Das Pilotprojekt „St. Paul“ – Fluch oder Segen für die städtische Entwicklung von Wittlich?

Nach ihrer Medienpräsenz zu urteilen, gewännen die Kritiker des Projektes mittlerweile die Meinungshoheit. Jedoch – was ist von ihrer Kritik zu halten? Ihre Gründe:

– Zerstörung landwirtschaftlich wertvoller Anbauflächen:

Beim Anblick der schon bestehenden Monokulturen hat dieses Argument heute schon nur noch eine bedingte Gültigkeit, und was ist in, sagen wir mal, 50 Jahren? Es glaubt doch wohl keiner ernsthaft daran, dass im Laufe einer steten Erderwärmung bei gleichzeitiger Rohstoffverknappung im Wittlicher Tal noch Platz für eine großflächige, qualitätsvolle und spezifizierte Landwirtschaft sein wird. Dann beherrschen hier schnell nachwachsende, energieliefernde Pflanzen das Blickfeld!

– Ein neuer „Stadtteil“ wird auf der grünen Wiese hochgezogen, was nichts anderes als eine grobe Verletzung des Prinzips „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ durch Zersiedelung der Landschaft bedeutet.

– Also, Freiburg i. Br. wurde beispielsweise im  Jahre 1120 auf der grünen Wiese gegründet, und wem dies zeitlich zu weit entfernt liegt, sei ein Blick auf die Bebauung des Rollkopfs, des Sehlemets, der Weins´schen Wiese (Sternbergstraße) etc. empfohlen – alles neue Stadtteilgründungen auf der grünen Wiese. Das auch räumliche Überwinden mittelalterlicher Bebauungsgrenzen ist das sichere Zeichen einer modernen Stadtentwicklung!

Vor dem Hintergrund des demoskopischen Wandels – schrumpfende Bevölkerungszahlen bei einem stetigen Älterwerden – sollten wir nicht nur, ja wir müssen um Jeden kämpfen, der sich in Wittlichs Kernstadt oder ihrer unmittelbaren Umgebung ansiedeln und bleiben möchte! Und da kann sich St. Paul zu einem Magnet entwickeln, der sich nicht nur ökonomisch positiv auf die Kernstadt und ganz besonders auf Wengerohr mit seinem Bahnhof auswirkt. Denn wer könnte die Klientel des geplanten Mehrgenerationendorfes sein? Sicher nicht die Wittlicher, die zu Hause alt werden möchten. Sie werden wohl kaum die altgewohnte Umgebung ihrer Heimatstadt mit einer neuen vertauschen wollen.

Hier dürfte dann keine Konkurrenz zu entsprechenden Plänen des Kreises entstehen. Ideal wären junge Familien von außerhalb, deren Kinder in einer abwechslungsreichen, gesunden Umwelt aufwachsen könnten sowie ihre älteren Angehörigen, denen die medizinische Betreuung vor Ort und ein umfassendes Kulturangebot der nahegelegenen Kreisstadt wichtig wären. Aufmerksamkeit für diese einzigartige Kombination hervorzurufen müsste das Ergebnis einer deutschlandweiten Werbung sein!

Der ökonomische Mehrwert für Wittlichs Kernstadt, besonders für Wengerohr als Bahnmittelpunkt, dürfte, selbst bei vorsichtiger Schätzung, enorm sein – selbstverständlich auf der Grundlage eines noch auszubauenden, dichten Nahverkehrsnetzes. Da das Projekt privat finanziert wird, ist also zu erwarten, dass diese Gewinn steigernden Maßnahmen auch in die Planungen der Macher einbezogen werden.

Fazit: Statt seine Argumentation von ideologischer Blindheit führen zu lassen, sollte der Blick in die Zukunft gehen; dann wird man feststellen müssen, dass mit St. Paul durch private Gelder ein ökonomisches und bevölkerungsorientiertes Zentrum mit Modellcharakter geschaffen wird, um das uns nicht nur andere Kommunen beneiden werden, sondern zugleich auch neue Wege aufzeigt, die mit der Fortführung der bisherigen sackgassenartigen Entwicklungsrichtung nichts mehr zu tun haben.
Begrüßen und freuen wir uns also über den Wagemut der privaten Investoren. Wünschen wir ihnen ein erfolgreiches Gelingen ihres Projektes und hören wir endlich auf, ihnen Knüppel in den Weg zu legen!

Dr. Klaus Petry, Wittlich
Für die FWG im Wittlicher Stadtrat          
 

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