Flughafen-Hahn: „Schnell weg damit – egal wie!“

Mainz. Vor knapp vier Wochen wurde das „Landesgesetz zur Regelung der im Zusammenhang mit der Veräußerung des Geschäftsanteils des Landes Rheinland-Pfalz an der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH stehenden Angelegenheiten und der Erstattung von Kosten aus nichtwirtschaftlicher Tätigkeit an Flughäfen in Rheinland-Pfalz“ in seinem zweiten Verkaufsanlauf ins Mainzer Plenum eingebracht.

Mit diesem Gesetz sollte die Geschichte eines erneuten Scheiterns in einem Großprojekt durch ausschließlich SPD-Minister und Staatssekretäre sowie Geschäftsführer ihr vorläufiges Ende finden.
Seit Montag, 24.04.2017, also seit der Vorstellung des Rechnungshofberichts zum Scheitern des ersten Verkaufsversuchs des Flughafens an offensichtliche Betrüger aus China, konnte die Debatte am Mittwoch, 26.04.2017 nicht ohne Einfluss dieses Berichtes geführt werden.
Die Anhörung zum Gesetz über den Verkauf des Flughafen Hahn machte einmal mehr deutlich, dass die Opposition wegen fehlender oder geschwärzter Daten nicht in der Lage war, den Geschäftsplan des Käufers zu bewerten. Bei der Ertragsplanung für die Jahre 2018 bis 2023 wurden die vom Innenministerium vorgelegten Dokumente seitens der Landesregierung komplett unlesbar gemacht.

Hierdurch waren für die Opposition wesentliche Parameter nicht erkennbar, etwa die Umsatzentwicklung nach Hauptsegmenten, das Passagieraufkommen, das Frachtaufkommen, der Cashflow, die EBITA-Entwicklung, die Beschäftigtenzahlen, die Arbeitsplätze sowie Kostenentwicklung in Abhängigkeit von Umsatz und Gesamtleistung. Eine Vermögens- und Finanzplanung fehlte komplett. Warum wohl?

Offene Fragen bleiben
Es bleiben zahlreich offene Fragen. Wie sind die konkreten Planungen des Käufers? Wie will er sich strategisch am Markt ausrichten? Wie sind seine Finanzierungspläne; seine Investitions- und Personalvorhaben? Wie wird sich das Eigenkapital durch Verluste in den kommenden Jahren verändern? Warum hat die Landesregierung eine Patronatserklärung des Konzerns für die Käufergesellschaft gegenüber dem Käufer nicht einmal angesprochen?

Wer sich ernsthaft Sorgen um die Zukunft des Flughafens macht, den müssen die Fragen interessieren. Dass diese Fragen des Datenraums keinen von den regierungstragenden Parteien genannten Experten zur Anhörung interessierten, kann nur einen Grund haben: Nach dem kontinuierlichen Niedergang unter der Führung der Landesregierung wird jeder Private – egal wie – als die bessere Alternative gesehen. Nur „egal wie“ ist keine gute Option einer Zustimmung für ein Gesetz. Wichtige Grundlagen des Gesetzes sind bis zum heutigen Tag ohne Antwort, ohne Transparenz geblieben.

Die Fehler, Versäumnisse, das Auslassen jedweder Sorgfaltspflicht im ersten, gescheiterten Verkaufs-verfahren wurde auf Initiative der CDU, – der sich erstaunlicherweise dann alle Parteien angeschlossen haben – durch den Landesrechnungshof untersucht und am 24.04.2017 als Bericht dem Parlament, der Öffentlichkeit, vorgestellt. Ein solcher Bericht führt in jedem Betrieb, in jedem Konzern fast automatisch zu Entlassungen. Nicht so in der SPD-geführten Landesregierung. Es ist zu befürchten, dass im Verkaufsprozess des Flughafen Hahn nur Mitarbeiter vom Flughafen mit Entlassungen rechnen müssen.

