Parken mehr oder weniger?

Wittlich. Nicht alle Bürger interpretieren die Untersuchung des Parkverhaltens in Wittlich wie die Verwaltung. Gewisse Feststellungen, die zur vergangenen Stadtratssitzung als Mitteilungsvorlage verteilt wurden, werden von manchem anders gedeutet.

Lesen Sie bei uns, wie es ein Mitglied der Freien Wähler FWG sieht:

„Es bleibt festzuhalten, dass die Einräumung einer längeren kostenfreien Parkzeit sich negativ auf das Parkverhalten der Fahrzeughalter ausgewirkt hat.“
Warum soll sich am Parkverhalten grundlegend etwas geändert haben?

Sinnfällig spricht die höhere Anzahl an Verwarnungen für eine höhere Anzahl an Parkplatznutzern und damit für die angestrebte Frequenzsteigerung. Die Fahrzeughalter, die bislang wussten, dass nach einer ½ Stunde Gebühren fällig werden, wissen mit Bestimmtheit auch, dass dies nach einer vollen Stunde gilt. Es fehlt jede Angabe, wie viele Kontrollstunden durch die Politessen in den jeweiligen Zeiträumen erfolgten. Das ist ein weiterer Grund, an der Plausibilität Zweifel anzumelden.

„Der zur Verfügung stehende kostenfreie Parkraum wird länger durch die Nutzer geblockt, so dass ein anzustrebender häufiger Kundenwechsel für die nahe gelegenen Geschäfte nicht erfolgen kann.“

Ist das untersucht worden und belegbar? Von wem und wann? Und wie? Wurde untersucht, ob es sich um Kunden im Sinne von „Käufern“ handelt oder um Besucher von Dienstleistern, Arztpraxen u.ä. Einrichtungen? Gibt es Angaben darüber, dass die Kunden nunmehr vielleicht mehrere Geschäfte aufsuchen? Vielleicht sogar weiter entfernte, was vorher in der sogenannten Brötchentastenzeit automatisch zur Gebührenpflicht führte?
Wurde eine Befragung unter den Wittlicher Geschäftsleuten durchgeführt? Wenn ja – wann und bei wie vielen? Erst vor ca. 2 Wochen (Anmerkung der Redaktion: inzwischen ist mehr Zeit vergangen) haben über 30 Geschäftsleute der Wittlicher Innenstadt in einem Schreiben an Bürgermeister Rodenkirch die Verlängerung der gebührenfreien Parkzeit als „Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnet. Den Geschäftsinhabern vor Ort sollte man doch eine realistische Einschätzung der Situation unterstellen dürfen.

Sind dem Verfasser der Mitteilungsvorlage die Ergebnisse der Studie des Bayerischen Staatsministeriums „Wirtschaftsstandort Innenstadt“ bekannt? Hier wurden exemplarisch Klein- und Mittelstädte untersucht.

Die hinsichtlich ihrer Attraktivität Bestplatzierten weisen durchweg großzügigere Parkregelungen auf.  Im Flächenland Bayern dürfte der durchschnittliche Besucher einer Kleinstadt kaum über ein anderes Mobilitäts- und Einkaufsverhalten verfügen, als der Verfasser der Vorlage hier festgestellt haben will. Ist es denn nicht so, dass die zu kurze ½-Stunden-Regelung viele Kunden die Innenstadt erst gar nicht mehr anfahren ließ, und daher mit der Verlängerung der kostenfreien Parkzeit die Innenstadt als Einkaufsort wieder attraktiver werden soll?
Siehe hierzu oben: höhere Verwarnungszahlen durch eine größere Zahl an Parkplatznutzern!

Im Vorfeld der Änderung der gebührenfreien Parkzeiten wurden seitens der Verwaltung erwartete Mindereinnahmen in Höhe von rd. 50.000 Euro genannt. Die tatsächlichen Mindereinnahmen (16.722 €) weisen dazu ein krasses Missverhältnis auf. Aber auch hier fehlt jede Angabe über den Kontrollumfang. Gleichermaßen fehlt die Angabe über die Höhe der um 40% vermehrt eingenommenen Verwarnungsgelder. Diese sollten doch eingerechnet werden.

Fazit: Aus den in der Vorlage genannten Zahlen werden Kausalzusammenhänge konstruiert, deren Gültigkeit mehr als fraglich erscheint und dringend einer Überprüfung bedürfen.

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