Helmut Mathy

Auch wenn man den am 14. Mai 1934 in Kinheim geborenen Helmut Mathy nicht mehr zur „Flakhelfer-Generation“ zählen kann, so gehörte er doch wie seine Vornamensvettern Helmut Rahn (Jg. 1929) und Helmut Kohl (Jg. 1930) zu denjenigen Deutschen, deren Kindheit und Jugend wesentlich vom Zweiten Weltkrieg geprägt wurden. Schon sehr früh wurde dem Sohn des Winzers Nikolaus August Mathy und dessen Ehefrau Anna (geb. Ames) bewusst, wie einschneidend Politik und Geschichte in das Leben eingreifen. Helmut Mathy besuchte die katholische Volksschule in Kinheim 1940–1948 unter den Notbedingungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre.

Der Übergang zu ruhigeren gesellschaftlichen Verhältnissen ging für ihn einher mit dem 1948 erfolgten Wechsel an das Internat der Staatlichen Kurfürst-Balduin-Aufbauschule in Münstermaifeld, wo er im Weltmeisterjahr 1954 Abitur machte.
Mit der Wahl der Studienfächer Geschichte, Germanistik, Pädagogik, Philosophie und Latein an den Universitäten in Bonn, München, Innsbruck und Wien schien Mathy auf den Beruf des Gymnasiallehrers zuzusteuern, aber spätestens mit seiner Doktorarbeit verlagerte sich das Schwergewicht seines Interesses auf die Wissenschaft. Mit seiner Dissertation über den Diplomaten Franz Georg von Metternich hatte sich der Kinheimer ein Thema gewählt, das bestens zu seiner eifelmoselanischen Herkunft passte. Franz Georg von Metternich (1746–1818) war nicht nur der Vater einer der berühmtesten Staatsmänner der europäischen Geschichte, sondern auch Angehöriger eines Adelsgeschlechts aus dem gleichen Südeifler Raum, dem auch Mathy entstammte. Die von dem Innsbrucker Neuzeithistoriker Hans Kramer (1906–1992) betreute Arbeit brachte Mathy nicht nur die Bestnote ein, sondern führte ihn zu Forschungszwecken auch nach Mainz. Mathy und Mainz: das wurde von da an für beide Seiten zu einer Verbindung von nachhaltiger Bedeutung. Von seiner ersten Anstellung in Mainz als Assistent am Historischen Seminar 1959 bis zu biographischen Glanzlichtern wie der Ernennung zum Honorarprofessor (1977) und zum Ehrensenator der Universität Mainz entwickelte sich ein Lebenslauf, der den Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel zu der Bemerkung veranlasste, Mathy habe „Mainzer Geschichte im Blut“. Der Eifler, der von 1960–1966 auch noch Rechtswissenschaft in Mainz studierte, wurde 1964 zunächst Kustos, später Akademischer Rat am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte. 1967 folgte die Versetzung an die Staatskanzlei unter Ministerpräsident Peter Altmeier (CDU), 1970 die Ernennung zum Regierungsdirektor, drei Jahre später die zum Ministerialrat.
Parallel zu dieser Beamtenkarriere entwickelte sich Dr. Mathy, der mit Heirat und Familiengründung auch außerberuflich Wurzeln am Mittelrhein schlug, zu einem der anerkanntesten Experten der schillernden neuzeitlichen Mainzer Geschichte. In einem steten Strom von Publikationen beleuchtete Mathy höchst unterschiedliche Facetten von Stadt und Region. Einer seiner Schwerpunkte war die Geschichte der Mainzer Universität, ein anderer die des jungen Landes Rheinland-Pfalz, aber Mathy befasste sich beispielsweise auch mit dem in Mainz hingerichteten Schinderhannes und vielem mehr. „Ein echter Generalist vom alten Schlag“, stellte OB Jens Beutel beeindruckt fest. Zu diesen wissenschaftlichen Arbeiten und Lehraufträgen an der Universität Mainz kam sein eindrucksvoller Einsatz für gesellschaftlich-kulturelle Belange. Dr. Mathy war – um nur diese Beispiele zu nennen – jahrzehntelang Vorsitzender des Mainzer Altertumsvereins, gab die Jahrbücher der „Freunde der Universität Mainz“ heraus, engagierte sich im Personalrat, Schulelternrat und Pfarrgemeinderat. Last but not least ist auch der Politiker Mathy zu erwähnen, der für die CDU von 1994–2004 im Stadtrat saß und als kulturpolitischer Sprecher agierte.

Auch in diesen Funktionen bewährte sich die hohe rhetorische Begabung des temperamentvollen Eifelmoselaners, der mit seiner unkomplizierten, sympathischen Art in keiner Weise dem Klischee des weltfremden Gelehrten entsprach.

Für seine wissenschaftlichen und kulturellen Verdienste erhielt Professor Mathy 1994 die Ludwig-Lindenschmit-Plakette, im Jahr 2000 das Kaisermedaillon der Stadt Mainz. Inzwischen spricht man, etwa anlässlich eines 2012 erschienenen Buches mit 23 seiner wichtigsten Abhandlungen, von der „Ära Mathy“ – ein sehr ehrenvoller Begriff, auf den der 2008 verstorbene Kinheimer mit Recht hätte stolz sein können.

Verfasser: Gregor Brand

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