Karikatur Ritter

Vergleicht man den Bericht des gescheiterten Verkaufs an die chinesische Firma SYT mit dem zweiten Anlauf des Verkaufsverfahrens, so ergeben sich deutliche Parallelen, Deckungsgleichheiten der Intransparenz, oder bisher nicht aufgeklärte bzw. von der Regierung stets bestrittene Sachverhalte.
Die CDU Fraktion hatte als Oppositionspartei im zweiten Verfahren im Oktober/November 2016 einen fairen Weg eingeschlagen, der einen Verkauf an einen Privaten nicht unnötig blockieren sollte. Man hatte sich entschlossen, darauf zu achten, dass es nicht einen einzigen Tag des Blockierens im Verfahren durch die CDU geben wird. Die CDU-Fraktion hatte ihr Abstimmungsverhalten schon sehr früh an Bedingungen geknüpft.

Bereits am 14. November 2016 hatte die CDU Fraktion, in einem Schreiben an den Landtagspräsidenten um Unterlagen gebeten. Zitat: „Für den Fall, dass die Landesregierung erwägt, das Parlament erneut über ein Gesetzgebungsverfahren in den Verkauf einzubinden, bitten wir bereits jetzt darum, dem Landtag für seine Beratungen zeitnah folgende Unterlagen zur Verfügung zu stellen:

  • Eine namentliche Aufstellung der Bieter, die die Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000 Euro hinterlegt haben (vor dem Hintergrund, dass sich unter den Bietern auch neu gegründete Unternehmen befinden sollen, sollten aus dieser Aufstellung auch die an den einzelnen Bietern beteiligten Personen und / oder Gesellschaften sowie der Organe der Gesellschaften erkennbar sein),
  • die Businesspläne aller Bieter, die die Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000 Euro hinterlegt haben,
  • aussagekräftige Unterlagen zu den Geboten, die die Bieter abgegeben haben,
  • das Ergebnis ggf. erfolgter Due-Diligence-Überprüfungen sowie
  • das Ergebnis der bisherigen Abstimmung mit der EU-Kommission.

Diese Forderungen wurden auf die drei verbliebenen Bieter beschränkt. Bis heute ist seitens der SPD-geführten Landesregierung keine dieser Bedingungen für eine Zustimmung erfüllt worden. Wenn schon von der Opposition das Vertrauen in eine Entscheidung der Regierung erwartet wird, dann sollte diese Regierung der Fairness halber auch für die Transparenz der Entscheidung und der Entscheidungswege sorgen. Passiert ist nichts!

Wenn die Landesregierung im Verkauf nur ca. 10 Millionen Euro erlöst und gleichzeitig ca. 12 Millionen Euro an Berater verausgabt und dem Steuerzahler weitere bis zu 100 Millionen Euro an Leistungen an den Käufer abverlangt, dann sollte man dem Parlament auch eigene Kontrollmöglichkeiten im Verfahren geben. Genau das hat die Landesregierung bis zum heutigen Tag stur verweigert. Wie soll eine Opposition ohne Eigenkontrolle einer Regierung Glauben schenken, wenn man folgende Hinweise des wenigen Tagen vorliegenden Berichtes des Landesrechnungshofes analytisch betrachtet.

Zitat aus dem Bericht:
„Es ist nicht erkennbar, dass das Land weitere beihilferechtlich zulässige Handlungsoptionen wie die Notifizierung des Privatisierungsvorhabens als Beihilfe, die Fortführung des Flughafens in Eigenregie oder eine etwaige Liquidation einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen und ernsthaft in Betracht gezogen hätte. Entsprechende Wirtschaftlichkeitsberechnungen wären haushaltsrechtlich geboten gewesen“ – so der Wortlaut des Rechnungshofes. Weitere zulässige Handlungsoptionen wurden von Seiten der Landesregierung dem Parlament immer als ausgeschlossen dargestellt. An anderer Stelle des Berichtes heißt es: „Zugleich wird hier deutlich, dass der Höchstpreis keineswegs zwingend und stets mit dem – letztlich allein entscheidenden – Marktpreis identisch ist.“

Weiter heißt es im Bericht: „Dies geht so weit, dass es – wie es die Fallbearbeiter der Generaldirektion (GD) Wettbewerb gegenüber dem Land erläuterten – Gründe geben kann, einen Bieter, der lediglich einen symbolischen Euro zu zahlen bereit ist, gegenüber anderen auch deutlich höher Bietenden vorzuziehen. Sogar ein negativer Kaufpreis ist dann denkbar, wenn der staatliche Verkäufer überzeugend zu begründen vermag, dass der damit einhergehende Verlust wirtschaftlicher ist, als gar kein Verkauf und eine Liquidation.“ Exakt diese Argumentation hatte auch die CDU, wurde allerdings von der Regierung immer vehement mit Hinweis auf die EU bestritten. Jetzt wurde sie vom Landesrechnungshof bestätigt.

