Das Wittlicher Schwimmbad wird 75

Wittlich. Zur „Geschichte der öffentlichen Badekultur“ verfasste Wittlichs Hof-Historiker Dr. Klaus Petry bereits vor zehn Jahren einen ausführlichen Bericht. Er ist im Kreisjahrbuch von 2001 veröffentlicht worden. Wesentliche Auszüge des – wie immer – vorbildlich recherchierten Artikels hat Dr. Petry freundlicherweise für die Leser der Eifel-Zeitung zur Verfügung gestellt. Viel Freude bei der Lektüre der Textauszüge über das Freibad der Kreisstadt, das als eines der wenigen Bäder in der Region ein Schwimmerbecken mit olympischen Dimensionen aufweist und auch sonst allerlei zu bieten hat.
  Zur Geschichte der öffentlichen Badekultur an der Lieser

„Das einzige Problem heutzutage bezüglich eines Badezimmers besteht vermutlich nicht in seiner Existenz an sich, sondern in seiner Größe und der Frage seiner luxuriösen Ausstattung: Abhängig von den Wohnverhältnissen stellt sich dann nämlich die Frage, ob eine Wanne in den dafür vorgesehenen Raum passt oder ob man auf eine Duschkabine beschränkt bleibt. Für unsere Großeltern dagegen waren, schon aus rein finanziellen Gründen, beide Fragen nebensächlich.

Noch 1914 konnte festgestellt werden, dass die wenigsten Menschen über eine Hausbadeeinrichtung verfügen, was sicherlich auch für Wittlich zutraf, und so mussten eben der Zuber oder eine Zinkwanne  herhalten bzw. das Bad erfolgte in der Lieser. Dies war zwar passend für Kinder, stellte jedoch für die Erwachsenen auf Dauer eine untragbare Situation dar. Der erste in Wittlich, der hier Abhilfe schuf und  damit derjenige, der die erste öffentliche Badeanstalt einrichtete, war der Gastwirt Matthias Mehs.

Im Jahre 1896 baute er am Bahnhof ein schönes, großes Badezimmer, das eine vollständige Badeeinrichtung mit Brause  aufwies. Er vermietete es gegen Zahlung einer festen Gebühr – wie hoch, ist nicht bekannt –  an Einheimische wie Fremde, die, je nach Länge der hinter ihnen liegenden Bahnfahrt, sicherlich mit Freuden die Möglichkeit einer umfassenden  Reinigung und damit auch der Erfrischung nutzten. Das Baden war lediglich Gästen mit ansteckenden Krankheiten untersagt …..“

1902 sollte Schwimmbad her

in der Zeitung stand 1902 zu lesen:  „Der Hasenmüller, Herr Raskopf, wird auf seiner Mühle ein Bade- und Schwimm-Bassin errichten, und mit allen Annehmlichkeiten der Neuzeit ausstatten…. Danach war die Anlage 11 m x 21 m groß, wovon 16 m bei drei Metern Tiefe den Schwimmern, die restlichen fünf Meter bei einer Tiefe von 80 cm auf einen Meter abfallend den Nichtschwimmern vorbehalten waren. Bei den Badezeiten achtete man, wie ein Beispiel aus dem Jahre 1904 zeigt, streng auf die Trennung nach Geschlechtern….   Während des Ersten Weltkrieges scheint der offizielle Badebetrieb geruht zu haben, da keine  diesbezüglichen Nachrichten überliefert sind. Danach hat dann die Stadt Wittlich die Verantwortung für die Badeanstalt an der Hasenmühle übernommen…. Eine umfangreiche Sanierung des aus Ziegeln erbauten Bades erfolgte Mitte des Jahres 1923, für die eine Million Mark (Inflationszeit) von den Stadtverordneten in der Sitzung am 9. Mai zur Verfügung gestellt wurden; gleichzeitig sollte mit dem Besitzer zwecks Überlassung der Anstalt auf mehrere Jahre verhandelt werden. Die wiederhergestellte Badeanstalt konnte dann im Herbst desselben Jahres mit einer Attraktion  aufwarten, als der Wittlicher Turnverein mit 20 Turnschwimmern ein in Wittlich erstmals zu sehendes,  planmäßiges Schwimmen vorführte….
Wie schon bei der Eröffnung der Badeanstalt im Jahre 1902 wurde auch ein Vierteljahrhundert  später streng am Prinzip der Geschlechtertrennung beim Baden festgehalten, was auch für die Schulkinder galt. Als ärgster Missstand der Badeanstalt galten ihre zu engen Verhältnisse. Um diese wenigstens abzumildern, beschlossen die Stadtverordneten am 16. Juli 1930, die Längswand um fünf Meter zu versetzen, damit die Sonnenbadenden mehr Raum zur Verfügung erhielten. Man hoffte mit dieser Maßnahme auch den Unfug zu steuern, dass sich die Badenden außerhalb der Anlage im Freien bewegen. In derselben Sitzung wurde erstmals die Freibadeanlage am Bürgerwehr erwähnt. 

