Simon Maria Hassemer aus Wallscheid – Experte für Digitalisierung und Gamification

Die bekannte Welt endete am Kiefernhof, am Heiligenhäuschen des Antonius Richtung Laufeld, an der Schutzhütte unten am Sammetbach. 20 Jahre lang, genau die Hälfte seines Lebens verbrachte Simon Maria Hassemer, geboren 1983, in Wallscheid. Sein Vater war Lehrer am Thomas-Morus-Gymnasium in Daun, seine die Mutter Schulleiterin der Grundschule in Laufeld. Er hat drei ältere Geschwister, die früh mit der Digitalisierung des Haushaltes begannen und ihn in gewisser Weise ansteckten. Die aus kindlicher Sicht bekannte Welt des Dorfes wurde schnell erweitert: Mit Geschichten aus Tausenden von Büchern, die sich in seinem Elternhaus, einem über hundertfünzig Jahre alten Trierer Einhaus im Unterdorf Wallscheids, befanden. Bereits 1989 gab es den ersten Personal Computer im Hause Hassemer und seit 1996 auch Internetanschluss. „Wir hatten erst seit ein paar Jahren eine Kanalisation, davor noch eine Sickergrube im Hof, und dann schaffte einer meiner Brüder plötzlich die erste Interneteverbindung an“, berichtet Simon. Die Welten der Videospiele lernte er durch seine Geschwister in jungem Alter kennen und war fasziniert. Ob Fantasy-Rollenspiele oder Weltraumschlachten im Krieg der Sterne – „es war immer diese Kombination aus digitaler Welt und dem, was da draußen vor meinem Dachfenster im Dunkeln lag. Der Wald hinterm Haus, die gut sichtbaren Sterne in einem Dorf, in dem um Mitternacht noch die Straßenlaternen ausgingen, das alles hat dazu geführt, dass diese erzählten Welten in meinem Kopf auch dann weitergingen, wenn der Bildschirm aus war“, erinnert er sich heute.

Historisches und Digitales, Bildung und Spiele, die weite Welt der Fantasie und das Dorf; diese Dinge sind es, die Simon Maria Hassemer geprägt und letztlich seinen bisherigen Lebensweg bestimmt haben. Er studierte Geschichte und Deutsch in Freiburg im Breisgau und im polnischen Krakau. 2014 wurde er zurück an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.) promoviert. Das Kuriose: In seiner Dissertation behandelte er das Mittelalter – und zwar im 21. Jahrhundert. In seinem Buch „Das Mittelalter der Populärkultur“, das kostenlos auf den Seiten der Universitätsbibliothek Freiburg runtergeladen werden kann, geht es nämlich darum, wie das Mittelalter in Romanen, Kinofilmen und nicht zuletzt in Videospielen dargestellt wird. „In meiner Arbeit geht es aber keineswegs um ein „Richtig und Falsch“, sondern darum, was die erzählten mittelalterlichen Welten über unsere westliche Gesellschaft heute aussagen. Wir lieben mythische Heldengeschichten von aufgeklärter, demokratischer, gleichberechtigter Gerechtigkeit. Und diese Medienprodukte massieren diese Narrative in unsere Köpfe ein, was wiederum zu einem Teil unserer Identität wird“, erläutert er seine Dissertation.

Seine eigene Identität sieht er stark mit seiner Herkunft aus der Vulkaneifel verbunden. Inzwischen in Baden-Württemberg als Experte für Digitalisierung und Gamification am Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Stuttgart tätig, hat er mit seinen Erfahrungen in digitalisierter Bildung, Virtual und Augmented Reality, Game Design und vor allem als Mittelalterhistoriker das Projekt „Zeitreise Niederburg Manderscheid“ maßgeblich mitgestaltet – zusammen mit seinem ältesten Freund aus dem Wallscheider Kindergarten, Dominik Meeth alias Donni Schönemund aus Pantenburg. „Das war eine Gelegenheit, wie man sie nur einmal im Leben erhält: Ein Mittelalterhistoriker und ein Filmemacher, die zusammen den Ort ihrer gemeinsamen Fantasy-Liverollenspiele kreativ zu neuem Leben erwecken können.“ So war bereits im ersten Gespräch über das Projekt zwischen den in der Eifel besser als „Bimmi“ und „Dome“ bekannten Freunden klar, dass sie auch ein Abenteuer-Spiel auf der Niederburg gestalten wollten. Schon als Kinder hatten sie eigene Spiele mit Pappe und Kleber für die Schule erfunden. „Nun hatten wir die Gelegenheit, diese Tätigkeit als Erwachsene noch einmal aufzugreifen. Und konnten dabei ein Stück aus der mittelalterlichen Geschichte unserer gemeinsamen Heimat erzählen“, freut sich Simon Maria Hassemer über diese einmalige Chance.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen