Rollstuhl-Schulprojekt mit Peter Müller am 20.09.2019 in der IGS Salmtal

Salmtal. Am 20.09.2019 besuchte Peter Müller die Klasse 5b für vier Schulstunden. Er ist 41 Jahre alt, cool, trägt ein schwarzes T-Shirt mit einem Motorrad, hat Tattoos und sitzt im Rollstuhl. Ganz offen redet er über seinen Unfall und sein Handicap. Handicap – dieses Wort findet er übrigens besser als „behindert“! Zu Beginn klärt er auf, dass seine Behinderung keine Krankheit und auch nicht ansteckend ist.

Doch wie kam es dazu, dass er auf einen Rollstuhl angewiesen ist?

Passiert ist das im Jahr 2003 durch einen Motorradunfall: Als 25-jähriger rutschte er auf einer Ölspur aus und krachte, mit Tempo 80, in eine Leitplanke. In chronologischer Reihenfolge erzählt er von den einzelnen Stationen, die er nach seinem Unfall durchlaufen hat. Was eine Querschnittslähmung ist, erklärt er an einem Beispiel: „Stell dir vor, dein Gehirn ist ein Mehrfachstecker, an dem viele elektrische Geräte mit ihren Kabeln angeschlossen sind, zum Beispiel eine Lampe. Durch den Unfall wurde sozusagen das Kabel durchgetrennt, welches die Lampe mit dem Mehrfachstecker verbindet. Nur, dass die Lampe in seinem Fall die Beine sind. Diese selbst sind zwar noch in Ordnung, aber sie erhalten keine Signale mehr vom Gehirn, weil die Leitung (Nerven) durchtrennt wurde.“ Deshalb kann er seit dem Unfall seine Beine weder fühlen noch bewegen. Er macht auch auf die Folgen einer Querschnittslähmung aufmerksam. „Nicht mehr gehen zu können, ist für mich das kleinere Übel“, sagte er.

Damals hatte er Angst vor der Zukunft, da er nicht wusste, wie sie aussehen würde. Oft war er traurig und niedergeschlagen. Doch von der ersten Minute nach dem Unfall an hatte er einen Traum:
Wieder Motorrad fahren.

Anhand von Übungen aus seiner Zeit im Krankenhaus, wie zum Beispiel „Anziehen im Rollstuhl“, oder „Boden–Rollstuhltransfer“ versuchte Peter Müller den Schülern das Thema Querschnittslähmung verständlich zu machen.

Damit die Schüler ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, als Rollstuhlfahrer in der Fußgängerwelt unterwegs zu sein, wurden verschiedene Rollenspiele durchgeführt. Dabei wies er unter anderem darauf hin, dass es besser ist, zu einem Rollstuhlfahrer Abstand zu halten, weil so die Kommunikation für alle Beteiligten einfacher ist.

Die 5b wollte von ihm wissen, wie man sich gegenüber Menschen mit Handicap verhalten soll.

„Normal, wie bei jedem anderen Menschen auch!“, lautete seine Antwort. Dazu gehört seiner Meinung auch, dass mal Witze gemacht werden. Mit Humor kann man am besten Brücken abbauen.

„Vertrauen und Respekt ist sehr wichtig. Mitleid dagegen eher unangebracht“, erklärte er uns. „Man sollte auch nur helfen, wenn die Person mit Handicap das okay findet.“ Dass Menschen Courage zeigen, findet er auch sehr wichtig. Leute, die einfach so auf dem Behindertenparkplatz stehen, sollte man darauf hinweisen.

Und tatsächlich verwirklichte Peter Müller seinen Traum, weil er niemals aufgegeben hat. Seit 2016 fährt er wieder Motorrad. Dieses Mal mit Beiwagen, in dem er seine Kinder mitnimmt, zum Beispiel zum Eis essen. Wir merkten schnell, wie schön und wertvoll solche einfachen Erlebnisse sind und dass diese auch mit Handicap möglich sind. Wie er das geschafft hat? „Niemals aufgeben. Aufstehen – weitermachen.“

(v. Florian Hoff)

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen