Michael Müller, C.S.S.R.

„Amerikanische Mitbürger – Amerika ist meine Heimat! Ich habe kein anderes Land. Nach Gott und meiner Religion ist mir mein Land das Liebste im Leben!“ Mit diesem überschwänglichen Bekenntnis zu den USA beginnt das 1872 erschienene viel beachtete Buch „Public School Education“ eines Mannes, der 1851 als 25-Jähriger erstmals amerikanischen Boden betrat und dort in den Jahrzehnten vor 1900 einer der bekanntesten katholischen Autoren wurde: Pater Michael Müller, dessen Namenszusatz C.S.S.R. anzeigt, dass er zum Orden der Redemptoristen gehörte.

In der englischen Sprache seiner neuen Heimat verfasste er über 30 Bücher zu zentralen Fragen katholischen Lebens. Ein Hauptthema in seinem Werk war, wie das oben erwähnte Buch über das öffentliche Schulsystem andeutet, die Bildung. Wer heutzutage Bildung zu einer Frage von elementarer Wichtigkeit für die Gesellschaft erklärt, könnte sich dabei gut auf Pater Müller berufen. „Die Frage der Erziehung ist die wichtigste von allen“, war der Eifler Pater überzeugt. Von der richtigen familiären und schulischen Erziehung hing für ihn Wohl und Wehe des Einzelnen und der Gesellschaft ab. Von nichtkatholischen Schulen für katholische Kinder hielt er dabei nichts.

Müllers Überzeugung vom Stellenwert der Erziehung dürfte mit seinen eigenen Bildungserfahrungen zusammenhängen. 1825 in Brück als ältester Sohn von neun Kindern der Eheleute Katharina Leif und Anton Müller geboren, verbrachte er seine ersten Lebensjahre im wohligen Schoß der Familie. Sein aus Gelenberg stammender Vater war zwar gelernter Wagner, aber in Brück mit dem Amt eines Feld- und Waldhüters betraut, was für seinen Sohn zu einprägsamen Jagderlebnissen führte.

Dieses Dorfjungenleben verwandelte sich in eine Erziehungshölle, als der sensible Michael mit fünf Jahren in die Pfarrschule kam, wo er vier Jahre lang vom Lehrer brutal schikaniert wurde. „Der kleinste Fehler, den ich beim Lesen machte, wurde mit einer tüchtigen Ohrfeige belohnt“, notierte er Jahrzehnte später in seinen Erinnerungen, die von seinem Verwandten Nikolaus Rätz (Loogh) vor einigen Jahren auszugsweise veröffentlicht wurden.

Dass es Schule ohne dauernde Angst und Zittern geben kann, erlebte Michael Müller erst, als er einen neuen Lehrer erhielt, der das Gegenteil seines Vorgängers war. Einige Jahre später kam der stille und viel betende Junge auf das Gymnasium in Trier, wo die schulischen Probleme erneut sehr groß wurden. Mehrere Klassen musste er trotz fleißigen Lernens wiederholen. Ob dies wirklich – wie manchmal zu lesen ist – an mangelnder Begabung lag, kann angesichts seiner späteren Schriften durchaus bezweifelt werden.

Müller selbst war davon überzeugt, dass man auf Dauer mit Willen und Fleiß geistige Mängel mehr als wettmachen kann. Nach dem Gymnasium trat er in den Redemptoristen-Orden ein, seine Priesterweihe erhielt der Eifler 1853 in den USA. Hier musste er sich erneut mit pädagogischen Problemen beschäftigen, aber diesmal von der anderen Seite her. Acht Jahre lang oblag ihm als Novizenmeister die Aufsicht über die jungen Ordensanwärter. Während dieser Jahre kam es öfters zu Spannungen, was anscheinend daran lag, dass die bereits in den USA Aufgewachsenen mit der Grundsatzstrenge des Eiflers, dessen Temperament als „extrem deutsch“ empfunden wurde, nur schwer zurechtkamen.

Kompromissloses Festhalten an den von ihm als einzig richtig betrachteten katholischen Auffassungen kennzeichnet auch das theologische Werk des erzkonservativen Müller. Unerbittlich betonte der US-Eifler immer wieder den vom frühchristlichen Kirchenvater Cyprian formulierten Grundsatz, dass es außerhalb der katholischen Kirche kein Seelenheil geben könne (Extra ecclesiam nulla salus).

Wer die katholische Kirche nicht zur Mutter hat, der kann Gott nicht zum Vater haben: Die polemische Schärfe, mit der Müller diese – auch von Papst Benedikt XVI. verteidigte – Lehre verkündete, empörte nicht nur Protestanten, sondern rief selbst unter Katholiken heftige Proteste hervor. Jahrelang zog sich die „Müller-Kontroverse“ hin, bis schließlich 1897 der Generalobere der Redemptoristen, der Luxemburger Matthias Raus, seinem moselfränkischen Mitbruder Veröffentlichungsverbot erteilte. Zu diesem Zeitpunkt war Müllers glaubensstrenges Lebenswerk ohnehin fast vollendet. Geschwächt durch Schlaganfälle, entschlief Michael Müller wenige Monate vor Beginn des neuen Jahrhunderts „selig im Herrn“.

Verfasser: Gregor Brand

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