alles andere als zerstörungsfreudig, sondern Löschmeister bei der Freiwilligen Feuerwehr Mürlenbach und fügt umgehend eine Erklärung an: „… natürlich üben wir regelmäßig die technische Hilfe bei Verkehrsunfällen. Aber die Autos, die wir dazu verwenden können, sind meist nicht ideal. Einerseits sind sie in der Regel in unzerstörtem Zustand, und das ist schon einmal ein großer Unterschied zu den realen Einsatzbedingungen bei verformter Karosserie, andererseits sind es bei den Übungen aus Kostengründen überwiegend ältere Fahrzeuge.“ Genau dies aber kann ein entscheidender Unterschied sein, denn bei der KFZ-Technik hat sich in den letzten zehn Jahren schon sehr viel geändert und vieles davon hat eben auch Auswirkungen auf die Arbeit der mit der technischen Unfallhilfe betrauten Stützpunktfeuerwehr Mürlenbach.

An diesem 28. Oktober 2017 haben deshalb Molitor und sechzehn seiner Kameradinnen und Kameraden ihren freien Samstag geopfert und sind schon um 3:00 Uhr aufgestanden um mit ihren Einsatzfahrzeugen die 250 km von Mürlenbach nach Rüsselsheim rechtzeitig zum Beginn ihrer Ausbildung in Technischer Unfallhilfe um 7:30 Uhr bei Opel zurückzulegen. Doch nicht nur die Anfahrt zu dem im gesamten Bundesgebiet begehrten Ausbildungsprogramm war weit, auch die Warteliste war lang. Schon mehr als ein Jahr zuvor, hatten die Mürlenbacher sich für den Ausbildungstag bei Opel beworben und längst nicht für jeden, der gerne mitgefahren wäre, gab es Platz.

Ist dieser ganze Aufwand nicht doch etwas übertrieben? Elmar Irsfeld, 52, Wehrführer in Mürlenbach, sieht das ganz anders. Für ihn ist der Ausbildungstag in Rüsselheim nicht nur eine Art „Sahnehäubchen“ innerhalb der Ausbildung, kein Ausflug für Enthusiasten. Weiterbildungen wie diese sind laut Irsfeld elementare Bausteine gerade für kleinere Wehren mit verhältnismäßig wenigen Verkehrsunfalleinsätzen um für den sich verändernden Einsatzalltag gerüstet zu bleiben: „Natürlich hat auch bei uns die Gegenwart längst Einzug gehalten. Wir verfügen über moderne Rettungsgeräte und auch über die Informationen um mit neuesten Automodellen umgehen zu können. So gehört zu unserer Ausrüstung beispielsweise auch ein Tablet, mit dem wir im Einsatz schnell die jeweiligen Daten zehntausender Automodelle abrufen können.“ Das sei, so Irsfeld heute geradezu überlebenswichtig, denn moderne Autos haben unzählige Airbags, verfügen beispielsweise über pyrotechnische Gurtstraffer und viele gehärtete Stahlteile sitzen inzwischen an verschiedenen Stellen der Karosserie. „Wenn man nicht weiß, wo diese Teile sitzen und versehentlich in diese schneidet, bringt man bei Rettungsversuchen nicht nur die Unfallopfer, sondern auch die Einsatzkräfte in zusätzliche Gefahr.“, so Wehrführer Irsfeld. Aber all dies kann man natürlich nicht nur am Bildschirm lernen, sondern muss es auch in Echt am realen Objekt üben wozu die Mürlenbacher in Rüsselsheim unter sachkundiger Anleitung von Spezialisten der Werksfeuerwehr von Opel an diesem Tag nun ausgiebig Gelegenheit hatten.

Ebenso interessant für die Mürlenbacher Feuerwehrleute war aber auch die Einweisung in den Umgang mit Fahrzeugen mit neuen alternativen Antrieben wie Hybrid- und Elektroautos. “Gerade bei Elektroautos und vor allem bezüglich der verbauten Batterien spürten wir großen Schulungsbedarf. Die sachkundige Unterweisung bei Opel hat uns da viele Bedenken genommen, wir werden aber auch hier weiter am Ball bleiben müssen“, so Elmar Irsfeld. Neben vielen positiven Erfahrungen hat dieser Ausbildungstag bei Opel dann aber doch auch einen kleinen und einen etwas größeren Wehrmutstropfen bei den Feuerwehrleuten hinterlassen. „Wir wollten eigentlich Fotos von den Arbeitsschritten machen, auch um diese bei der weiteren Ausbildung mit den daheimgebliebenen Kameraden zu nutzen,“ so Feuerwehrmann Michael Irsfeld, 21, der selbst gerade eine Ausbildung bei einem schwäbischen Sportwagenhersteller absolviert und der dieses Angebot bei Opel ausfindig gemacht hatte, „aber leider war auf dem Werksgelände das Fotografieren verboten.“ Das war zwar schade. Als viel bedauerlicher empfanden es die Feuerwehrleute aber, dass nun Ende Oktober dieses hervorragende und kostenfreie Ausbildungsprogramm für Feuerwehren von Opel eingestellt wurde.

Christian Irsfeld

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