Fakt ist, die Regierung hat den Verkauf der rheinland-pfälzischen Anteile – der 82,5% – an die neugegründete HNA Airport Group GmbH schon unterzeichnet. Einer Tochter wiederum der Hainan Air Travel Service Co. LtD. (Sitz in Haikou / Stammkapital 500.000 Euro). Diese ist wiederum Teil, also auch Tochter des HNA Konzerns. Heißt im Klartext: Die Regierung schließt also erneut einen Vertrag, präsentiert einen Bieter und legt den Vertrag wieder ohne Anlagen vor. Die Anlagen mussten wieder eingefordert werden. Es fehlten die Businesspläne, die wurden dann erst auf Aufforderung dem Parlament geschwärzt geliefert.

Führt man sich vor Augen, dass der EU zur Zustimmung zur Beihilfe ein vollständiger Unternehmens-plan vorgelegt werden muss, dieser aber zur Zustimmung des Landtages mit einem Beihilfevolumen von bis zu 74,9 Mio. Euro zuzüglich 25 Millionen Euro als Haftung für Umweltschäden vorenthalten wird, ist dies reine Augenwischerei.

Bedeutet also, dass derjenige, der keinen Euro in das Unternehmen steckt, vollständige und ausreichende Informationen erhält. Derjenige, der bis zu 74,9 Millionen Euro an Beihilfe leisten soll, dem stehen diese Informationen nicht zur Verfügung. Es mag sein, dass die HNA tatsächlich die beste Option für den Hahn ist. Aber die Möglichkeit, das alles zu überprüfen, geschweige jedwede Alternativen im Verkaufsprozess hat die Landesregierung dem Parlament vorenthalten.
Eines muss man wissen: Die HNA ist erst zum Bieter nach dem Zuschlag an die ADC geworden und genau dieser Fakt ist eine offene Flanke für mögliche Klagen.

Zuerst war der Bieter die ADC GmbH in Deidesheim mit zweifelhaften chinesischen Gesellschaftern, wie sich inzwischen herausstellt. Die ADC GmbH in Deidesheim hatte auch die geforderte Kaution hinterlegt. Genau an diese Firma oder einen gänzlich neuen Gesellschafter will das Land Hessen seine 17,5 Prozent Anteile nach wie vor nicht verkaufen.

Einer ADC GmbH in Deidesheim, die nichts mit Deidesheim außer einen Briefkasten teilt, hätte die Landesregierung schon keine Grundstücke am Hahn verkaufen dürfen. Aber genau das ist im Sommer 2016 passiert. Staatssekretär Stich war noch im Flugzeug auf dem Rückweg aus China, da saßen Staatssekretär Barbaro/SPD schon mit dem Geschäftsführer Dr. Englert (SPD) am Verhandlungstisch.

Dieser Notverkauf durch Staatssekretär Barbaro im Sommer 2016 könnte noch Probleme bringen. Denn hier findet man als Betrachter bedeutende Parallelen zu den Vorwürfen des Landesrechnungshofes. Auch hier wurden die Geschäftspartner ohne die erforderliche Sorgfalt geprüft.Im Rechnungshofbericht steht auch zu lesen, dass Innenminister Lewentz dem Kabinett offenbar eine Entscheidungsvorlage auf den Tisch gelegt hatte, die nicht den tatsächlichen Sachverhalt darstellt. So sagt es jedenfalls der Landesrechnungshof.

