Simon Salomon

Ein jüdischer Intellektueller aus der Eifel gehörte einst zu den erstaunlichsten Autoren Berlins: der 1873 in Speicher geborene Simon Salomon, der unter dem Pseudonym „Siegbert Salter“ eine höchst vielseitige Aktivität entfaltete. Seine Biographie ist erst ansatzweise erforscht, aber das bereits Bekannte lässt auf einen außergewöhnlichen Geist schließen.

Simon Salomons Wurzeln lagen im Eifel-Mosel-Raum. Sein aus Treis gebürtiger Vater Levy führte in Speicher ein Textilwarengeschäft, die Mutter Sara stammte aus der Wittlicher Dublon-Familie. Über seine Großmutter Theresia Isay aus Schweich war er verwandt mit jüdischen Wissenschaftlern von internationalem Rang, die alle dieser Schweicher Isay-Familie entstammten, darunter die Trierer Juristen Rudolf und Hermann Isay oder die Biologen Jacques und Leo Loeb aus Mayen. Der Bildungsweg des jüdischen Dorfjungen begann auf der Speicherer Volksschule. Auffallend ist, dass er danach in Trier auf ein Realgymnasium wechselte, also nicht auf das berühmtere Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, die Bildungsanstalt so vieler eifelstämmiger Theologen; vermutlich wollten Simons Eltern ihn auf einen kaufmännischen Beruf vorbereiten. Es folgten Studienjahre in Bonn, Heidelberg und Berlin, in denen Salomon Sprachen und Philosophie studierte. Vieles aus jenen frühen Jahren liegt allerdings noch im biographischen Nebel. Anscheinend hielt sich Salomon mehrere Jahre im Ausland auf und lebte in London, Mailand und Paris. In der Seine-Metropole trat der junge Speicherer erstmals als Dichter in die Öffentlichkeit. Im Selbstverlag veröffentlichte er 25-jährig in Paris seinen schmalen Gedichtband „Aus trüben Tagen“. Bereits ein Jahr später erschien in Trier „Im Lande der Quellen. Sage und Dichtung“. Darin zeigt sich, wie tief Simon Salomon trotz langjähriger Abwesenheit seinem „süßen Heimatland“ verbunden blieb: „In vielstrophigen Gedichten gestaltet Simon breit, anschaulich und lebendig Sagengut der Eifel.“ (J. Zierden). In dem 2003 in Speicher herausgegebenen verdienstvollen Buch „Simon Salomon alias Siegbert Salter“ finden sich neben Informationen zu Salters Biographie auch die Texte aus diesem schönen Eifelbuch.

Um die Jahrhundertwende begann Simon Salomon, sich eine Existenz in Berlin aufzubauen. Er gründete ein privates Lehrinstitut und arbeitete als Sprach- und Handelslehrer. Daneben riss nun die Kette von Veröffentlichungen nicht mehr ab. Eine vollständige Erfassung seiner Publikationen steht noch aus, aber alles deutet auf ein sehr umfangreiches Werk hin. In der angesehenen Kulturzeitschrift „Ost und West“ erschienen Erzählungen, die als „herausragende Fiktion“ (David A. Brenner) gewürdigt wurden. Siegbert Salter, wie er sich jetzt nannte, schrieb zudem Gedichte, Aphorismen und andere litarische Texte. 1908 publizierte er ein umfangreiches Buch über eine Methode „zur schnellen und leichten Erlernung der französischen Umgangssprache“. Immer wieder verblüfft die thematische Vielfalt seines Schreibens. Aufsätze von Salter findet man in der „Deutschen Bergbeamten-Zeitung“, in den „Jahrbüchern für Ökonomie und Statistik“, in der „Zeitschrift für angewandte Chemie“ und an anderen unerwarteten Orten. Er verfasste Sachbücher über bedeutende Persönlichkeiten und legte den historischen Roman „Nicol Wendekamp“ (1907) vor. Beruflich wagte er sich mit dem „Zeitschriftenverlag Siegbert Salter“ auf ein weiteres Gebiet vor. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Siegbert Salter zu einem der bekanntesten Namen der deutschen Presselandschaft. Der Eifler war Herausgeber, Chefredakteur oder Schriftleiter zahlreicher Zeitschriften aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen. „Deutsche zur See“, „Die Koralle. Zeitschrift der vornehmen Welt“, „Volkskraft“, „Der Film von heute“, „Europa auf Reisen“ – das ist nur ein Teil der Zeitschriften, für die Salter journalistisch verantwortlich war. Die NS-Zeit wurde auch für den Juden Simon Salomon zur Katastrophe. Seine journalistische Arbeit kam zum Erliegen. Der Mann, der im 1. Weltkrieg für Deutschland ehrenvoll als Soldat gekämpft hatte, wurde im 2. Weltkrieg ins KZ Theresienstadt deportiert, wo er im März 1943 umkam. Seine Ehefrau Sophie Richheimer überlebte ebenfalls das KZ nicht; was aus ihren beiden Söhnen geworden ist, ist nicht bekannt. In seinem Geburtsort halten seit einigen Jahren die „Simon-Salomon-Realschule“ und geschichtsbewusste Bürger die Erinnerung an Simon Salomon wach.

Verfasser: Gregor Brand

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