Marlene Nikolay-Panter – aus Hünerbach, Historikerin

Geboren und aufgewachsen ist Marlene Nikolay-Panter als Bauernkind in Hünerbach, einem knapp 100-Seelendorf in der Vulkaneifel. Nach der Grundschule im Nachbardorf Kelberg besuchte sie ab 1960 das Gymnasium in Mayen, was mit über zwei Stunden Busfahrt verbunden war. Ihr „Arbeitstag“ begann um 05:30 Uhr.
Die Schule machte ihr Freude und motivierte sie. Nach dem Abitur schrieb sie sich an der Universität Bonn für ein Lehramtsstudium mit den Fächern Germanistik und Geschichte ein. Geschichte hatte sie schon immer interessiert, aber vorrangig die Neuere Geschichte. Nun war es die Mediävistik, die sie zunehmend in ihren Bann zog. Aber was sie faszinierte, waren nicht in erster Linie die großen Staatsaktionen, die Abfolge von Kriegen und Dynastien, sondern Kulturgeschichte in ihren verschiedenen Facetten sowie Fragen nach den tieferliegenden Strukturen wie Wirtschaft und Gesellschaft, Recht und Verfassung.

Dieser Forschungsansatz war in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Geschichtswissenschaft, Sprachwissenschaft und Volkskunde im Bonner Universitätsinstitut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande grundgelegt worden, das sich seit den 50er Jahren zum „Leitinstitut“ der neueren deutschen Landesgeschichte entwickelte und das auch ihre berufliche Heimat wurde. Räumlicher Bezugsrahmen dieser Forschungen ist das Rheinland in den Grenzen der alten Preußischen Rheinprovinz vom Saarland im Süden bis zum Niederrhein im Norden. Eine solche räumliche Betrachtungsweise bietet die Möglichkeit, durch eine breitere Berücksichtigung einer Vielzahl von Einzelquellen aus verschiedenen Lebensbereichen und deren Gesamtschau zu vertieften Erkenntnissen dieses Raumes zu gelangen und damit einhergehend auch wichtige Bausteine zur allgemeinen deutschen Geschichte zu liefern. Der Raum ist also in dieser Sichtweise sowohl Erkenntnisgegenstand als auch Erkenntnismittel.

In diese Forschungsrichtung ist auch ihre Dissertation einzuordnen, die die „Entstehung und Entwicklung der Landgemeinde im Trierer Raum“ zum Thema hat. Hier konnte sie herausarbeiten, dass die ländlich-bäuerliche Gesellschaft des Mittelalters nicht einseitig durch Untertänigkeit gekennzeichnet war, sondern dass Bauern wichtige Bereiche des dörflichen Lebens selbstverantwortlich gestalten konnten bis hin zu einer Mitwirkung an der hohen Blutgerichtsbarkeit, ein Hoheitsrecht par excellence.
Für ihre Doktorarbeit wechselte Frau Nikolay-Panter für einige Semester an die Universität Trier. Die sehr umfänglichen Archivrecherchen ließen sich von dort aus besser bewältigen – zudem lockte ein Graduiertenstipendium.

Um weiterhin wissenschaftlich tätig sein zu können, nahm sie nach Staatsexamen und Promotion in Bonn (summa cum laude) das Angebot einer Akademischen Ratsstelle an der dortigen Universität an. In ihren wissenschaftlichen Vorlieben blieb das Mittelalter weiterhin vorherrschend. Kloster und Stadt, Landfrieden und Territorialisierung, Adel und Herrschaft sind Schwerpunkte ihrer zahlreichen Veröffentlichungen. Daneben fanden auch neuzeitliche Themen ihr Interesse, wie die Amerika-Auswanderung im 19. und 20. Jh. sowie Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.

Neben Aufgaben in der universitären Lehre oblagen ihr die Betreuung von Publikationen, die Ausrichtung von großen wissenschaftlichen Tagungen sowie die Aufsicht über die bedeutende Institutsbibliothek mit ihren ca. 85.000 Bänden. Das alles war verbunden mit der Kontaktpflege zu anderen wissenschaftlichen und kulturpflegerischen Einrichtungen im Rheinland. Hier ist besonders der Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande mit seinen damals über 1.000 Mitgliedern hervorzuheben, deren Geschäftsführung sie wahrnahm.

Einen besonderen Stellenwert in ihrem beruflichen Leben misst sie den „Rheinischen Vierteljahrblättern“ bei, eine der bedeutendsten landesgeschichtlichen Zeitschriften Deutschlands mit einem besonderen interdisziplinären Profil. Bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand hat sie als allein verantwortliche Schriftleiterin und Mitherausgeberin der Zeitschrift ihren Stempel aufgedrückt.
Mit der Verleihung des vom Landschaftsverband Rheinland ausgeschriebenen mit 10.000 Euro dotierten Steeger-Stipendiums hat ihre Arbeit auch im außeruniversitären Bereich große Anerkennung gefunden. Frau Nikolay-Panter hat zwei Kinder und lebt mit ihrem Mann in Bonn.

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