Zu unserem Eifeltorial in der EAZ 6. KW 2011 erhielten wir nachfolgende Lesermeinung: Reizwort: Gewaltenteilung!

Eine „echte“ Demokratie gibt es in Deutschland meines Erachtens nicht und hat es auch nie gegeben.

Die (politischen) Parteien, denen vom Volke – dem eigentlichen Souverän – für eine bestimmte Zeit die Verantwortung für die Lenkung des Staates übergeben wird, vergessen bereits kurz nach jeder Wahl, dass sie DIENER und nicht HERRSCHER der BürgerInnen sind. Das Gefühl, Macht über andere zu besitzen ist zu verlockend. Das gilt auch m.E. unabhängig von der Politik, bei Verwaltung, Justiz, manchmal selbst im häuslichen Bereich. Dabei empfinden viele ihr Handeln als gerechtfertigt und richtig, und es sind dabei sogar echt nette oder „coole“ Typen!

Wenn Demokratie noch nicht einmal auf der untersten, kommunalen Ebene funktioniert, wie dann in der Regierung?

Da gibt es Gemeinden, wo die gewählten Vertreter im Vorfeld einer wichtigen Entscheidung keine Unterlagen zu den jeweiligen Themen erhalten. Ihre Aufgabe ist, die von der Verbandsgemeinde erarbeiteten Vorgaben abzusegnen. Da es sich dabei oft um komplexe Probleme handelt, will man den Gemeindevertretern wohl nicht zumuten, dieses verstehen zu müssen. Und wir Deutschen lernen spätestens hier, dass „die da oben“ schon Recht haben, und es ratsam ist, den Vorgaben nicht zu widersprechen. Schließlich will man ja irgendwann einmal etwas für sich oder die Gemeinde…

In Niederscheidweiler war es bis vor kurzem üblich, bei unterschiedlicher Meinung sich der Mehrheit zu beugen, und ebenfalls zuzustimmen. Damit sollte nach außen hin der Eindruck erweckt werden, man handele stets einstimmig!
Selbst in Ausschüssen auf Kreistagsebene hält man es gelegentlich für sinnvoller, wenn die Mitglieder „unbelastet“ ihre Entscheidungen treffen können. Im Kreisrechtsausschuss z.B. wird befürchtet, es könne infolge umfangreicher Informationen der „Beisitzer“ zu Voreingenommenheit in der Sache kommen.

Entscheidungen im Kreis-/Landtag werden zumeist in Ausschüssen zur Abstimmung vorbereitet. Diese erfolgt dann in der Regel nach parteitaktischem Kalkül.
Ein Beispiel: Anlässlich einer der Diskussionen um den „Hochmosel-Übergang“ regte ich an, wegen der dort – wie auch anderswo an der Mosel – bestehenden Gefahr eines Hangrutsches und der damit verbundenen Gefahr der in ihrer Nähe lebenden Menschen, vorsorglich einen Katastrophenplan aufzustellen. Wie sich viele noch erinnern, gab es dieses Problem bereits vor Jahren, als gegenüber von Kröv ein Teil des gegenüberliegenden Hanges drohte in die Mosel abzurutschen, mit der Gefahr einer unkalkulierbaren Flutwelle!

Obgleich ich auf diese, auch anderswo jederzeit mögliche Katastrophe, hinwies, wurde mein Antrag von fast allen Abgeordneten abgelehnt. Meine Hoffnung (und die der Menschen, die in solch gefährdeten Gebiet leben müssen) ist, dass sich eine der großen Parteien dieses Themas annimmt, und dass sich dann eine Mehrheit für dieses Projekt aussprechen wird. Sonst, so fürchte ich, „gnade uns Gott“!

Wie werden im Kreistag Entscheidungen über IHR (meines, unseres) Geld getroffen?
Nun, so ca. 2 Wochen bis 2 Tage vor jeder Sitzung erhalten die Kreis-Abgeordneten Unterlagen über die entscheidenden Themen. Zusätzlich gibt es noch sog. „Tischvorlagen“, die für die direkt im Anschluss folgende Abstimmung wichtig sein können.

Versuchen Sie einmal etwas zu lesen und gleichzeitig an einer Debatte teilzunehmen!

Die Mitglieder des Kreistages erhalten bisweilen bis zu mehrere hundert Seiten, oft mit umfangreichen Zahlenmaterial. Alles muss in der Zeitspanne von 2-14 Tagen durchgearbeitet und teilweise (sofern Mann/Frau gewissenhaft ist) nachgeprüft werden. Der „produktorientierte“ Haushaltsentwurf für 2011 umfasst gebunden, ohne Deckblatt, ´mal eben 593 Seiten! Glaubt jemand von Ihnen ernsthaft, diese Zahlen in dem verbleibenden Zeitraum bis zur Abstimmung gewissenhaft durcharbeiten zu können?!

Keine Frage, der Haushalt wurde – rein politisch motiviert – angenommen.

Abgestimmt wird auch über „Themenblocks“, wie z.B. über die Kreiszuschüsse für notwendige Einrichtung, bzw. den Umbau von Kitas in den jeweils einzelnen Gemeinden. Da wird dann leicht übersehen, dass einem Antrag auf Bezuschussung z.B. eine Erhöhung des ursprünglichen Kostenvoranschlages um 40% (in Worten: VIERZIG!) zugrunde liegen kann. Das hat aber, wie auf meine Nachfrage der zuständige Bürgermeister antwortete, seine Richtigkeit. Man habe damals den mit der Planung beauftragten Architekten angewiesen, einige der Positionen zu streichen….
Aber dem Kreis sei ja dadurch kein Schaden entstanden. Dazu meine Frage: cui bono –wem nützt es,  wer zahlt die Zeche?

Es werden Gelder zum Fenster hinausgeworfen. Allerdings, nur noch mit „einer“ Hand! Das nennt man sparen. Beispiele: Kleinkläranlage in der VG-Manderscheid für ein „Dorf“ das eigentlich keines ist, mit einer Handvoll BürgerInnen, die die kostenlose Abgabe des bei der Abfallaufbereitung in der Kreisdeponie Mertesdorf anfallenden Trockenstabilates, obgleich dieses einen Wert von ca. 50€ pro Tonne besitzt, oder der Abriss von leerstehenden Häusern, um zu vermeiden, dort Bedürftige unterbringen zu müssen, denn das würde die Gemeinde ja zusätzlich Geld kosten…
Diese Liste ließe sich leicht fortsetzen.

Reizwort: Gewaltenteilung!

Dass es Gewaltenteilung zunehmend nicht (mehr) gibt, müsste inzwischen jedem klar geworden sein, der seinen Kopf noch zum Denken benutzt. Denken scheint überhaupt für viele zu anstrengend zu sein. Hauptsache, man ist in der „richtigen“ Partei, oder man kennt da so Leute (auch als „Vitamin B“ bekannt). Diese „Leute denken dann für Einen – wie hilfreich! Weiter. Wer glaubt in diesem Land noch an Gerechtigkeit, oder daran, dass ein Richter immer „im Namen des Volkes“ urteilt? Oder das Richter unabhängig sind?

Ich meine: Sind sie nicht ! Sie werden über die Parteien eingesetzt, und vertreten die Gesetze, welche eine herrschende Regierung erlässt. Wer dabei Skrupel hat, läuft Gefahr, das seine Karriere an irgendeinem Provinznest endet. Ein Richter hat immer Recht! Wie Politiker muss auch er nicht befürchten, für Fehler zur Verantwortung gezogen zu werden. – Oh ja, ich weiß, theoretisch wäre es möglich, aber wie lautet noch der Spruch? Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!

So ist das immer, wenn eine Berufsgruppe sich selber überprüfen und Absolution erteilen kann.

Ganz extrem sind die richterlichen Zuwendungen an den Staat, bzw. die Verwaltung. Insbesondere, wenn es sich um die Landes-Verwaltungsgerichte handelt. Dort wird solange umformuliert und Tatsachen verdrängt, bis die bereits im voraus (also ohne die spätere Verhandlung) getroffene Entscheidung das von der Verwaltung Gewünschte beinhaltet.

Fazit:

Solange in diesem Land nicht JEDER für sein Handeln und den daraus entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann, und gegebenenfalls mit seinem eigenen Vermögen haftet, wird sich schwerlich was zum Positiven ändern. Die Schulden des Staates und die Vermögen einer Gruppe von Unersättlichen werden weiter anwachsen.

Was wir brauchen, sind Fachleute, keine Demagogen, Rhetoriker und Populisten. Und wenn z.Zt. in Nordafrika die Menschen aufbegehren, so sollte dieses bei uns auch möglich sein.

Bezogen auf den Landkreis BKS-WILL, bei über 70 Millionen Schulden brauchen wir keinen neuen Landrat, schon gar keinen Landrat der diese Misere als Kreistagsmitglied mitverursacht hat, sondern einen Konkursverwalter!

Wenn mit meinen Anmerkungen Schreiben der Eindruck entstanden sein sollte, ich sei gegen eine funktionierende Verwaltung eingestellt, so möchte ich betonen, dass die überwältigende Mehrheit der dort Beschäftigten freundlich, hilfsbereit und durchaus kompetent ist. Gegen Weisungen kämpfen selbst Götter vergebens! … zumal, wenn  der Fisch vom Kopf stinkt.
 
Holger Knippschild, Niederscheidweiler
Anm.d.Red.: Holger Knippschild ist Mitglied des Kreistags
Bernkastel-Wittlich für die VBB
 

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