Wittlich macht „mobil“ in Sachen Parken

Wittlich. Parkprobleme sind in Wittlich, München, Finsterwalde, Berlin, Rothenburg ob der Tauber oder Saarlouis ähnlich: Anlieger, Kunden, Handel und Gewerbe mit Liefer- und Warenverkehr sowie Beschäftigte, pendelnde Schüler und Berufstätige konkurrieren um arbeits- und geschäftsnahen und möglichst kostenlosen Parkraum. Diese Interessen abzuwägen und sie für alle Stellplatz-Interessierten mit möglichst wenig Abstrichen zu optimieren ist eine Aufgabe von Parkraumplanung und Parkraumbewirtschaftung.

Anhand von Beispielen anderer Städte hielt Ivan Kosarev von der GIVT Berlin am Dienstag Abend einen Impulsvortrag vor 44 Interessierten in der Synagoge. Die GIVT gilt bundesweit als ausgewiesener Spezialist zum Thema und bewertet zum Beispiel für den ADAC 2010 und 2011 die Qualität deutscher Parkhäuser. Eingeladen hatte dazu Bürgermeister Joachim Rodenkirch in einem Rundbrief nicht nur die Wittlicher Einzelhandelsunternehmen der Innenstadt, sondern auch die breite Öffentlichkeit. Nach der zweiten Einzelhandels-Versammlung machte Bürgermeister Joachim Rodenkirch am Dienstag in der Synagoge noch einmal klar: In Sachen Parkkonzept und Bewirtschaftung ist nichts beschlossen, des weiteren gibt es auch keine Vorfestlegungen.

Zur Versachlichung der Sorgen trug der Verkehrs- und Parkraumplaner Kosarev bei, der so manches Aha-Erlebnis bereitete. So macht nach seinen Worten die Bewirtschaftung nicht in jedem Fall Sinn. Etwa, wenn die Beeinträchtigungen für eine der Zielgruppen in keinem Verhältnis zum wirklichen Ergebnis stehen.

Ziele und Chancen einer Bewirtschaftung können laut Referent sein: die Wiederentdeckung der Innenstadt als Wohn- und Handelsstadt, weniger Verkehr und Abgase, ein besseres Miteinander von Fußgängern und Radfahrern, von parkenden Anwohnern, der Geschäftswelt mit Steigerung der Attraktivität für Kunden und Gäste sowie für parkende Arbeitnehmer, Pendler und Auszubildende. Ohne Abstriche für eine der interessierten Gruppen gehe dies aber nur „auf der grünen Wiese“.

Ziel von möglichen Untersuchungen und Entscheidungen sei es, dies für alle mit einem Höchstmaß an Verträglichkeit umzusetzen. Vom Begriff „Abzocke“ spricht man laut Kosarev nur in solchen Gemeinden, wo die Öffentlichkeit nicht rechtzeitig in die Park-Konzeption einbezogen wurde, die Ziele nicht bekannt sind oder die Interessen der unterschiedlichen Nutzergruppen nicht optimal abgewogen wurden und für sie kein Mehrwert entstand. Deshalb sind im Vorfeld schon umfangreiche Erhebungen nicht nur über Verkehrsströme und den vorhandenen Parkraum erforderlich.

Steuerungs- und Leitsysteme sind bundesweit sehr unterschiedlich und von den gesetzten Prioritäten abhängig. Das kann bei der Parkscheibe beginnen, führt über priviligiertes Anwohnerparken oder Gebührenfreiheit für Hotelgäste und Kunden bis hin zu gebührenpflichtig bewirtschaftetem öffentlichen Parkraum. Eine der möglichen Wunschwirkungen: Der Kfz-Zielverkehr durch dauerparkende Berufs- und Ausbildungspendler wird gedämpft, weil sie bequem innenstadtfern parken können mit öffentlichem Nahverkehr zu Arbeit, Schule und Ausbildungsstätte im Zentrum gelangen. Dadurch wird es ruhiger für Anwohner und finden Kunden zentrumsnah eher Parkplätze.

Kosarev machte aber auch deutlich, dass Parkraum und dessen Bewirtschaftung nur eine „Dienstleistung“ sei. Nicht zu vernachlässigen ist generell die Innenstadt selbst, die das Ziel haben muss, attraktiv zu sein und zum wiederholten Besuch einzuladen.
Saarlouis hat aufgrund der GIVT-Ergebnisse zum Beispiel im Zentrum einen Platz mit Tiefgarage versehen. Und für die optimale Bewirtschaftung des vorhandenen Parkraums reichte es aus, die Stellplätze montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr sowie famstags von 9 bis 16 Uhr gebührenpflichtig zu machen.

Möglichen Bedarf für Konzepte und die intelligente Parkraum-Bewirtschaftung in Wittlich sieht man auf städtischer Seite nicht nur durch mögliche Einnahmen. Öffentlicher Parkraum wird auch knapper, wenn beispielsweise der Rathaus-Neubau neben der Verbandsgemeinde-Verwaltung auf dem Noch-Parkplatz steht oder interessierte Investoren weitere Projekte in Innenstadt-Nähe umsetzen sollten.
Auch städtebaulich sei zu hinterfragen, ob zum Beispiel Schlossplatz oder Parkplatz Karrstraße nur zum Parken dienen sollen oder etwa wie der Kornmarkt in Trier nicht autofrei aufgewertet werden könnten. Darüber rechtzeitig nachzudenken und dies breit in der Bürgerschaft und den Gremien zu diskutieren, darin waren sich Bürgermeister Rodenkirch und Werkleiter Lothar Schaefer am Ende des gut zweistündigen Abends mit Diskussion einig /hg.

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