Altes Haus in neuem Gewand

Zeltingen-Rachtig. Vielerorts
bereiten sich Gastgeber und
Leistungsträger auf die kommende Fremdenverkehrssaison vor.  Zimmer werden renoviert, Fassaden gestrichen, ein Innenausbau erfolgt, um so für die nächste Saison gerüstet zu sein.

So auch in Zeltingen, in der Kurfürstenstraße. Hier hat Markus Reis, Inhaber des Hotel „ Zeltinger Hof“ das seinem Hotel gegenüberliegende Haus Franzen vor 2 Jahren erworben. Bereits im vergangenen Jahr konnten „Johannas Kisch“ nach einem Innenausbau genutzt werden Für viele Gäste war dies eine Bereicherung des Angebotes.

Nun wusste man seit Jahrzehnten, dass es sich hier um ein altes Fachwerkhaus handelte. Laut der auf dem Türsturz befindlichen Jahreszahl 1584 handelt es sich hier um das erkennbar 3.älteste Haus in Zeltingen.

Das älteste Haus  aus dem Jahre 1527 steht auf dem Marktplatz, das 2.älteste ist der Himmeroder Hof in der Engelbertstraße/Ecke Kurfürstenstraße aus dem Jahre 1537. Vielfach wurde gerätselt, wie wohl das Fachwerk unter dem Verputz aussehen mag. Der vorherige Besitzer  wollte das Haus aus Altersgründen nicht mehr freilegen und sich die „Behördengänge“ nicht mehr antun und eine Restaurierung den Erben  bzw. den Nachbesitzern überlassen.

Als man im Jahr 1984 das dritte Straßenfest in der Kurfürstenstraße in Zeltingen feierte, wurde dieses Haus wegen seines 400jährigen Jubiläums als Titelbild – gemalt von der einheimischen Künstlerin Regina Burmester – in besonderer Weise  gewürdigt.  Nachbarin Luise Kappes  widmete dem „Jubilar“ dazu eigens ein Gedicht:

„Ich weiß in uns’res Dorfes Mitte
ein schmuckes Häus’chen steh’n.
Es prangt im Festtagskleide
geschmücket reich und schön.
Dies‘ Haus, es Geburtstag heut‘
ist alt, 400 Jahr‘,
denkt mal zurück ihr lieben Leut‘
das ist ‚ne lange Zeit fürwahr.
Hast viel erlebt in Deinen Mauern,
viel Freude und auch manches Leid,
hast Not und Elend überdauert
in bitter harter Kriegeszeit.
Manch‘ Feuersbrünste Dich umtobten

ach, sie waren Dir hautnah
Doch Du hattest Trutz geboten
der vernichtenden Gefahr.
Gar mancher Erdenbürger
bei Dir sich eingestellt
erblickt‘ in Deinen Mauern
das erste Licht der Welt.
Das war ein ehrlich‘ freuen
wohl in diesem Haus
man trug alsdann die Kunde
in’s ganze Dorf hinaus.
Der Knabe war zum Jüngling,
der Jüngling ward zum Mann
so ging das Leben weiter,
bis dann der Robert kam.
200 Jahr‘ und weit darüber,
heißt’s  „Franzen Haus“ hier weit und breit vorbildlich hat man Dich gepflegt drum nagte nicht der Zahn der Zeit.
Bleibe uns noch lang‘ erhalten
das wünschen alle wir,
bist ja noch im hohen Alter
des Dorfes Mitte Zier.
Dem Herrgott wollen Dank wir geben
jawohl, ich sprech‘ es aus
daß Er uns ließ erleben’
die 400Jahrfeier von Franzen Roberts Haus.“

v. Luise Kappes

Markus Reis  hatte nach dem Kauf erste Kontakte mit der Denkmalbehörde aufgenommen, die ein Gutachten für dieses unter Denkmalschutz stehende Haus veranlasste.

Dieses Gutachten ist höchst interessant ausgefallen. Darin heißt es u.a., dass die Auswertung der Bohrkerne zur dendrochronologischen Datierung des Dachwerks eine einheitliche Fällungszeit des Eichenholzes im Sommer 1585 ergeben. 

Diese Jahreszahl deckt sich mit der Jahresangabe auf dem Türsturz. Allerdings könnten einige Befunde darauf hinweisen, dass zu dieser Zeit nur ein eingreifender Umbau erfolgte und die Kernsubstanz des Gebäudes noch weiter zurückreicht.

Während des  erfolgten Ausbaus von „Johannas Kisch“ traten zahlreiche Fragen auf. Wozu die Ausmaße des  Kamins, wozu die Haken an der Haustüre usw.  Hier konnte  Nachbar Hubert Kappes einige Auskünfte geben, der das Buch „Arbeit und Leben der Winzer an der Mittelmosel“ von  Dr. Hubert Honold  besitzt.  Die Aussagen dieses Buches stimmten im Großen und Ganzen mit der vorgefundenen Bauweise überein. 

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich immer wieder Veränderungen am und im Hause ergeben, sodass die heutige Fassade und Anordnung der Fenster nicht mehr  mit  ihrer damaligen Größe übereinstimmen. Dennoch, von diesem Haus an der früheren Hauptstraße, heutigen Kurfürstenstraße und der Pützgasse (Kunibertstraße) geht eine Faszination aus, der man sich nicht so leicht entziehen kann, die auch Markus Reis voll in ihren Bann gezogen hat.

So sind nach der Renovierung der Küche zum Gastraum im Erdgeschoss im Verlauf des Monats Februar bis heute das Dach neu gerüstet und eingedeckt, der Verputz entfernt und das Fachwerk freigelegt, renoviert, restauriert und gestrichen worden. Maßnahmen, die das Haus in ein neues Licht rücken und der Straße insgesamt ein neues Bild geben.

Eine wesentliche Bereicherung für den historischen Ortskern, aber auch für die Gastronomie in Zeltingen-Rachtig. Bis das Haus insgesamt gastronomisch genutzt werden kann, wird noch einiges an weiterem Ausbau im Inneren des Hauses erfolgen.

Aber eines steht heute schon fest, Markus Reis ist  es gelungen, ein denkmalgeschütztes Haus, ein Kleinod  zu erhalten, zu renovieren,  auszubauen und sinnvoll zu nutzen. Hier zeigt sich, dass unternehmerischer Geist in einer Dorfgemeinschaft vieles bewirken kann.

Da gibt es in Zeltingen-Rachtig noch eine Reihe von alten Häusern, die nach einer entsprechenden Renovierung ein repräsentatives Bild abgeben  und den Ort zusätzlich positiv gestalten könnten. Hier wäre ein entsprechender finanzieller Anreiz seitens der Kommunen, des Kreises und des Landes hilfreich, damit die historischen Ortskerne nicht ausbluten und für die Zukunft erhalten bleiben. 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen