Hermine Albers

Albers und Hamburg – das gehört zusammen. Man denkt dabei an den legendären „blonden Hans“ Albers (1891-1960), der durch Filme wie „Große Freiheit Nr. 7“ seinen Namen mit dem seiner hanseatischen Geburtsstadt dauerhaft verbunden hat. Es gibt aber noch eine weitere große Persönlichkeit namens Albers, deren Wirken eng mit der Elbmetropole verbunden war: die Eiflerin Hermine Albers.

1894 in Bitburg geboren, gehörte Hermine Albers zur gleichen Generation wie ihr Namensvetter, aber ihr Leben verlief in ganz anderen Bahnen. Während das spätere Filmidol  als Schlachtersohn in einem heute allzu oft „bildungsfern“ genannten Milieu aufwuchs, war Hermines Vater Kreisschulinspektor in Bitburg. Vater Hermann Albers und die nach ihm benannte Tochter haben sich nie kennengelernt: Der preußische Beamte starb noch vor der Geburt seiner Tochter.

Die prägenden Jahre ihrer Kindheit erlebte Hermine als Einzelkind in der Eifel, ehe sie als Zwölfjährige mit ihrer Mutter Klara (geb. Linden) nach Köln zog, wo sie ein humanistisches Mädchengymnasium besuchte. Dass sie nach dem Abitur studierte, war noch ungewöhnlicher als der Besuch des Gymnasiums. Studentinnen waren seinerzeit eine sehr seltene Spezies im Kaiserreich, doch die energische Bitburgerin ließ sich davon nicht beeindrucken. Nachdem sie das Studium der Sozialwissenschaften in Köln noch während des Weltkriegs 1917 mit dem Diplom abgeschlossen hatte, leistete sie ihren zivilen Beitrag für das Vaterland als Hilfsarbeiterin im Frauenreferat der Kriegsamtsstelle Koblenz. Die hier gemachten Erfahrungen mit den sozialen Nöten von Frauen und Familien bestärkten sie im Entschluss, sich dauerhaft der Jugendhilfe und Sozialarbeit zu widmen. Die junge Eiflerin wurde 1918 Geschäftsführerin des Vereins für Säuglingsfürsorge und Wohlfahrtspflege im Regierungsbezirk Düsseldorf, ehe sie von 1923 bis 1926 eine Abteilung des Wohlfahrtsamtes Solingen leitete.

In diesen schweren Jahren von Hyperinflation und anhaltender Bewältigung der Kriegslasten vollendete sie ihre Doktorarbeit, die der renommierte Carl Heymanns Verlag (Berlin) 1927 unter dem Titel „Die Organisation der Jugendwohlfahrtspflege für Klein- und Schulkind“ veröffentlichte. Kurzzeitig lehrte Dr. rer. pol. Hermine Albers als Dozentin an der hesssisch-nassauischen Wohlfahrtsschule in Frankfurt, ehe sie 1928 an die Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg berufen wurde. In dieser Behörde stand die Regierungsrätin im Brennpunkt höchster sozialer Not, die sich mit der 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise dramatisch verschärfte. Die katastrophale Wirtschaftslage gab zudem antidemokratischen Kräften starken Auftrieb. Hermine Albers, Mitglied von SPD und Arbeiterwohlfahrt, bekannte sich in dieser Notzeit klar zur Demokratie. Als Sprecherin der Sozialbeamtinnen trat sie auf einer Großkundgebung gegen den Nationalsozialismus auf. Sie gehörte zu den ersten, die im NS-Staat ihre Beamtenstellung verloren. Nach ihrer Entlassung aus dem Staatsdienst im März 1933 fand sie eine neue Beschäftigung bei der traditionsstolzen Handelskammer Hamburg.  Als Wirtschaftsprüferin bei dieser ältesten deutschen Handelskammer – an deren Spitze derzeit mit Fritz-Horst Melsheimer ein Kind der Eifel steht –  überstand Dr. Albers die NS-Jahre, in denen die stolze Hansemetropole durch das „Groß-Hamburg-Gesetz“ von 1937 zwar räumlich vergrößert wurde, aber ansonsten sowohl durch NS-Terror als auch entsetzliche Kriegseinwirkungen Furchtbares zu erleiden hatte. Bei Kriegsende waren Hunderttausende Wohnungen zerstört, Zehntausende verwahrloster Kinder und Jugendlicher vagabundierten hungrig durch die zerstörten Straßen und fielen „wie die Wölfe“ (so Hamburgs Bürgermeister Max Brauer) über die Züge her. In dieser dramatischen Situation besann man sich auf Hermine Albers. Die Eiflerin wurde mit der Leitung des Landesjugendamtes betraut. In den folgenden Jahren setzte sich Senatsrätin Dr. Albers, seit 1948 Regierungsdirektorin, über Hamburg hinaus „mit unglaublicher Energie“ (W. Thorun) organisatorisch und publizistisch für die soziale Lage der Jugend und den Neuaufbau der Jugendpflege ein. Wie einst ihrem Vater, so war aber auch seiner pflichtbewussten Tochter Hermine kein langes Leben vergönnt. Die Bitburgerin und Wahlhamburgerin starb 1955 im Alter von 60 Jahren. Bis heute hält der „Hermine-Albers-Preis“ für Verdienste um die Jugendhilfe die Erinnerung an sie wach.

Verfasser: Gregor Brand

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