Bürger fragen nach zur Organspende

Die Aussicht auf ein Spenderorgan stellt für viele schwerkranke Menschen die einzige Hoffnung auf eine Besserung ihrer Lebensqualität oder sogar für ihr Überleben dar. Doch die Frage, ob man selbst zu einer Organspende bereit ist, ist für die meisten Gesunden ein Tabuthema. Zu eng knüpft diese Frage an die Beschäftigung mit dem eigenen Tod. Ändert sich das nun mit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle zur Organspende in Deutschland? Im Wittlicher St. Elisabeth Krankenhaus nahm am 8. November 2012 eine hochkarätig besetzte Expertenrunde dazu Stellung.

„Die Unsicherheit und der Informationsbedarf zu diesem Thema sind in der Bevölkerung groß“ betonte Moderator Stefan Weinert, Redaktionsleiter des Trierer Paulinus Rundfunks, zu Beginn der Podiumsdiskussion und fragte: „Wie verlässlich sind Organspende und -vermittlung heute in Deutschland?“ Frank Reis, Koordinator der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) erläuterte den Besuchern sowohl den zeitlichen Ablauf einer Organspende als auch alle in diesem Prozess beteiligten Stellen und Helfer.

Die Arbeit der DSO umfasst neben der Gesamtkoordination der Organspende auch die Begleitung der Angehörigen des Spenders und die Unterstützung von Klinikärzten und Pflegenden. Die Vermittlung zwischen Organspender und Empfänger jedoch erfolgt zentral und unabhängig durch die in den Niederlanden ansässige und europaweit arbeitende „Eurotransplant“.
Chefärzte der Verbundklinik beantworteten Anfragen zur verlässlichen Feststellung des Hirntods eines Patienten. So muss der Hirntod jeweils von zwei unabhängigen, erfahrenen Ärzten festgestellt werden. Für dieses Verfahren gelten deutschlandweit verbindliche Vorgaben der Bundesärztekammer.

Auch die Integration der Bereitschaft zur Organspende in eine persönliche Patientenverfügung wurde diskutiert. Aber ist der Tod des Gehirns auch der Tod des Menschen? Eine Frage, an der sich Ansichten und Meinungen teilen: Aus intensivmedizinischer Sicht ja, steuern doch unsere drei Hirnteile alle bewussten und unbewussten Vorgänge des Körpers. Aber wo sitzt denn nun die Seele des Menschen, im Hirn, im Herzen oder im gesamten Körper? Das früher herrschende Dogma, dass nach einem Hirntod auch der Körper nach wenigen Tagen verstirbt, wird heute durch Langzeitüberlebende widerlegt, die nach dem festgestellten Hirntod durch Maschinen bedeutend länger am Leben erhalten werden können.
Die Frage nach dem Sitz der Seele entzweit die Meinungen und eine Antwort darauf kann nur jeder für sich selbst finden. Einig waren sich die anwesenden Vertreter der christlichen und islamischen Religionsgemeinschaften darüber, dass die Spende eines Organs, wenn es der Rettung des Leben eines anderen dient, ein Akt der Nächstenliebe sein kann; keinesfalls Pflicht aber durchaus eine Möglichkeit.
Die Ehefrau eines Organspenders berichtete über den letzten Willen ihres verstorbenen Gatten, seine Organe zu spenden. „Bei aller Trauer war es für mich auch tröstlich“ beschrieb sie, „denn seine Organe haben, wie er es wollte, anderen Menschen das Leben gerettet. So ist er wenigstens nicht umsonst gestorben“.
„Über 90% der Angehörigen wissen oft nicht um den Willen der Verstorbenen zur Organspende“ berichtet Stefan Reis.

Er ergänzt: „Wer sich der Frage nach einer möglichen Organspende für den Fall seines Todes stellt und eine bewusste Antwort für sich findet, sollte seine Entscheidung im Familien- und Freundeskreis kommunizieren.“

Am Ende dieser intensiven Diskussion stand fest: Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende kann einem niemand abnehmen; jeder Einzelne trifft sie für sich gemäß seinem Glauben und seinen Überzeugungen. Aber es ist sinnvoll, die Entscheidung darüber nicht vor sich herzuschieben. 
 

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