Peter Engel

Wie viele Auswanderer aus der Eifel, so zog es auch den Bausendorfer Philipp Engel Mitte des 19. Jahrhunderts in die karg besiedelten nördlichen Staaten der USA. Zunächst ließ er sich mit seiner aus Kinheim stammenden Frau in Wisconsin nieder. Hier wurde dem Paar als Erstgeborener 1856 der Sohn Peter geboren. Einige Jahre später erwarb die junge Familie eine Farm in Minnesota. In diesem seenreichen Pioniergebiet, in dem es noch heftige Kämpfe mit Sioux-Indianern gab, mussten sie sich unter widrigen Bedingungen behaupten. Von dem Auswanderer Philipp Engel ist kaum etwas bekannt, aber er dürfte ein ähnlich tüchtiger Mann gewesen sein wie sein Ende des 19. Jahrhunderts in Bausendorf lebender Verwandter, der Schmied Philipp Engel („Aewertz Schmied“). Kaspar Hebler, der Bausendorfer Heimatautor, erinnerte sich an diesen Eifler Vetter des Abtes als an einen der fleißigsten Bürger. An jedem Werktag sei er mit Holzschuhen, ledernem Schurzfell, aufgestülpten Hemdärmeln und rußigem Gesicht zu sehen gewesen. Neben seinem Schmiedehandwerk betrieb dieser ehemalige Husar auch Ackerbau und baute den üppigsten Tabak und das schönste Getreide an.

Auf der anderen Seite des Atlantiks war unterdessen der junge Peter Engel 1874 nach einem ausgezeichneten Schulabschluss am St. John’s College als Novize in den Benediktinerorden eingetreten. Er studierte an der St. John’s University Theologie, in Pennsylvania zusätzlich Physik und Chemie. Mit 22 Jahren wurde der Eifelspross zum Priester geweiht, ein Jahr später schon zum Subprior der St. John’s Abtei gewählt und zum Professor an seiner alten College-Schule ernannt. 1894 erfolgte die Wahl zum Abt seines Klosters. Er stand nun an der Spitze eines großen Klosters, zu dem Anfang des 20. Jahrhunderts neben über 100 Priestern noch mehr als 50 Kleriker und Laienbrüder gehörten. Abt Engels tatkräftiges Wirken während seiner über ein Vierteljahrhundert währenden Amtszeit trug maßgeblich dazu bei, dem Kloster eine dauerhafte Grundlage zu sichern; ähnlich wie zu Abt Engels Zeiten leben auch heute noch rund 150 Mönche in dem Kloster. Von vornherein war es das Bestreben des Amts, die Abtei sowohl ökonomisch als auch spirituell zu stärken. Früh öffnete er sich den Errungenschaften der modernen Technik wie Fernsprechanlagen und Funktelegraphie und ließ zahlreiche Neubauten errichten, darunter ein Hospital, Werkstätten und eine Sternwarte. Bedeutsam war das Wirken von Abt Engel auch für die St. John’s University, da mit dem Amt des Abts automatisch dasjenige des Präsidenten der Universität verbunden war. Heute wird die St. John’s University bei Rankings zu den drei führenden katholischen Universitäten der USA gezählt.

Neben der Missionstätigkeit in den amerikanischen Pioniergebieten galt eine besondere Liebe dieses Eifelkindes den Büchern. Für die Klosterbibliothek brachte er von seinen Europareisen bibliophile Kostbarkeiten mit. Diese Europareisen führten ihn alle vier Jahre nach Rom und zum benediktinischen Mutterkloster Monte Cassino und dann auf dem Rückweg stets nach Bausendorf. Nach Rom musste er schon von Amts wegen: Von 1902 bis 1914 leitete Engel die amerikanisch-cassinensische Benediktinerkongregation, die Vereinigung von 20 Benediktinerklöstern. In die Südeifel zum Besuch seiner Verwandten zog es ihn aus Liebe zur Heimat seiner Vorfahren. Die Bausendorfer konnten dabei erstaunt feststellen, dass der ehrwürdige Abt nicht nur fließend hochdeutsch sprach, sondern man sich mit ihm auch prächtig auf moselfränkisch unterhalten konnte. Neben der Sprachbegabung des Abts war dies ein Hinweis darauf, dass er in Minnesota engen Kontakt zu den vielen Eifler Auswandererfamilien hielt. Mit Minneapolis und St. Paul lagen zwei Zentren der Eifler Emigration nur rund 70 Meilen von seinem Kloster entfernt. 1902 schickte Abt Engel sogar seinen Mitbruder Doerfler nach Kanada, um dort nach weiteren Siedlungsmöglichkeiten für deutsche Katholiken Ausschau zu halten. Wie eng trotz Emigration der Familienzusammenhalt blieb, zeigte sich auch daran, dass Barbara Lewen, die junge Tochter einer Kusine von Abt Engel, mit ihm in die USA reiste, um dort den alten Eltern des frommen Mannes den Haushalt zu führen. Später trat sie selbst in den Benediktinerorden ein. Ihr Bruder, der hochangesehene Abt, verstarb am ersten Adventssonntag 1921, fast auf den Tag genau 27 Jahre nach seiner Wahl zum Abt.
 
Verfasser: Gregor Brand
 

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