Sandsturm-Macherin Frauendorf: Unruhe im deutschen Beach-Volleyball

Claas Hennig, dpa

Die frühere Unternehmensberaterin Julia Frauendorf ist seit 14 Monaten beim Deutschen Volleyball-Verband Vorständin – und schon die mächtigste Frau des DVV. Viele fragen sich aber: Was will sie?

Im sonst für seine Partystimmung bekannten Beach-Volleyball ist von guter Laune derzeit wenig zu spüren – zumindest in Deutschland. Sportlich läuft es für die deutschen Nationalteams auf der internationalen Pro Beach Tour in diesem Jahr durchwachsen. Rund um die Sandgruben in der Heimat herrschen Unruhe, Unsicherheit und Unverständnis. Und nicht wenige fürchten, dass nach den glorreichen Zeiten mit den Olympiasiegen von Julius Brink/Jonas Reckermann 2012 in London und Laura Ludwig/Kira Walkenhorst 2016 in Rio die Sportart in Deutschland in der Versenkung verschwindet.

Viele sehen einen Zusammenhang mit Julia Frauendorf. Seit sie im Februar 2022 auf einen von zwei Vorstandsposten im Deutschen Volleyball-Verband (DVV) gehievt wurde, ist im deutschen Beach-Volleyball kaum noch etwas, wie es war. Binnen 14 Monaten ist die 32-Jährige nicht nur die mächtigste Frau im Beach-Bereich, sondern – gestützt von DVV-Präsident René Hecht – im gesamten Verband geworden.

«Ich hatte schon immer ambitionierte Ziele», sagt Frauendorf, die bis dahin ausschließlich ehrenamtlich in Sportverbänden gearbeitet hat. Man solle «mit einer guten Portion Respekt und Bewusstsein für die übertragene Verantwortung an die Aufgaben herangehen».

Kritik an ihr lässt die frühere Unternehmensberaterin dem Anschein nach nicht an sich herankommen. «Veränderungen sind zäh, unangenehm, sind aber notwendig, um langfristig gut aufgestellt zu sein», sagt sie. «Es ist verständlich, dass dies nicht alle mitgehen. Wir haben schon sehr viel bewegt. Im Beach-Volleyball melden die Bundestrainer zurück, dass sich die Zusammenarbeit und der Austausch deutlich verbessert haben. Er war so gut wie noch nie zuvor», erzählt sie. «Sie sagen, dass wir jetzt die richtigen Dinge tun, um für langfristige Erfolge die Weichen zu stellen.»

Offensichtlich teilt nicht jeder im Verband diese Ansicht: Zwei Sportdirektoren, ihr Co-Vorstand, mehrere Trainer und eine Spielervertreterin gingen oder mussten gehen. Im Juli 2022 trennte sich der Verband von Beach-Sportdirektor Niclas Hildebrand. Jürgen Wagner – Erfolgscoach der beiden Olympiasieger-Duos – legte daraufhin seinen Posten als Head of Beach nieder.

Der hauptamtliche Finanz-Vorstand Bernd Janssen, der mit Frauendorf begonnen hatte, schied nach nur wenigen Monaten aus. «In Strategie und Umsetzung gab es unlängst verschiedene Auffassung», hatte es in der Mitteilung vom vergangenen September geheißen. Angeblich soll er mit der Vergabe der Rechte an der German Beach Tour gleich für sechs Jahre an die Vermarktungsfirma des Ex-Profis Alexander Walkenhorst nicht einverstanden gewesen sein.

Ende Januar gab Melanie Gernert als Athletensprecherin auf. Die Spielerin war verärgert, dass die Hauptfelder bei der German Beach Tour auf acht Teams verkleinert und die Spielmöglichkeit für Teams beschränkt werden und dass die Sportlerinnen und Sportler nicht genug eingebunden waren. «Schläge kann ich vertragen, aber betrügen lasse ich mich nicht!», schrieb sie bei Instagram und ging auch Frauendorf an.

Sie habe Gernert recht gegeben, «dass wir mehr Feedback-Schleifen einbringen müssen, um alle Beteiligten und insbesondere die Athletinnen und Athleten abzuholen», sagt Frauendorf. Die Entscheidung verteidigte sie grundsätzlich und verwies darauf, dass das neu gebildete Expertengremium, in dem unter anderen auch zwei Bundestrainer vertreten sind, die Umstellung bestätigt hat. In diesem März verließ Hallen-Sportdirektor Christian Dünnes (38) den Verband nach sechs Jahren auf «eigenen Wunsch». Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» war das Verhältnis zu Frauendorf belastet.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bundesinnenministerium hatten dem DVV als einzigem Verband zwei Sportdirektoren-Posten zugebilligt. Anderthalb Jahre vor den Olympischen Spielen sowie vor und mitten in den Qualifikationen stehen die Beach- und die Hallen-Volleyballer nun ohne sportliche Führung da.

«Die Aktiven brauchen einen Ansprechpartner, der sich um alle sportlichen Belange kümmert», machte Clemens Wickler im März in einem Interview mit dem «Hamburger Abendblatt» die Dringlichkeit deutlich. Wickler bildet mit Nils Ehlers das einzige Beach-Männer-Duo mit Perspektive auf Olympia.

«Ziel ist es, im Laufe des Jahres die Führungsebene im Leistungssport vollständig zu besetzen», sagt Frauendorf. Aktuell wird mit den Partnern DOSB und BMI geklärt, wann eine Nachbesetzung möglich ist. Laut Medienberichten muss auch noch der geschasste Hildebrand bezahlt werden. Trotz Unruhe, Kritik und Zweifel an ihr ist Frauendorf von ihrem Kurs überzeugt. «Wir müssen uns als DVV verändern, um wettbewerbsfähig zu sein.» Es gibt genug Leute, die sich fragen, wohin ihr Kurs führen soll.

 

 

 

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