Was ist denn mit den Gerolsteiner Ratsmitgliedern los?

Was mir in den letzten Jahren immer wieder auffällt, ist, dass besonders die großen und kostenträchtigen Vorhaben mit viel Elan gestartet werden, innerhalb kurzer Zeit mehrheitlich getragene Beschlüsse vorliegen und sich danach erst herausstellt, dass man sich dabei gewaltig übernommen hat.

Warum wurde z.B. die Leichenhalle Waldfriedhof so groß und teuer (~1,3 Mio) geplant, ohne dass der Rat oder der zuständige Ausschuss dafür einen Auftrag erteilt hatte? Warum nehmen unsere Ratsmitglieder das einfach so hin und nicken das alles einfach so ab.  Wie kann es sein, dass Planungen wie gehabt weiterlaufen, obwohl die Kommunalaufsicht ein Veto eingelegt hat und höchstens ½ Mio € für gerechtfertigt hält? Hatten die falschen Leute den Architekten-Wettbewerb vorgeschlagen, der zum ersten abgelehnt wurde, um ein halbes Jahr später von der Mehrheitsfraktion wieder auf die Tagesordnung zu kommen?

Zum Glück hatte ein Gerolsteiner Architekt aus eigenem Antrieb die Initiative ergriffen und einen soliden Planungsentwurf vorgelegt, der die bis dahin zu erwarteten Kosten auf ein drittel reduzierte. Und erst dann wurde erkannt, dass man eigentlich auch anderen Architekten eine Chance geben sollte, Modelle zu entwickeln und einzureichen. Was geht bei derart chaotischem Vorgehen in den Köpfen unserer Ratsmitglieder vor ?
Kaufen sie denn auf gleiche Art und Weise auch ihr neues Auto? Ich glaube das nicht. Da wird bestimmt –wie wohl in jedem privaten Haushalt– vorher genau überlegt: Brauche ich ein Auto? Wenn ja, wofür? Soll es besonders schön aussehen oder nur einem bestimmten Zweck dienen? Wie viel Geld habe ich eigentlich zur Verfügung, wie kann ich den Kauf finanzieren? Würde es ein Gebrauchter auch tun? Soll der neue Wagen besonders schnell sein, sparsam, schadstoffarm, steuer-/versicherungsgünstig? Haben diese grundsätzlichen Fragen die Größenordnung des Neukaufs hervorgebracht, dann geht’s ans Vergleichen: Welche Automarke hat was zu bieten? Kann ich mir Modelle der näheren Auswahl irgendwo ansehen, Probe fahren? Hat einer meiner Bekannten ein gleiches Modell und kann mir meine Fragen dazu beantworten? Wie sieht es mit Nebenleistungen aus, Finanzierung, Rabatten, Zugaben, Garantiezeiten, Wartungs-Angeboten, etc?

Ja, irgendwann muss man sich dann entscheiden, ob der “Alte“ noch eine Weile herhalten muss, oder ob und welcher neue es denn sein soll. Kaufte man sich an der nächsten Ecke das erstbeste Wägelchen, dann würde das wohl nur mit sehr viel Glück eine gute Lösung sein. Wär’s ein Flop, dann sähe es auf dem Mittagstisch für längere Zeit wohl eher mager aus, ein Bierchen am Abend würde zum Quartals-Event und die Geschenke an Weihnachten – na ja, vielleicht mal wieder etwas selbst gebasteltes. Nun gut, solche Überlegungen sind im privaten Bereich wahrscheinlich überall Gang und Gäbe – warum ab er nicht in unseren Räten und Ausschüssen? Eines aber weiß ich sicher: Bin ich als Privatmann erstmal so ordentlich “auf die Schnauze gefallen“, dann passiert mir so was nicht gleich ein zweites Mal. Als Gerolsteiner Rat sieht das aber nicht ganz so aus!?!
Die Fettnäpfchen sind einfach zu verlockend, um zuerst den gesunden Menschenverstand einzuschalten, zu lesen und zu prüfen, was Fachleute aus der Verwaltung so vorschlagen! Oder warum wiederholen sich die Pannen fortlaufend. Brotecken/Dehrenhaus, ein weiteres Beispiel: Wer glaubt denn wirklich, dass wegen der 400.000 Euro teueren Neugestaltung der Mühlenstraßen-Einmündung scharenweise Busse nach Gerolstein kommen? Und wenn man mit einem Bus dort um die Ecke kommt, wie soll der Bus diese Ecke über die Hauptstraße überhaupt erst mal erreichen? Wie stellten sich unsere Ratsmitglieder einen zweispurigen Verkehr auf der Mühlenstraße vor – mit dem Pkw wird’s da schon viel zu eng? Kurz und gut, das Geld ist weg, genauso das Dehrenhaus, die Ecke ist neu gepflastert und bemauert – und das war’s denn auch! Schon wieder nix gelernt aus der Misere ! Nein, die KiTa Raderstraße wird zur nächsten Verlockung, alles bisher gelernte außen vor zu lassen und sich mit Elan ins nächste Abenteuer zu stürzen. Woher die vielen Kinder kommen, die den super großzügig geplanten neuen Kindergarten bevölkern sollen, musste nicht hinterfragt werden. Es wird einfach mal so behauptet und der Rat glaubt’s! Und als dann die zu erwarteten Kosten schlagartig von 2,1 auf 4,2 Mio anwachsen, wird dieser Wahnsinn erst gestoppt, weil einige wenige Stadträte (Fraktion BUV) das Ganze nicht mehr mittragen wollten und einen Baustop beantragt haben.

Alle Warnungen bis dahin wollten nicht gehört werden, Bedenken hinsichtlich der Vorgehensweise, Planung und Realisierung wurden stets mit der Bemerkung “Blockade-Politik“ beiseite gedrückt und als irrwitzig bezeichnet. Wie es die Eltern sahen, erkennt man daran, dass diese mittlerweile mit Farbe und Pinsel zur Selbsthilfe griffen!

Ja, so arbeiten unsere Räte. Und, wenn immer möglich, am besten nichtöffentlich! Soll ja keiner wissen, wie anstrengend und kompliziert die Ratsarbeit wirklich ist: Man muss bei den Sitzungen gut aufpassen, wann der “Boss“ mit JA oder NEIN stimmt – und – dann schnell den Finger gehoben, dass man in guter Gesellschaft nichts verpasst, Wichtiges mit zu entscheiden. Bravo, gut gemacht! Und jetzt mit gutem Gewissen noch ein Bierchen zusammen und sich gegenseitig auf die Schulter geklopft, dann kann man sich in Ruhe wieder schlafen legen.

Eines weiß ich seit meiner Lehrzeit: Nach fest kommt kaputt! Irgendwann muss man mit dem Festziehen aufhören, sonst war die ganze Werkerei umsonst! Das sollten unsere Bürgervertreter im Rat auch wissen. Wie im privaten Bereich gilt auch für den öffentlichen Bereich: Wer derart über seine Verhältnisse lebt, wird ruckzuck zum Sozialfall! Und manch einer bleibt das auf Lebenszeit! Bin ich mit meinen Ansichten wirklich im Irrtum? Zu streng mit unseren Räten? Dann, Liebe Leserinnen und Lesern, sagen Sie mir doch, was richtig ist. Bitte!

 
Salih Sarp, Gerolstein
salihsarp@t-online.de,
 

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