Mehr als 130 heimische Steinkrebse in Bäche im Nationalpark Eifel entlassen

Artenschutzprojekt der Nationalparkverwaltung Eifel gefördert von der HIT-Stiftung  Schleiden. Ein sauerstoffreicher und kühler Bach mit kiesigem Bett, wie es die heimischen Steinkrebse gerne mögen. Nach einer solchen Stelle mitten im Nationalpark Eifel hat Flusskrebs-Experte Dr. Harald Groß lange gesucht. Um die empfindlichen und selten gewordenen Krebse erfolgreich anzusiedeln, muss der Standort perfekt sein.  

Im Gepäck hat der Biologe zirka 130 Krebse aus seiner eigenen Zucht. Er nimmt sie aus der großen Styropor-Box und lässt sie an unterschiedlichen Stellen langsam ins Wasser gleiten. Das Aussetzen der Flusskrebse ist ein Folgeprojekt der Nationalparkverwaltung Eifel nach den 2014 abgeschlossenen Life+-Maßnahmen „Wald- Wasser Wildnis“.

„Sie müssen sich erst einmal akklimatisieren, dann suchen sie sich ein ruhiges Versteck unter Wurzeln oder Totholz, wo sie zunächst einmal bleiben“, ist der Biologe vorsichtig optimistisch. Einmal im Jahr wird der engagierte Krebs-Experte wieder an den Bach kommen und die Stellen kontrollieren. Die Bemühungen um den Erhalt der heimischen Flusskrebsart sind groß, denn sein Überleben steht auf dem Spiel:  In NRW waren nach 1990 nur noch drei Vorkommen des Steinkrebses bekannt, heute gibt es nur noch eines im Siebengebirge. Die Mittelgebirgsbäche im Nationalpark Eifel stellen für den Steinkrebs geeignete  Lebensräume zur Verfügung.

Zum ersten Mal haben bereits 2014 die Biologische Station Städteregion Aachen und die Nationalparkverwaltung in ihrem gemeinsamen Life+-Projekt „Wald-Waser-Wildnis“ Steinkrebse im Großschutzgebiet ausgebracht. Insgesamt drei größere Landschaftsabschnitte deren Bäche in Folgejahren besetzt werden sollten, wurden damals ausgelotet.  Daher betreibt die Nationalparkverwaltung Eifel das Ansiedlungsprojekt nach Beendigung des Life+-Projektes weiter. Unterstützt wird sie hierbei durch die HIT-Umwelt- und Naturschutz-Stiftung.

An der ausgewählten Aussatz-Stelle – die zum Schutz der Bestände nicht näher benannt wird – droht den jungen Krebsen keine Gefahr, sie sind dort vor den amerikanischen Arten sicher.  Die amerikanischen Arten können Überträger der sogenannten Krebspest sein, eine Pilzerkrankung, die für heimische Stein- und Edelkrebse tödlich endet.  Schnell strömende, kühle und sauerstoffreiche Bachoberläufe wie sie der Steinkrebs braucht, sind auch Lebensraum für viele weitere selten gewordene Arten wie Koppe, Bachforelle oder Bachneunauge.

Hintergrund
Der Steinkrebs ist in seinem gesamten Verbreitungsgebiet in Zentral- und Südosteuropa gefährdet. NRW stellt die nordwestlichste Grenze des Gebietes dar. Die größte Gefahr sind vor allem amerikanische Krebsarten als potenzielle Überträger der Krebspest. Diese Infektion mit dem Schlauchpilz Aphanomyces astaci, der im 19. Jahrhundert aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt wurde, ist für europäische Krebsarten tödlich. Besonders durch Fischbesatz können die Sporen der Krebspest in andere Gewässer gelangen. Durch einen überhöhten Fraßdruck kann sich ein Fischbesatz aber auch ohne Krebspestübertragung negativ auswirken.

Nicht zuletzt seine Ortstreue verlangsamt eine natürliche Wiederbesiedlung geeigneter Gewässer. Meist ist die zur Besiedlung anderer kleiner Nebenbäche notwendige Durchwanderung des Hauptgewässers nicht möglich, da dort schon amerikanische Flusskrebse vorkommen. Damit diese nicht auch in die Steinkrebsbäche einwandern, sollten Wanderhindernisse, wie Verrohrungen vorhanden sein. Solche für Fische und andere Arten schädliche Barrieren sind für heimische Flusskrebse oft überlebenswichtig. Daher sollten sie in diesen wenigen Fällen erhalten bleiben.

Allgemein können Veränderungen seines Lebensraumes Populationen zum Erlöschen bringen. Dazu zählen Begradigungen und Uferverbau sowie unnatürliche Einträge von Schwemmstoffen, zum Beispiel durch unmittelbar ans Ufer angrenzende landwirtschaftliche Ackerflächen. Der Steinkrebs reagiert sehr empfindlich auf die Verfüllung seiner Wohnhöhlen mit Sedimenten und auf den Eintrag von Schadstoffen vor allem von Insektenschutzmitteln ins Gewässer.

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