Hier sollte, was darauf schließen lässt, dass diese Anlage schon längere Zeit bestand, der Ankleideraum vergrößert, die Böschung abgeschrägt und mit Treppenstufen versehen werden. Weiterhin wurde die Stadtverwaltung aufgefordert zu prüfen, ob sich im Rahmen der aufzubringenden Mittel dort eine zeitgemäße Badeanstalt schaffen ließe. Auch hier war, wie auf der Hasenmühle, ein eigener Bademeister tätig. Spätestens in der Badesaison 1933 war die auf der Hasenmühle übliche zeitliche Trennung der Badezeiten nach Geschlechtern auch räumlich festgelegt, da das Freibad am Bürgerwehr nun ausschließlich für männliche Erwachsene und Jugendliche bestimmt war, während der Badeplan für die Hasenmühle nur noch Zeiten für Frauen und Mädchen aufweist. Gut eine Woche  nach Eröffnung der offiziellen Badezeit in beiden Anstalten durfte innerhalb des Bezirks der Stadtgemeinde Wittlich nirgends mehr in der Lieser gebadet werden….. 

Beide Anstalten sollten allerdings schon bald ihre bisherige Bedeutung im Wittlicher Badeleben  verlieren, als am 21. Juli 1935 das neue städtische Schwimmbad eingeweiht wurde. In seiner Eröffnungsrede betonte Stadtbürgermeister Dr. Hürter, dass bei der Beschlussfassung zu seinem Bau im Jahre 1934 zwei Gründe ausschlaggebend gewesen seien, nämlich zum einen die Arbeitsbeschaffung für die arbeitslosen Volksgenossen auf längere Zeit und zum anderen die Hebung des heimischen Gewerbes durch seine besondere Attraktion für den Fremdenverkehr.

Und die Anlage konnte sich wirklich sehen lassen. Sie war nach der Olympianorm mit einer 50-Meter-Bahn ausgestattet, wie sie heute noch besteht, deren Breite (20 m) selbst für Länderkämpfe ausreichte; hinzu kamen drei neue Sprungbretter, Überlaufrillen und vollendete Umkleideräume  mit kühlender Isolation im Deckenraum, so (aus: Wittlicher Tageblatt vom 16. Juli 1935), dass durch die Initiative des Stadtbürgermeisters, selbst ein früherer Sportschwimmer, das modernste Freiwasserbad der damaligen Westmark geschaffen worden war.

Diesem Superlativ entsprachen auch die Einweihungsfeierlichkeiten, denen Tausende von  Besuchern beiwohnten; der 21. Juli war jedenfalls für die Wittlicher ein besonderer Tag. Eine  offensichtlich schwimmbegeisterte Wittlicher Wasserratte Gisela Tuschick, widmete der Einweihung sogar ein besonderes Gedicht, das im Wittlicher Tageblatt abgedruckt wurde… Die Ansprachen der verschiedenen Redner waren ganz im Sinne der nationalsozialistischen  Sportideologie gehalten, nach der in Deutschland jetzt der Bildung des Geistes die Ertüchtigung des Körpers gleichberechtigt an die Seite getreten sei. Nach dem Stadt-oberhaupt sprach Landrat Bender, der Dr. Hürter für dessen Initiative zu diesem Bau lobend hervorhob. Kreisleiter Loosen dankte dem Führer, der dieses Werk ermöglichte, durch ein begeistert aufgenommenes, dreifaches „Sieg Heil“ und  wünschte, „dass das Bad aber auch ausschließlich nur von Deutschen“ besucht werde. 
Bad für Deutsche
Nach dem Absingen des Deutschland- und Horst-Wessel-Liedes sprach dann Bauunternehmer  Josef Stein für die Unternehmer und die Arbeiterschaft. Den zweiten Teil der Feier eröffnete die Begrüßung der beiden Schwimmvereine Trier und Koblenz sowie die Ansprache des Bezirksschwimmsportführers Müller aus Trier, der die Anlage als „die schönste und zweckmäßigste  der ganzen Westmark“ bezeichnete. Die anschließenden Wettkämpfe zwischen den Trierer und Koblenzer Schwimmern sahen die ersteren als unbestrittene Meister…. 

Über all die Freude, endlich ein modernes Schwimmbad zu besitzen, sorgte jedoch eine schon gesellschaftspolitisch zu nennende Neuerung für Aufregung und entsprechend viel Gesprächsstoff in Wittlich, nämlich die Aufhebung der bislang strikt beachteten Trennung der Geschlechter bei der neuen Anlage, die als „Gemeinschaftsbad“ konzipiert war.

Für die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegszeit liegen zwar keine offiziellen Nachrichten vor, aber dennoch darf angenommen werden, dass sich das Wittlicher Stadtbad, insbesondere nach dem Ende des Kriegsterrors, wieder größter Beliebtheit erfreute. Dies zeigen schon die Zahlen der ersten dokumentierten Badesaison von 1950. Trotz eines regenreichen Sommers konnte „wieder ein außerordentlich starker Besuch“ verzeichnet werden. An Stammkundschaft wurden mehr als 500 Saisonkarteninhaber  gezählt, und täglich wurde das Bad von durchschnittlich 700 Personen besucht, darunter auch von vielen Auswärtigen. An heißen Sonntagen waren es sogar bis zu 2 000 Badehungrige, die den Weg zum Wittlicher Stadtbad fanden…..“

In der kommenden Ausgabe der Eifel-Zeitung lesen Sie mehr aus der bewegten Geschichte des Wittlicher Freibades, dem sich bald ein Hallenbad hinzugesellte. Falls einer unserer Leser historische Aufnahmen des Schwimmbads hat würden wir uns sehr freuen, wenn  sie für uns zur Verfügung gestellt werden könnten. Abfotografierte Fotos als jpg- oder tif-Dateien bitte an die Mailadresse p.geisbuesch@eifelzeitung.de senden.
 

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