Windige Geschäfte oder Solidarpakt?

Mainz/Bettenfeld. (ak) Nicht nur in der Verbandsgemeinde Hillesheim soll es großflächig Energieausbeute durch Windkraft geben, was dort für Protest à la „Sturm im Wald“ sorgt (die Eifelzeitung berichtete). Auch in der Verbandsgemeinde Manderscheid steht die Entscheidung an, Windenergie zu forcieren.
Für die Kommunen im Land soll die Windenergie mehr Wertschöpfung im ländlichen Raum bringen. Die Energiewende werde mittels einer Partnerschaft mit dem Land vorangetrieben, sagte Forst- und Umweltministerin Ulrike Höfken auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz. Zwei Prozent der landesweiten Waldfläche sollen für die Aufstellung von Windkraftanlagen (WKA) genutzt werden; immerhin 42 Prozent der Fläche von Rheinland-Pfalz sind von Wald bedeckt, das Land ist damit das waldreichste in Deutschland.

Fast die Hälfte des rheinland-pfälzischen Waldes ist im Besitz von Gemeinden und Städten, 24 Prozent sind Staatswald (Landesforsten genannt) und 26 Prozent gehören privaten Eigentümern. Eine intensive Nutzung von Windenergie führt also zwangsläufig WKA-Standorten im Wald. Um eine „Zerspargelung“ der gesamten Landschaft zu vermeiden, sollen die rotierenden Giganten der Lüfte in bestimmten Windparks konzentriert werden – Gemeinden, die dann keine Einnahmen aus der Windkraft erzielen können, sollen in so genannten Solidarpakten dennoch profitieren: „Die Gemeinden zahlen einen Teil ihrer Pachteinnahmen in einen gemeinsamen Topf, der wiederum an alle beteiligten Kommunen verteilt wird“, gibt das Umweltministerium die hierfür gangbare Marschrichtung vor.

Bürger müssen eingebunden werden

Aloysius Söhngen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm und Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes, betont ausdrücklich das Engagement der Landesforsten als Partner kommunaler Energieprojekte. Energieerzeugung sei eine zentrale Aufgabe der örtlichen Daseinsvorsorge, zudem stünden die geeigneten Waldflächen überwiegend in kommunalem Eigentum. „Alle kommunalen Ebenen in Rheinland-Pfalz stehen zur Energiewende und werden diese aktiv umsetzen“, konstatiert er gemeinsam mit Höfken. „Dies schließt auch die Möglichkeit ein, dass Gemeinden, Städte und Kreise als Betreiber kommunaler Energieerzeugungsgesellschaften auftreten.“ Söhngen betont einen weiteren Aspekt, der – siehe „Sturm im Wald“ – allerdings noch nicht gelöst ist: „Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Planungsprozesse erfolgt vor Ort. Die erforderliche Akzeptanz lässt sich nur über eine offene Information und Kommunikation erreichen.“

E 126 am Mosenberg?

Eine Bürgerinitiative „Gegen die Windgiganten“ hat sich in der Verbandsgemeinde Manderscheid formiert, die Informationsveranstaltungen zu den WKA gibt, sobald der entsprechende Flächennutzungsplan mit potenziellen Standorten feststeht. Die Ortsvorsteher der als Ansiedlungspunkte möglichen Gemeinden wollen eine Konzentration auf bestimmte Flächen, wobei alle Orte für die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes entschädigt werden sollen. Die Bürgerinitiative hingegen stellt die „großindustriellen Windkraftgiganten in der Vulkaneifel“ generell in Frage. Das Modell E 126, welches der neuen Generation von WKA entspricht, zerstöre mit einer Gesamthöhe von 200 Metern, einem Rotordurchmesser von 126 Metern und einem Gesamtgewicht von 7000 Tonnen die Landschaft um ein Vielfaches mehr als eines der üblichen Windräder, das mit vergleichsweise bescheidenen 35 Metern Höhe bei Bleckhausen bereits jetzt den Blick dominiert.

Vier Windparks rund um Manderscheid

Rund um Manderscheid werden derzeit insgesamt 62 solcher E 126 geplant: Elf Giganten auf dem Höhenzug zwischen Bleckhausen und Manderscheid, 16 westlich des Mosenbergs, weitere 16 zwischen Greimerath und Oberöfflingen, 19 von Dierfeld bis südöstlich von Hasborn. Die Bürgerinitiative „Gegen die Windgiganten“ bemängelt, dass seitens der Kommunalpolitik die gravierenden Risiken und Nachteile der Windparks nicht offen und ehrlich kommuniziert werden: Gefährdung des Tourismus als Leitbranche, Wertverluste bei den Immobilien, Waldvernichtung, Gesundheitsgefährdungen durch Schallbelästigung, Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Probleme und Zerstörung des Lebensraums von Wildtieren.