Wie soll man einer Regierung blind vertrauen, die sich selbst hintergeht und sich selbst in einer Kabinettsvorlage die Unwahrheit (Lüge) präsentiert? Der Rechnungshof umschreibt das Wort Lüge elegant so: „Das Innenministerium stellte in seiner Vorlage an den Ministerrat vom 18. Mai 2016 die Sach- und Rechtslage im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile nicht aktuell, vollständig und differenziert dar. Die Vorlage erweckte den unzutreffenden Eindruck, der Businessplan sei geprüft, er beruhe auf nachvollziehbaren Unternehmenskonzepten, bei SYT handele es sich um einen seriösen Geschäftspartner und der Verkauf sei nach den Vorgaben der EU-Kommission nur an SYT als Höchstbietenden möglich.“

Wie soll eine Oppositionspartei ein Gesetz beschließen, dessen wesentliche Grundlagen im Dunkeln liegen, oder gar vollständig geschwärzt sind und druckfrisch im Rechnungshofbericht die Verhaltensweisen und Entscheidungsmuster kritisiert werden, die die Landesregierung im zweiten Verkaufsverfahren nicht abgestellt hat?

Der rheinland-pfälzische Landtag stimmte am 26.04.2017, 13:00 Uhr mit den Stimmen der SPD, FDP und Bündnis90 / Die Grünen dem Verkauf des Flughafen Hahn zu. Die CDU-Fraktion hat dem Verkauf nicht zugestimmt. Die Fraktion der AfD hat sich der Stimme enthalten. Somit kann das Gesetz über den Verkauf des Flughafen Hahn umgesetzt werden. Eine Hürde gibt es dennoch. Die Zustimmung der EU muss noch erfolgen.


Plenar-Sondersitzung Flughafen Hahn / LRH-Gutachten

CDU: Wir erwarten eine Erklärung von Frau Dreyer

Auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion befasst sich der rheinland-pfälzische Landtag am kommenden Freitag, 05.05. mit dem Gutachten des Landesrechnungshofs zum peinlichen Scheitern der Landesregierung beim Verkauf des Flughafens Hahn an die chinesische Firma SYT. Dazu erwartet die CDU-Landtagsfraktion eine Erklärung der Ministerpräsidentin, so der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Martin Brandl:

„Die Ministerpräsidentin behandelt den Hahn bisher wie eine heiße Kartoffel. Bloß nicht anfassen, man könnte sich ja die Finger verbrennen. Bislang hat sie sich nicht öffentlich, sondern nur in Hintergrundrunden zu dem für sie hoch-peinlichen Gutachten des Landesrechnungshofs geäußert. Selbst in der Debatte zum Hahn-Verkaufsgesetz in der vergangenen Woche im Plenum hat sie geschwiegen. Das ist einer Regierungschefin bei einem der größten Konversionsprojekte des Landes unwürdig. Zumal sie die unmittelbare Verantwortung für den von ihrer Landesregierung angestrebten Verkauf trägt.

Das einzige, was Frau Dreyer bisher eingefallen ist, war ein Persilschein für ihren Innenminister. Dabei war es die Ministerpräsidentin, die den Rheinland-Pfälzern versprochen hatte, ein Desaster wie beim Nürburgring werde sich nicht wiederholen. Es hat sich wiederholt – unter der Führung von Frau Dreyer. Die Landesregierung ist bei millionenschweren Geschäften gleich zwei Mal auf Aufschneider hereingefallen und hat dabei selbst die offenkundigsten Warnsignale und -hinweise schlichtweg in den Wind geschlagen. Der Imageschaden ist beträchtlich.

Für die Ministerpräsidentin ging es beim Verkauf an SYT nur darum, den Hahn schnell um jeden Preis loszuwerden, um sich ein politisches Dauerproblem vom Hals zu schaffen. Sie stand aber bei den Bürgern im Wort. Dennoch wurde wieder nicht ordentlich ausgewählt und geprüft, blieben Mahner und Warner ungehört, wurde das Transparenzversprechen nicht eingelöst. Das Gutachten des Landesrechnungshofs zeigt, dass unser Misstrauensvotum im vergangenen Jahr gegen die Ministerpräsidentin in dieser Sache berechtigt war. Sie muss jetzt im Parlament Rede und Antwort stehen.“

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