Johann Hubert Schmitz

„Welches ist die Wurzel des heutzutage zunehmenden Ungehorsams gegen die Obern und der verminderten Ehrfurcht vor Greisen und welches sind die Mittel, diesen Uebeln zu steuern?“ So lautet der bemerkenswerte Titel einer 1837 preisgekrönten Abhandlung, deren Verfasser sich in den folgenden Jahrzehnten einen Namen als einer der großen Eifler Persönlichkeiten seines Jahrhunderts machte: Johann Hubert Schmitz, 1807 in Manderscheid als Erstgeborener des Friedensrichters Johann Heinrich Schmitz und der aus Hontheim stammenden Gertrud Magdalena Cremer zur Welt gekommen. Sein Patenonkel war Johann Hubert Schmitz (1764–1836) aus Dackscheid, der sich als Pfarrer, Volkserzieher, Naturforscher und Impfpionier hohe Anerkennung erwarb und mit dem sein gleichnamiges Patenkind oft verwechselt wird. Der Manderscheider J. H. Schmitz studierte nach dem Abitur in Trier Theologie und wurde dort 1834 zum Priester geweiht. Nach einer Zeit als Kaplan in Wittlich war Schmitz ab 1838 Pfarrer in Gillenfeld. Dort wirkte er fast zwei Jahrzehnte lang als Seelsorger und entfaltete zugleich als Autor eine außerordentliche Aktivität. 1847 gab Schmitz die „Sagen und Legenden des Eifler Volkes nebst mehreren darauf bezüglichen Dichtungen“ heraus. In diesem knapp hundertseitigen Band hielt Pfarrer Schmitz – teils in Prosa, teils in Gedichtform – Eifelsagen wie „Die Elzer Fehde“, „Die Entstehung des Klosters Laach“ oder „Der Schäfer am Pulvermaar“ fest. Zehn Jahre später folgte eine noch umfangreichere  Sagensammlung und kurz darauf zwei weitere Bände mit Sitten, Sagen, Liedern, Sprichwörtern und Rätseln – bis heute wertvollste Dokumenten zur Kulturgeschichte der Eifel. Antriebsgrund für den Manderscheider war der starke Wunsch, dieses von vielen wenig beachtete alte Kulturgut sowohl vor dem Vergessen zu bewahren als auch möglichst unverfälscht der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.

Pfarrer Schmitz war sich zutiefst bewusst, in einer Zeit enormer Veränderungen im Leben der Eifler zu leben. Kritisch registrierte er den Verlust alten Wissens und beklagte Veränderungen im Alltagsleben: „Der Haferbrei, diese Lieblingskost der alten Eifler, ist dem Kaffee gewichen, welcher jährlich mehr Geld aus dem Lande schleppt, als die Steuern betragen“. Sorgenvoll sah er den Anstieg des Alkoholkonsums: „Nüchternheit ist noch einheimisch und Trunksucht ziemlich selten; doch sind Schenken bereits im Überflusse vorhanden; Orte, wo schon eine für eine hinreichende Befriedigung des Bedürfnisses gelten könnte, haben deren drei bis vier. Ihre Zunahme kann nur als ein schlimmes Zeichen angesehen werden, und sie wird mit der steigenden Verarmung gleichen Schritt halten.“ Widrigste Wetterverhältnisse mit beinahe alljährlichen Missernten wirkten sich für die Eifelbauern damals verheerend aus und trieben viele zur Auswanderung. Pfarrer Schmitz sah diese Amerika-Emigration mit großer Skepsis und versuchte, gegenzusteuern. Im persönlichen Gespräch, dann auch durch den „Ratgeber für die, welche nach Nordamerika auswandern wollen“ (Trier 1843) trug er seine Bedenken vor.

Gleichzeitig bemühte er sich auf anderer Ebene, die Grundlagen für eine nachhaltige  Aufwärtsentwicklung zu legen. Besonders wichtig erschien ihm die Verbesserung der Bildung. Neben seiner lokalen Tätigkeit als Schulinspektor wirkte Schmitz eifelweit als Bildungsreformer. Die von ihm ab 1845 herausgegebene Zeitschrift „Der Schulfreund“ war „die erste pädagogische Zeitschrift des Trierer Regierungsbezirks“, wie Heinz Schmitt (Trier) – neben Martin Persch der wohl beste Kenner der schmitzschen Biographie – feststellte. J. H. Schmitz redigierte diese „Quartalszeitschrift zur Förderung des Elementarschulwesens und der Jugenderziehung“ fast 40 Jahre lang und beeinflusste damit mehrere Eifler Lehrergenerationen. Zu diesen Veröffentlichungen kamen weitere aus seinem eigentlichen theologischen Tätigkeitsgebiet. In vielfältiger Form, vom Katechismus bis hin zu Gedichten, bemühte sich Schmitz, der seit 1858 in Zell als Dechant wirkte, die katholische Lehre der Bevölkerung noch näherzubringen. In Anerkennung all dieser Bemühungen verlieh ihm die Universität Freiburg i. Br. 1857 die Würde eines Doktors der Theologie ehrenhalber. Johann Hubert Schmitz starb unerwartet an einem Oktobertag des Jahres 1882 in Wittlich – bei der Beerdigung seines fünf Jahre jüngeren Bruders, des preußischen Amtsgerichtsrats Johann Heinrich Josef.

Verfasser: Gregor Brand

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