Demographischer Wandel verschärft die ärztliche Versorgungssituation

Mainz. In Rheinland-Pfalz werden bis zum Jahr 2020 etwa 3.400 Ärzte und Psychotherapeuten ihre Praxen aus Altersgründen abgeben. Die Zahl der Absolventen medizinischer Studiengänge reicht schon heute nicht aus, um diese wegfallenden Stellen zu ersetzen, so das Fazit der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) im Rahmen der ersten landesweiten Demographiewoche vom 28. Oktober bis 4. November 2013. Den Zusammenhang zwischen demographischer Entwicklung und Ärztemangel beleuchtete die KV RLP am 30. Oktober 2013 auf einer eigenen Veranstaltung. Unter dem Motto „Ambulante medizinische Versorgung heute und morgen“ nahm Thomas Christ, Leiter der Versorgungsforschung der KV RLP, die aktuelle Entwicklung unter die Lupe und leitete daraus Prognosen für die Zukunft ab.In den kommenden sieben Jahren gibt es allein bei den Hausärzten einen Wiederbesetzungsbedarf von 1.387 Ärzten (50,8 Prozent), bei den Psychotherapeuten sind es 568 Stellen (64,4 Prozent). Insgesamt liegt der prozentuale Bedarf bis zum Jahr 2020 unter allen ärztlichen Fachgruppen bei rund 50 Prozent.

38 Gemeinden haben keine Hausarztpraxis mehr

Bei der räumlichen Verteilung der Praxen habe es in den vergangenen Jahren bedenkliche Veränderungen gegeben, sagte Christ. Schon heute gibt es in den Regionen Westerwald, Mittelmosel, Eifel und Westpfalz Nachbesetzungsprobleme bei Arztsitzen. Seit 2005 konnten in 29 Gemeinden Hausarztsitze nicht weitergeführt werden. In neun Gemeinden, in denen 2005 noch eine hausärztliche Zweigpraxis betrieben wurde, existierte in 2012 kein Praxissitz mehr. In 17 Gemeinden wurden alle zuvor existierenden Hausarztsitze in Zweigpraxen umgewandelt.

Der weiterhin zu erwartende Wegfall von Praxen in ländlichen Regionen wird die Versorgungssituation in den nächsten Jahren verschärfen. „Künftig können die derzeitigen Maßstäbe der Versorgungsdichte und Wohnortnähe in Rheinland-Pfalz nicht mehr gehalten werden“, befürchtete Christ. „Die verschiedenen Fachgruppen und Regionen werden hiervon unterschiedlich stark betroffen sein.“

Eine geringe räumliche Arztdichte weisen die Regionen Eifel, Mosel, Hunsrück und Rhein-Lahn aus. Mit Blick auf ganz Rheinland-Pfalz ist die durchschnittliche Wegstrecke zwischen Wohnort und Arztpraxis dennoch überschaubar: Für 80 Prozent ist die nächstgelegene Hausarztpraxis maximal 2,5 Kilometer von ihrem Wohnsitz entfernt. Mehr als fünf Kilometer müssen 208.000 Rheinland-Pfälzer zurücklegen und nur rund 1.600 weiter als zehn Kilometer.

Viele Ärzte nähern sich dem Ruhestandsalter

Dass die Zeit bei der Nachbesetzung von Arztpraxen drängt, zeigt die zunehmende Alterung der Ärzteschaft. Ein Viertel der praktizierenden Ärzte und Psychotherapeuten sind älter als 59 Jahre, unter den Hausärzten gilt dies für fast ein Drittel. Auf der anderen Seite steigt die Nachfrage nach medizinischer Versorgung. Denn ältere Menschen besuchen öfter einen Arzt und müssen auch zeitlich intensiver medizinisch betreut werden. Christ verwies darauf, dass die Morbidität hinsichtlich der zehn häufigsten Diagnosen in einigen ländlichen Gebieten in Rheinland-Pfalz stark überdurchschnittlich ist.

Für die Zukunft sieht die KV RLP weitere Trends: Der Anteil der Ärzte und Psychotherapeuten in Teilzeit wird zunehmen. Darüber hinaus wird die Bedeutung von Kooperationen wie Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) wachsen. So stieg der Anteil der Ärzte in MVZ zwischen 2005 und 2012 von 0,7 auf 5,9 Prozent. Die Anzahl der Zweigpraxen nahm im gleichen Zeitraum von 74 auf 199 zu.

Der Wunsch nach mehr Teilzeitarbeit wird den Bedarf an Ärzten erhöhen. Zugleich liegen in flexibleren Arbeitszeiten und Kooperationsmodellen Chancen, um medizinische Nachwuchskräfte für eine Praxisniederlassung in der Stadt oder auf dem Land zu gewinnen.

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