Acht Schritte bis nach Kanada

Was man für ein halbes Jahr Kanada benötigt ist  …Mut, Spaß beim Lernen, Anpassungsfähigkeit, – Selbstständigkeit, Geld und gute Noten. Habe ich das alles? Ich will es herausfinden: Die ersten acht Schritte bis nach Kanada habe ich fast hinter mir. Doch wie wird es mir in einem fremden Land auf der anderen Seite der Welt ergehen? Finden Sie es heraus! Die ersten acht Schritte sind entscheidend!

Schritt 1: Mit den Eltern zu einem Infotreffen gehen.

Eines Tages reichte unser Englischlehrer einen gelben Zettel herum. Das Thema: „Auslandsaufenthalte“. Wer Interesse hat, kann sich dort informieren. Ich war sofort Feuer und Flamme, kam nach der Schule nach Hause und redete auch direkt mit meinen Eltern. Mein Vater hat gesagt, auf einen Versuch kommt es an. Zusammen machten wir uns auf den Weg und als wir dort ankamen, waren schon viele Informationswillige von meiner Schule und auch anderen Schulen da. Zweieinhalb Stunden wurden wir im Alten Rathaus in Wittlich informiert. Ehemalige Austauschschüler waren dort und auch die Eltern dieser Schüler. Man konnte viele Fragen stellen und hatte am Ende das Gefühl, wirklich gut informiert zu sein.

Schritt 2: Die Qual der Wahl, welches Land interessiert mich am meisten?

Für mich stand fest: Ich will einen Auslandsaufenthalt machen, doch wohin? Mein Vater scherzte immer damit, dass ich nach Uruguay gehen sollte. Nachdem ich lange überlegt habe, kam ich aber zu dem Schluss, Kanada oder Neuseeland. Ich liebe die Natur und in Neuseeland hätte ich Berge, Meer, Dschungel und Wüste. Die Schule war mir allerdings auch wichtig und in Kanada hätte ich Englisch und Französisch, wie in keinem anderen Land. Später sollte mir diese Entscheidung aber abgenommen werden…

Schritt 3: Bewerbungsgespräch

Ich machte mit meiner sehr engagierten Betreuerin, die in der Nähe der Loreley wohnt, einen Termin für ein Bewerbungsgespräch aus und an einem späten Samstagmorgen machten wir uns auf den Weg. Sechseinhalb Stunden dauerte dieses Gespräch insgesamt, was nicht zuletzt daran lag, dass ich mich ja noch nicht entschieden hatte und somit über zwei Länder informiert wurde. Mir wurden viele Fragen gestellt und zwischendurch machten wir eine Kaffee-Pause mit selbstgebackenem Kuchen. Als „Hausaufgaben“ bekamen wir ein Vertragsformular und eine  Bewerbungsmappe inkl. Ausfüllanleitung. Sobald ich mich entschieden hatte, sollten wir den Vertrag ausfüllen und die Bewerbungsmappe innerhalb einer Woche zurücksenden. Doch das Wichtigste war bislang ungeklärt: Die Finanzierung!

