Erstes Bioelektronik-Kraftwerk (BEKW) geht in Betrieb

Solar- und Windenergie sind auf dem Vormarsch. Zuverlässige Energiespender rund um die Uhr sind beide Energiequellen jedoch nicht. Die Energie-Lücke könnte bald von einer Fischart geschlossen werden, die in unseren Breitengraden bisher nicht zuhause war. Zoologen und Naturwissenschaftler der Universität Fribourg (Schweiz) und der University of Michigan in Ann Arbor (USA) forschen seit mehr als 10 Jahren mit Zitteraalen. Seit 2014 wird das Projekt von Wissenschaftlern des  Frauenhofer Institut Aachen in der Vulkaneifel begleitet.

Den Wissenschaftlern ist es gelungen, die Biosynthese von Zitteraalen auf gentechnischem Wege zu modulieren, um definierte Sekundärmetabolite auf ein Minimum zu reduzieren. Diese Methode macht die Fische resistent gegen Wassertemperaturen bis zu fünf Grad Celsius. Fischzüchter Paul Diewald bietet mit seiner Fischzuchtfarm in Kradenbach ideale Zuchtbedingungen. „In Zeiten wo die Energie knapp wird, mag es selbst manchem Nicht-Öko bei diesem  Projekt etwas mulmig werden“, so Paul Diewald im Gespräch mit der Eifel-Zeitung. Die Zuchterfolge sind großartig.

„Die Umsetzung des Projekts ist denkbar einfach und preiswert. Nahezu jedes Gewässer hat das Potential, zu einem Bioelektronik-Kraftwerk (BEKW) umfunktioniert zu werden“, ergänzt Diewald. Einziger Wermutstropfen: Nach Inbetriebnahme herrscht absolutes Badeverbot. Ein Schutzzaun um das Gewässer soll Mensch und Tier vor der Hochspannung dieser Fische schützen.     

Am kommenden Montag werden die Fische in den Maubachweiher eingesetzt

Süßwasserfisch mit elektrischen Organen

Zitteraale werden bis zu 2,30 Meter lang, etwa 20 – 25 Kilogramm schwer und können bis zu 40 Jahre alt werden. Inzwischen pflanzen sich diese Tiere auch in mitteleuropäischen Flüssen und Seen fort. Der Zitteraal fühlt sich am wohlsten in sauerstoffarmen Süßgewässern. Der größte Teil seines aalähnlichen, zylindrischen Körpers ist mit elektrischen Organen (Elektroplax) besetzt. Bei ihnen handelt sich um umgebildete Muskeln, die hohe Spannungen freisetzen können. Diese setzt er zum Nahrungserwerb ein – er fängt mithilfe der Stromstöße vor allem andere Fische. Zitteraale gelten als nicht gefährdete Art.

Lebende Batterie

Zitteraale sind in der Lage, Stromstöße mit über 800 Volt zu erzeugen. Der größte Teil ihres Körpers ist mit elektrischen Organen (Elektroplax) besetzt, eigentlich umgebildete Muskeln, die hohe Spannungen freisetzen können. Jedes dieser Organe besteht aus einer großen Zahl stromerzeugender Elemente, von denen jedes einzelne nur eine geringe Spannung erzeugt. Diese sind wie in einer Batterie angeordnet, in der die Platten in Serie bzw. Reihe (Reihenschaltung) geschaltet werden, wodurch Zitteraale mit etwa 5.000 bis 6.000 Elektrozyten gemeinsam aktiv Stromimpulse produzieren können.

Bis zu 860 Volt

Jeder einzelne Elektrozyt baut nach diesem Prinzip eine elektrische Spannung von etwa 150 Millivolt auf.  Abhängig von deren Körpergröße, können die meisten ausgewachsenen Tiere mindestens 600 Volt, manche besonders großen Exemplare eine Spannung von bis zu 860 Volt bei einem Strom von einem Ampere in zwei Millisekunden und somit kurzfristig eine Leistung von 860 Watt erzeugen. Ein Stromstoß dauert jeweils nur Millisekunden; ein Zitteraal kann aber bis zu 150-mal pro Stunde feuern, ohne zu ermüden.

Kraftwerk-Prototyp geht in den Testbetrieb    

Der erste Prototyp eines Bioelektronik-Kraftwerks (BEKW) entsteht am Maubach-Weiher nahe Daun-Boverath. Dort herrscht absolutes Badeverbot. Am kommenden Montag werden die Zitteraale eingesetzt. Insgesamt sollen 700 dieser schwimmenden Minikraftwerke im Maubach-Weiher eingesetzt werden. Während der dreimonatigen Eingewöhnungsphase dieser Elektrofische wird parallel ein Hochspannungserdkabel von der Staumauer des Maubach-Weihers zum nächsten Einspeiseknoten des lokalen Stromnetzes verlegt. Rings um das Gewässer sind im Uferbereich Elektroden installiert worden, die als elektrische Leiter dienen und den produzierten Biostrom der Zitteraale über einen Wechselrichter ins Netz transportieren. (Zitteraale produzieren Gleichstrom). Stromschwankungen sind aufgrund des großen Fischbesatzes nicht zu erwarten. Mit dem so gewonnenen Strom soll in einer Testphase mittels LED-Bogenlampen die Straßenbeleuchtung von Daun-Boverath gespeist werden. Verläuft der Testbetrieb störungsfrei, soll ein weiteres „BEKW“ im Weinfelder Maar das Maardorf Schalkenmehren versorgen.        

Taugen Zitteraale ernsthaft als Ökostrom-Quelle?

Ja! Das erste Bioelektronik-Kraftwerk (BEKW) am Maubach-Weiher wird auf Basis des Erstbesatzes von ca. 700 Zitteraalen eine nie dagewesene Energiebilanz haben, so die Wissenschaftler. Dieser Prototyp eines „BEKW“ wird die Energiewelt revolutionieren, so die Wissenschaftler aus USA und Schweiz. Noch ist es Zukunftsmusik, aber die Vorbereitungen von Tests mit Kleinstbioelektronik-Kraftwerken (KBEKW) laufen bereits. Erdtanks mit Raum für drei bis fünf Zitteraalen können platzsparend hinter dem Haus oder im Keller installiert werden. Erste Tests für mobile Einsätze des Frauenhofer-Instituts in sogenannten Pick-Ups sind ebenfalls vielversprechend. Ladestationen könnten schon bald überflüssig werden.

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