Johann Moritz Gustav von Manderscheid-Blankenheim

„Dieses Staatsversehen ausgenommen, war Moritz Gustav ein sehr würdiger Erzbischof. Er hatte sich durch seine häusliche auferbauliche Ordnung, durch seine Mäßigkeit, durch seine Gelehrsamkeit und Klugheit, durch seine männliche Frömmigkeit ein allgemeines Ansehen erworben. Der Adel, die Geistlichkeit, die Bürgerschaft, alles war für diesen Herrn eingenommen, und ein Wort, eine Miene von ihm war hinlänglich, die Herzen dahin zu lenken, wohin er wollte.“ Mit diesen Worten würdigte ein anonymer Autor in Wien 1815 in einem Lehrbuch einen der großen Kirchenfürsten des 18. Jahrhunderts: Graf Johann Moritz Gustav von Manderscheid-Blankenheim, der von 1733 bis 1763 als Fürsterzbischof von Prag oberster Geistlicher Böhmens war.

Moritz Gustav entstammte nicht nur dem berühmten Eifler Adelsgeschlecht von Manderscheid, sondern war auch selbst in der Eifel geboren. 1676 erblickte er in Blankenheim als drittjüngstes von insgesamt 17 Kindern des Grafen Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim (1630–1705) das Licht der Welt; seine Mutter war dessen zweite Frau Juliana Christine von Erbach. Salentin Ernst gilt als der bedeutendste Herrscher in der Geschichte Blankenheims. Während seiner über 50 Jahre währenden Regierungszeit trieb er die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in der Nordeifel tatkräftig voran. Sein Sohn Moritz Gustav wurde sowohl auf eine juristische als auch eine theologische Laufbahn vorbereitet. Standesgemäß wurde dieser schon in jungen Jahren Domherr in Köln, weitere Titel kamen hinzu. Als er mit 45 Jahren zum Priester geweiht wurde, hatte er bereits etliche juristischen Tätigkeiten für die Kurfürsten von Köln und Trier hinter sich. Sowohl für die Priesterweihe als auch die Ernennung zum Bischof galten damals andere Voraussetzungen als heute. Vielleicht wäre die Priesterweihe unterblieben, wenn Moritz Gustav nicht zuvor 1721 zum Bischof von Wiener Neustadt nominiert worden wäre. Bei der Ernennung zum Bischof, vor allem aber bei der Berufung auf das Amt des Fürsterzbischofs von Prag spielten politisch-dynastische Überlegungen die entscheidende Rolle. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass es dem Grafen an Frömmigkeit oder Eignung für diese Position gefehlt hätte.

Die Kritik und Ablehnung, der sich der Eifler teilweise ausgesetzt sah, hatte politische Gründe. Das eingangs erwähnte „Staatsversehen“ des Erzbischofs bestand darin, dass er im kriegerischen Streit, der nach dem Tod Kaiser Karls VI. (1740) um die Königsherrschaft in Böhmen und die Kaiserkrone entbrannt war, aus österreichischer Sicht auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Die Österreicher beschuldigten ihn, Partei für den bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht und gegen die Habsburgerin Maria Theresia ergriffen zu haben. Der Erzbischof berief sich zu seiner Verteidigung auf die „unvermeidliche Notwendigkeit“, die sich nach der Eroberung Prags 1741 durch Karl Albrechts französische und sächsische Verbündete ergeben habe. Maria Theresia glaubte ihm nicht und warf dem Eifler vor, Franzosenfreund und Habsburgerfeind zu sein. Nach der Niederlage Karl Albrechts verbannte sie den Grafen zeitweise aus Prag und schränkte seinen Einfluss als Erzbischof ein.

Wem in diesem Konflikt die Sympathien des Erzbischofs wirklich galten, lässt sich kaum noch klären. Weitaus sicherer ist demgegenüber sein nie nachlassendes Interesse an seiner Eifler Heimat, die Moritz Gustav viel verdankt: Schon kurz nach seiner Ernennung zum Erzbischof beauftragte er den Historiker und Geistlichen Johann Friedrich Schannat (1683–1739) mit einem Werk zur Geschichte des Hauses Manderscheid – und damit auch der Eifel. Großzügig finanzierte der Erzbischof Schannats Studienreisen und sorgte nach dessen Tod für die Weiterbearbeitung des Stoffes. Eine Erstausgabe der umfangreichen lateinischen Manuskripte Schannats erschien 1762 in Prag. Als „Eifflia Illustrata“ wurde das Werk im 19. Jahrhundert in deutscher Übersetzung vom Prümer Landrat Bärsch herausgegeben; bis heute gilt es als wertvoller Schatz zur Geschichte der Eifel. Auch mit anderen Initiativen, etwa der Gründung der Fürstlich-Erzbischöflichen Bibliothek zu Prag, blieb Moritz Gustav dem kulturell aufgeschlossenen Geist seiner Vorfahren treu. Nach seinem Tod 1763 im hohen Alter von 87 Jahren führten andere Mitglieder seiner Grafenfamilie die Verbindung zwischen Eifel und Prag fort.

Verfasser: Gregor Brand

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