Es ist die Rede von einer Infoveranstaltung für die Bürger in Bettenfeld, die mit einer verharmlosenden Ankündigung erst wenige Minuten vor der Gemeinderatssitzung stattgefunden und allein dem Windenergie-Branchenriesen Juwi aus Wörrstadt Gelegenheit zur Selbstdarstellung gegeben habe. „Streuen Sie den Bürgern nicht nur Sand – sprich: Geld – ins Auge! Wir appellieren auch eindringlich an Ihre große Verantwortung beim Umgang mit unserer einzigartigen Kulturlandschaft“, wenden sich die Initiativmitglieder an die Kommunalpolitiker. Aber auch an die Bewohner der betroffenen Gemeinden ergeht die Bitte, sich selbst zu informieren, kritische Fragen zu stellen, sich eine eigene Meinung zu bilden und politische Beteiligung einzufordern. „Denn Sie sind es, die mit den schwerwiegenden Folgen einer Industrialisierung der Region durch gigantische Windkraftanlagen leben müssen, nicht die Landespolitiker im fernen Mainz.“

Militär macht Windeuphorie Strich durch die Rechnung

Auch die klösterliche Ruhe von Himmerod war vor den Windenergetikern nicht sicher. Vorangefragt waren 10 WKA zwischen Großlittgen, Eisenschmitt und Karl. Die Wehrbereichsverwaltung West antwortete auf eine Voranfrage der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich vom September vergangenen Jahres „zur Errichtung und Betrieb von WKA in Abtei Himmelrod“ (sic!), dass die geplanten Standorte alle innerhalb des Bauschutzbereiches gemäß Luftverkehrsgesetz des Flugplatzes Spangdahlem liegen. Aus Flugsicherungs- und Flugbetriebsbelangen werde dem Bauvorhaben daher nicht zugestimmt. Ein Blick auf die Kontrollzonen und Einflugschneisen der US-Airbase offenbart, dass die jeweils 16 geplanten WKA zwischen Greimerath/Gipperath und Oberöfflingen sowie westlich des Mosenbergs ganz oder teilweise in der Einflugschneise liegen oder aber in der Kontrollzone, die besonders niedrige Flughöhen etwa von Transportflugzeugen oder Kampfjets erfordert. „Wie gefährlich das ist, kann sich jeder leicht ausmalen“, sagt eine Vertreterin der Bürgerinitiative.

Spiel mit der Not der Gemeinden?

Die Initiative aus der Verbandsgemeinde Bettenfeld ist mittlerweile mit den Kollegen „Sturm im Wald“ aus der Verbandsgemeinde Hillesheim vernetzt. „Wir müssen wohl nicht nur hier bei den Entscheidern vor Ort aufklären, sondern den Ball zugleich Richtung Mainz zurückspielen“, mutmaßt die „Windgiganten“-Vertreterin. „Sonst wird überall ein Geschäft mit der finanziellen Not der Gemeinden gemacht, die auf Pachteinnahmen durch WKA spekulieren.“ Der Verweis darauf, dass man schließlich keine Atomkraft wolle und stattdessen Windkraft brauche, erscheint den Bürgerinitiativmitgliedern unzulässig. „Natürlich ist Kernkraft nicht die von uns gewünschte Alternative. Aber es gibt längst andere innovative Technologien, hingegen in ganz Rheinland-Pfalz kein AKW zum Abschalten. Wir in der Eifel sollen die Nachteile tragen, damit die Ballungsräume weiter wie bisher mit Energie umgehen können.“

Schon jetzt säe das Thema Zwist in den Dörfern, daher will die WKA-Kritikerin nicht namentlich genannt werden. „Umso wichtiger ist es, sachlich zu bleiben.“ Ein sachliches Argument sind aus Bürerinitiativen-Sicht die 27 Millionen Euro, die etwa in Manderscheid mit dem Tourismus umgesetzt werden und die durch Windparks gefährdet seien. „Eine derartige industrielle Nutzung steht völlig im Gegensatz zum GesundLand Vulkaneifel und allen anderen Investitionen in den Tourismus, die seit Jahren gemacht wurden.“

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