Schritt 4: Geldbeschaffung

Kanada oder Neuseeland? Beides ist sehr teuer. Ca. 10.000 Euro. Die Hälfte bezahlen meine Eltern und den Rest muss ich selber auftreiben. Ich überlegte hin und her. Überlegte mir, wo ich in meiner Freizeit noch Jobs einbauen könnte. Als ich daran dachte, dass für den Auslandsaufenthalt gute Noten Voraussetzung sind, kam mir die Eifel-Zeitung in den Sinn. Jedes Jahr kurz vor den Sommerferien startet eine super Aktion für Kinder und Jugendliche, bei der gute Zeugnisnoten belohnt werden. Warum also nicht mal da nachfragen? Gedacht, getan. Gespannt wartete ich auf eine Antwort, die auch nicht lange auf sich warten ließ. Eines Tages wurde ich morgens von meinen Eltern mit einer überraschenden Nachricht geweckt: Ein Zeitungsbericht über mein Vorhaben! Im Laufe des Tages erfuhr ich dann, wie viele meiner Verwandten und Freunde die Eifel-Zeitung lesen … Ich wurde überall darauf angesprochen. Mein Artikel, in dem sie schreiben, dass sie mich unterstützen wollen und gleichzeitig Firmen bitten, eine Anzeige in den angegebenen Wochen zu schalten. Die Werbeeinnahmen würden mir zugute kommen! Ich war so überglücklich!! Die Überschrift war übrigens „Good bye Deutschland – Hallo Kanada“! Zwei Entscheidungen waren getroffen: Erstens, dass ich ein halbes Jahr im Ausland verbringen kann und dass es Kanada sein wird. Ich wollte natürlich so viel Geld wie möglich durch Anzeigen bekommen, habe nichts dem Zufall überlassen und an über 50 Firmen in der Umgebung von Wittlich meinen Sponsorenbrief verteilt. Er war verbunden mit der Bitte, doch eine Anzeige in der Eifel-Zeitung zu schalten. Die erste Lehre konnte ich schon aus meinem Versuch ziehen: Es ist schwierig, aber nicht hoffnungslos, Unterstützer zu finden. Fünf Anfragen waren erfolgreich. Um mir weitere Unterstützung zu bieten, ließ sich Herr Doeppes, der Chefredakteur der Eifel-Zeitung, noch etwas einfallen: Er lud mich kurzfristig ein, mit ihm und einem Mitarbeiter zu einer Firmenpräsentation, organisiert vom Wirtschaftskreis „Wittlicher Tal e.V.“ zu gehen, damit ich dort noch Kontakte knüpfen könne. 

Schritt 5: Bewerbungsmappe

Die Betreuerin der Schüleraustausch-Organisation wohnt leider nicht im Erscheinungsgebiet der Eifelzeitung. Ich rief sie an und erzählte ihr sogleich vom alles entscheidenden Eifelzeitungsbericht.  Und jetzt kam Schwung in mein Vorhaben. Je schneller ich alle Unterlagen besorgt und alle Formulare ausgefüllt hatte, desto schneller konnte für mich eine Familie gesucht werden und meine Wunschschule schauen, ob sie noch einen Platz frei hat. Also verschaffte ich mir erst mal einen Überblick über die Mappe…. Wer muss was ausfüllen? Lehrer, Ärzte, meine Eltern und ich! Dann sollte, wenn möglich, hier noch ein Bild von mir und meiner Familie dazugelegt werden und da brauchte ich noch eine Unterschrift. Alles in allem war diese Mappe nachher ca. 50 Seiten dick. Inklusive dem Parentletter und dem Studentletter. Das ist jeweils ein Brief von mir an meine zukünftige Gastfamilie und von meinen Eltern an sie. Mein Vater sagte immer – mit einem Schmunzeln auf den Lippen – , dass es eine Anna-Katharina-Bedienungsanleitung sein müsse.

Und da ich mir ja eine französisch sprechende Familie, aber eine englischsprachige Schule ausgesucht habe, musste alles zweisprachig sein: Englisch und Französisch. Die zweite Lehre: Man kann es sich auch selbst schwer machen!

