Graf Heinrich II von Virneburg – Kölner Kurfürst und Erzbischof aus Eifler Adelsfamilie

Die US-Schauspielerin Meghan Markle, seit ihrer Hochzeit mit dem britischen Prinzen Harry geadelt zur Herzogin von Sussex, stammt auch von Eifler Vorfahren ab. Über ihre afroamerikanische Mutter Doria Ragland ist Meghan eine direkte Nachfahrin von Graf Heinrich I. von Virneburg (ca. 1215–1289) und dessen Gemahlin Ponzetta von Oberstein, den Eltern des Erzbischofs und Kurfürsten Heinrich II. Dieser Kurfürst (geb. um 1245) zählte in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts zu den dominierenden Persönlichkeiten am Rhein und im Reich. Die Virneburger Grafen waren im 13. Jahrhundert zu einer der mächtigsten Eifler Adelsfamilien aufgestiegen. Sie konnten diese Bedeutung überregional in den folgenden Generationen beträchtlich ausbauen, wobei auch ihre Abstammung vom Haus Nassau eine Rolle spielte, das mit Adolf von Nassau damals einen deutschen König (1292–1298) stellte.
Über die erste Lebenshälfte des späteren Kurfürsten, der inmitten einer zahlreichen Geschwisterschar aufwuchs, ist nicht viel bekannt. Erhellender werden die Informationen erst im Umfeld der historisch folgenreichen Schlacht von Worringen. Bei dieser „blutigsten Schlacht des Mittelalters auf rheinischem Boden“ (Heinz Renn) am Bonifatius-Tag (5. Juni) 1388 ging es um die Vorherrschaft im nordwestlichen Mitteleuropa. Hauptgegner waren der Herzog Johann von Brabant und der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg. Der Kampf endete mit der Niederlage des Erzbischofs und einer Schwächung der kurkölnischen Macht. Die Virneburger Grafen fochten auf der Seite des Brabanter Herzogs, obwohl sich auf der Gegenseite auch ihr Verwandter Adolf von Nassau befand. Wichtiger als die Verwandtschaft waren politisch-wirtschaftliche Machtüberlegungen; dies galt nicht zuletzt auch bei der Besetzung höchster kirchlicher Ämter. Heinrich II von Virneburg wird in den 1390er Jahren zwar als Domherr zu Trier und Kölner Dompropst genannt, hatte aber keine besondere geistliche Qualifikation vorzuweisen. Dennoch schaffte er es mit Unterstützung von Verwandten und Parteigängern, sich im Jahr 1300 zum Trierer Erzbischof wählen zu lassen.

Die Wahl blieb recht folgenlos, denn Papst Bonifatius VIII verweigerte ihr die Bestätigung. Vier Jahre später entwickelten sich die Verhältnisse bei der Neubesetzung des Kölner Erzbischofs- und Kurfürstenstuhls für Heinrich günstiger. Obwohl das Domkapitel sich uneins war und Heinrich nicht die Mehrheit der Stimmen erhält, gelang es ihm diesmal, die Zustimmung des 1305 gewählten neuen Papstes Clemens V. zu erhalten. Dabei dürfte neben handfesten Zusagen für den französischen Papst auch eine Rolle gespielt haben, dass sich Heinrich und Clemens bei einem Aufenthalt in Lyon persönlich kennenlernten. Einige Jahre später war Heinrich beim Konzil von Vienne (1311/12), bei dem die Auflösung des Templerordens und das Verhalten gegenüber Ketzern im Mittelpunkt standen, erneut in Frankreich. 1314 zählte der Kölner Kurfürst bei der Wahl eines deutschen Königs zu den Hauptunterstützern des Habsburgers Friedrich des Schönen (1289–1330) und krönte diesen im November 1313 feierlich in Bonn. Die Stadt Köln und die meisten anderen Mächte in der Region unterstützten demgegenüber den Wittelsbacher Ludwig IV. den Bayern (gest. 1347). Es kam zu qualvollen Jahren des Doppelkönigtums, wobei der um die Königsherrschaft ausgetragene Streit lediglich die Speerspitze vieler weiterer Machtkämpfe unter Beteiligung Heinrichs war.

Kennzeichnend für seine jahrzehntelange Regierungszeit war die – nicht auf ihn zurückgehende – missliche wirtschaftliche Lage des Erzbistums. Heinrich versuchte, sie mit mancherlei Mitteln, insbesondere durch höhere Abgaben und Belastungen, zu beheben. Am „trostlosen Zustand seiner Finanzen“ (so der Historiker Hermann Cardauns) änderte sich allerdings bis zum Ende seiner Herrschaft kaum etwas. Während seiner von politischen und kriegerischen Dauerkonflikten geschüttelten Herrschaftszeit muss die erfolgreiche Fortsetzung des Kölner Dombaus ein erfreulicher Lichtpunkt für ihn gewesen sein. Am 27. September 1322 konnte Heinrich den Chor des Kölner Doms feierlich einweihen. Erwähnenswert ist der der in seine Regierungszeit fallende Inquisitionsprozess gegen den Dominikaner-Theologen und Philosophen Meister Eckart (ca. 1260-1328), einen der größten Denker des Mittelalters. Um 1325 schwärzten zwei Dominikaner ihren Mitbruder Eckart bei Erzbischof Heinrich wegen angeblich häretischer Lehren an. Diese Denunziation führte zum einzigen mittelalterlichen Inquisitionsprozess gegen einen renommierten Theologen und Ordensmann. Bei einer Verurteilung hätte Eckart der Scheiterhaufen gedroht. 1327 wandte sich Eckart an den Papst, woraufhin das Verfahren von Köln nach Avignon verlagert wurde, wo der Papst damals residierte. Zu einem Gerichtsurteil kam es nicht mehr, denn Eckart verstarb noch vor Prozessende. Vielleicht war Heinrich, während dessen Amtszeit es andere Inquisitionsprozesse gegeben hatte, froh, dass weder seine Amtszeit noch sein Gewissen mit der Hinrichtung dieses frommen Mannes belastet wurden. Heinrich II von Virneburg starb hochbetagt im Januar 1332 und wurde im Bonner Münster beigesetzt.

Verfasser: Gregor Brand

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