Ich habe die Hilfe erhalten, die ich gebraucht habe!“ – Das Kooperationsprojekt „Paten für Ausbildung“ im Kreis Cochem Zell hat sich bewährt

Cochem. Ausbildungspaten – man liest und hört immer wieder davon – was kann man konkret darunter verstehen? Marie Meyes-Cuy, die pädagogische Mitarbeiterin beim Caritasverband, die das Projekt begleitet, steht Rede und Antwort.

Wie charakterisieren Sie das Projekt „Paten für Ausbildung?

Marie Meyes-Cuy: Engagierte Frauen und Männer aus allen Bereichen unserer Gesellschaft helfen jungen Menschen bei der Berufsorientierung und bei ihrer Suche nach einer geeigneten Ausbildungsstelle. Diese Frauen und Männer nennen wir Patinnen und Paten, da sie in gewisser Weise eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren „Schützlingen“ übernehmen. Sie sind ehrenamtlich tätig und engagieren sich mit ihrer Arbeit für eine besondere gesellschaftliche Aufgabe, nämlich jungen Menschen den Weg in das Berufsleben zu ebnen und damit einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit zu leisten.

Wie hat dies alles begonnen und wer beteiligt sich an diesem Projekt?

Marie Meyes-Cuy: Das Projekt „Paten für Ausbildung“ wurde im Frühjahr 2008 initiiert vom Dekanat Karden-Martental (jetzt Dekanat Cochem), der evangelischen Kirchengemeinde Cochem, der Aktion Arbeit im Bistum Trier und dem Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück e. V., Geschäftsstelle Cochem. Im Jahr 2009 erweiterte sich der Kreis der Kooperationspartner um das Dekanat Cochem-Zell (jetzt Dekanat Cochem), die Evangelische Kirchengemeinde Zell und die Kreisverwaltung Cochem-Zell.

In welcher Form erfolgt die Unterstützung durch die Kooperationspartner?

Marie Meyes-Cuy: Alle Kooperationspartner beteiligen sich in unterschiedlicher Weise finanziell, ideell und inhaltlich an dem Projekt. Barbara Brauner von der Kreisverwaltung Cochem-Zell und ich sind als hauptamtliche Mitarbeiterinnen im Projekt tätig und betreuen sowohl die Patinnen und Paten während ihrer Patenschaft als auch die Patenschülerinnen und -schüler. Außerdem unterstützender Förderfonds „Patenschaften“ des Caritasverbandes für die Diözese Trier e.V., der Fonds der evangelischen Kirche im Rheinland zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie die Globus-Stiftung das Projekt finanziell. Ein solches Projekt kann nur gelingen, wenn sich ehrenamtliche Patinnen und Paten finden lassen, Schüler das Angebot annehmen und die Eltern dies mittragen.

Heute haben wir hier auch eine Patin, Margit Sehl, ein „Patenkind“, Meike Breuer, und die Mutter des „Patenkindes“, Gabi Breuer.

Frau Sehl, was hat Sie bewogen, Patin zu werden? Wann haben Sie das erste Mal von dieser Form des ehrenamtlichen Engagements gehört?

Margit Sehl: Ich habe durch meine berufliche Tätigkeit als Fachanleiterin im Projekt  CBA (Caritas- Bildung und Arbeit) mit Frau Meyes-Cuy zusammengearbeitet und viel von ihr über die Ausbildungspatenschaften gehört. Da ich gerne mit jungen Menschen zu tun habe und viele Menschen kenne, will ich dies nutzen, um jungen Menschen zu helfen..

Welche Erwartungen hatten Sie zu Beginn Ihres Engagements im Projekt „Ausbildungspaten“?

Margit Sehl: Ich habe mir gewünscht, dass es mir gelingt, durch meine Hilfe Jugendlichen einen Weg zu zeigen, der Ihnen und ihren Fähigkeiten entspricht.

Wurden die Ehrenamtlichen auf ihre Tätigkeit vorbereitet und wie werden sie fachlich begleitet?

Margit Sehl: Ja, in mehreren Schulungseinheiten erhielten wir Informationen über die Lebenswelt der Jugendlichen, wurden in Kommunikation geschult, erfuhren viel über mögliche Unterstützungsangebote aus dem Kreisgebiet (z. B. von IHK, HWK, Berufsberatung, Caritas usw.) und wurden auf wichtige Dinge im Bewerbungsverfahren hingewiesen. Bei regelmäßigen Austauschtreffen werden Erfahrungen ausgetauscht, Probleme besprochen und gegenseitig bekannte offene Stellen mitgeteilt. Und wenn aktueller Gesprächsbedarf besteht, können wir uns jederzeit an unsere hauptamtlichen Ansprechpartnerinnen wenden.