Schritt 6: Warten auf die Zusage einer Schule und einer Gastfamilie

Ohne Zweifel war das bislang der spannendste Teil. Ich wurde darauf vorbereitet, dass ich meine Gastfamilie unter Umständen erst 14 Tage vor meiner Abreise Ende Januar zugewiesen bekommen kann. Also hieß es warten, aber Mitte November kam der erlösende Anruf von meiner Betreuerin. Die Wunsch-Schule hatte zugesagt und die Familie war gefunden. Die Familie wohnt in der Millionenstadt Montreal und hat genauso viele Hobbys wie ich. Es gibt 3 „Kinder“. Alle schon  über 18 Jahre alt. Und es gibt eine große Überraschung: Noch eine Gastschülerin. Aus Mexiko!  Sie ist zeitgleich mit mir dort. Das wird lustig. Ich freue mich schon so, sie alle kennenzulernen. Ach, übrigens: Meine Wunschschule ist die Royal Vale High School und ich werde die 11. Klasse besuchen. Ich kann dort weiterhin meine Hobbys ausüben: Fußball spielen und Leichtathletik. Ich erhoffe mir dadurch, schnell viele Bekanntschaften zu schließen, die mir „The canadian way of life“ zeigen können. Die dritte Lehre: Geduld zu haben gehört auch zum Erwachsenwerden!

Schritt 7: Das Vorbereitungsseminar

Was wäre so ein Auslandsaufenthalt ohne richtige Vorbereitung? Ich würde von einem Fettnäpfchen ins nächste tappen, denn ich kenne die kanadischen Sitten und Bräuche nicht. Ein 3-Tagesseminar in Fulda half mir gut, mich vorzubereiten.  Ich fuhr an einem Freitagmorgen ganz früh mit dem Zug nach Fulda. Angekommen am Bahnhof in Fulda traf ich Gleichgesinnte, die auch zur Jugendherberge wollten. Ehemalige Austauschschüler empfingen uns dort sehr freundlich. Es wurde viel Nützliches erzählt, Erfahrungen weitergegeben und über die Geschichte des Landes und sonstige Besonderheiten aufgeklärt. Viele Kontakte wurden geknüpft und mein Ziel ist es, auf alle Fälle mit anderen Teilnehmern in Verbindung zu bleiben. Von besonderem Interesse sind für mich die Reisenden nach Kanada. Ich finde es interessant zu sehen, wie es den anderen am anderen Ende von Kanada ergeht. Da ich die Einzige bin, die ein Bilingual-Programm macht, bin ich auch die Einzige, die den östlichen Teil Kanadas kennenlernt. Die anderen gehen alle in den Westen. Die vierte Lehre: Gute Vorbereitung ist alles! 

Schritt 8: Wird das Packen

Damit fange ich erst in ca. einer Woche an. Die Austausch-Organisation gibt Tipps dazu: Man soll sich eine Liste machen, was man mitnehmen möchte, damit man nichts vergisst. Es sollten nicht mehr als 2 Koffer und 1 Rucksack Gepäck sein und nicht mehr als 23 kg plus 3 kg Handgepäck wiegen. Ich hoffe, ich bekomme das hin.

Ich habe noch gar keine Ahnung, was ich eigentlich einpacken soll, da ich im bitterkalten kanadischen Winter ankomme und im Sommer wieder nach Hause fliege. Ein weiterer, lustiger aber ernstgemeinter Tipp ist, dass ich probehalber zuhause mit all meinem Gepäck einmal ums Haus laufe und fünfmal die Treppe hoch und runter. Wenn ich das geschafft habe, ist richtig gepackt. Na, dann will ich das mal versuchen.

Sieben der acht Schritte habe ich schon gemacht. Der achte ist ein kleiner Schritt und dann beginnt es: Mein Abenteuer Kanada. Wenn ich mir jetzt was wünschen könnte, dann eine sympathische Gastfamilie, die mich am Flughafen abholt und mir eine schöne Zeit in Kanada beschert.

Als Gegenleistung für die großzügige Unterstützung der Eifel-Zeitung werde ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, regelmäßig berichten, was ich erlebe. Zusätzliche Informationen erhalten Sie auch auf meiner Homepage www.abenteuer-ahorn.de.

Die fünfte Lehre: Selbst die weiteste Reise beginnt mit dem ersten Schritt!

Viel Spaß beim Mitverfolgen meines Abenteuers in Kanada.

Ihre Anna-Katharina Reuter

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