Soweit also die Sicht der hauptamtlichen Mitarbeiterin und der ehrenamtlichen Ausbildungspatin. Und wie sieht die betreute Schülerin und die Mutter dieses Projekt?

Maike Breuer: Frau Brauner und Frau Meyes-Cuy kamen in unsere Schule und haben das Projekt vorgestellt. Ich fand es gleich gut, denn ich hab noch viele Informationen gebraucht, obwohl ich eigentlich gute Schulnoten habe.

Gabi Breuer: Meine Tochter hat mir von der Ausbildungspatenschaft erzählt und mich gefragt, was ich davon halte. Ich fand es auch gut und habe sie ermutigt, die Hilfe anzunehmen. Und ich habe ihr den Rat gegeben, es dann auch konsequent durchzuziehen.

Und wie sah die Kontaktaufnahme miteinander und die Betreuung aus?

Margit Sehl: Wir hatten einen gemeinsamen Termin vereinbart und haben dann zusammen geschaut, wo die Stärken und die Interessen liegen und dann habe ich bei der Vorbereitung der Vorstellungsgespräche geholfen – bis hin zum Auswählen der Kleidung für das Vorstellen. Jemand Neu­trales kann hier oft sehr hilfreich sein, weil die Meinung von Kindern und Eltern in dieser und in anderen Fragen oft sehr verschieden sein können. Und wir haben zwischendurch immer mal wieder telefoniert und uns ausgetauscht, denn wir Patinnen und Paten haben ja die Bereitschaft erklärt, immer da zu sein, wenn Fragen auftauchen.

Welche Bilanz ziehen das „Patenkind“ und die Mutter zum jetzigen Zeitpunkt?

Maike Breuer: Ich finde die Ausbildungspatenschaft gut, weil ich die Unterstützung bekommen habe, die ich gebraucht habe. Ich habe jetzt demnächst ein Vorstellungsgespräch für den Beruf der Bauzeichnerin. Sollte dies nicht klappen, mache ich die Schule weiter und gehe aufs Wirtschaftsgymnasium. Ich kann also zweigleisig die Sache angehen.

Gabi Breuer: Für mich ist das Ausbildungspatenschaftsprojekt eine große Hilfe, dem Kind und den Eltern gegenüber. Beide stehen nicht allein da, es ist jemand da, der neutral ist. Eine Patin oder ein Pate kann manche Wege vielleicht schmackhafter machen.

Und das Fazit der Patin?

Margit Sehl: Ich freue mich, dass ich jemandem helfen konnte, das geben konnte, was gebraucht wurde. Ich hatte ein „fittes“ Patenkind und – was auch sehr wichtig ist – von der Schule kam auch sehr viel!

Und last, but noch least: Welches Resumée zieht die Projektbegleiterin aus den fünf Jahren „Ausbildungspaten“ insgesamt?

Marie Meyes-Cuy: Ich bin überzeugt von diesem Projekt, denn die 1:1 Betreuung ist eine tolle Unterstützung für ausbildungsstellensuchende Schülerinnen und Schüler. Zudem kann eine Ausbildungspatenschaft eine schöne Ergänzung zu Schule und Elternhaus sein. Dabei legen wir großen Wert auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern, die von Anfang an mit einbezogen werden. Und ebenso wichtig: Wir achten stets darauf, dass Pate/Patin und Patenkind zusammen passen, dass die Chemie stimmt. Und wenn es mal schwierige Situationen gab und gibt – ein Gespräch auf „neutralem Boden“ kann vieles klären.

Mein persönliches Fazit: In den fast 4 Jahren, die Frau Brauner und ich das Projekt begleiten, ist deutlich geworden, dass die Ergebnisse langfristig zu bewerten sind. Einige Jugendliche konnten direkt in Ausbildungsstellen vermittelt werden. Andere erhielten über Langzeitpraktika oder Freiwilligendienste inzwischen eine Ausbildungsstelle oder besuchen weiterführende Schulen. In vielen Fällen bestehen die Patenschaftsbeziehungen trotz der offiziellen Beendigung weiter, denn das Engagement bereitet den Patinnen und Paten viel Freude. Die Patenschaft ist in unseren Augen  dann „geglückt“, wenn eine tragfähige Beziehung aufgebaut werden konnte.

PatenbilderInterview

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen