Friedrich Prym

Drei der bedeutendsten deutschen Mathematiker des 19. Jahrhunderts stammen aus der Nordeifel. Neben dem Monschauer Elwin Bruno Christoffel sind hier die Dürener Peter Gustav Lejeune Dirichlet und dessen jüngerer Landsmann Friedrich Prym zu nennen. Der Letztgenannte, nach dem die „Prymschen Funktionen“ benannt sind, hat seine Eifler Heimat mehrfach in die Geschichte der Mathematik eingebracht: nicht nur durch den Geburtsort, sondern auch durch seinen Familiennamen, der auf eine Herkunft aus der Abteistadt Prüm verweist. Das weit verzweigte Geschlecht Prym zählt zu den ältesten der Nordeifel. In Aachen gehörte es zum Patriziat, später spielten die Prym eine wichtige Rolle in der Nordeifler Eisenindustrie, was zu engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu anderen Eifler Familien mit klangvollen Namen der deutschen Wirtschaftsgeschichte führte. Friedrichs Vater Richard war reicher Tuchfabrikant, seine Mutter Ernestine entstammte der berühmten Eifler Unternehmerfamilie Schoeller. Friedrichs jüngerer Bruder Eugen Prym (1843–1913) zählte zu den großen Orientalisten seiner Zeit.

Seine Eltern hätten es gern gesehen, wenn Friedrich die Kaufmannstradition fortgesetzt hätte. Aber mit seiner sehr starken Kurzsichtigkeit und der Vorliebe für Bücher und Wissenschaft verkörperte er schon früh eher den Typus des Gelehrten. Nach dem Abitur 1859 begann Prym ein Mathematikstudium an der Universität Berlin, wo sich Mathematiker aus der Eifel bereits ausgezeichnet hatten: Einige Jahre zuvor war der große Dirichlet dort Professor gewesen, jetzt konnte Prym in Berlin die Vorlesungen des Monschauers Elwin Christoffel besuchen. Zwischen den jungen Eifelmathematikern Christoffel und Prym entstand ein freundschaftlicher Kontakt. Auf Christoffels Empfehlung hin wechselte Prym nach Göttingen, um dort den genialen Bernhard Riemann kennenzulernen. Der einstige Dirichlet-Schüler Riemann (1826–1866) gilt längst als einer der größten Mathematiker aller Zeiten. Die von Riemann entwickelten Methoden und mathematischen Konzepte prägten Prym nachhaltig. Als der 21-jährige Prym mit der Supernote „eximia cum laude“ promoviert wurde, bezog er sich in seiner Doktorarbeit bereits auf Riemann und auch später bekannte er sich stets stolz als Schüler Riemanns.

Bevor Prym sich allerdings endgültig der Mathematik verschreiben durfte, musste er auf elterlichen Wunsch hin doch noch einen Versuch mit einer kaufmännischen Tätigkeit unternehmen. So volontierte er von 1863–1865 im Bankhaus seines Onkels Schoeller in Wien. Gleichsam nebenbei widmete er sich weiterhin der Mathematik. 1864 veröffentlichte die Wiener Akademie der Wissenschaften seine Abhandlung über hyperelliptische Funktionen, die Christoffel, der inzwischen Professor in Zürich war, endgültig davon überzeugte, Prym zur Universitätslaufbahn zu raten. Auf Christoffels Empfehlung hin bewarb sich Prym erfolgreich am Polytechnikum in Zürich; seine Eltern fanden sich nun endgültig mit diesem Lebensweg ihres Sohnes ab. Nach dreijähriger Tätigkeit in Zürich wurde Prym 1869 als ordentlicher Professor an die Universität Würzburg berufen. Hier blieb er bis zu seiner Entpflichtung im Jahr 1909. Professor H.-J. Vollrath, einer der besten Kenner der Biographie des Dürener Mathematikers, wies darauf hin, dass es primär Prym war, der das Mathematische Seminar in Würzburg in jenen vier Jahrzehnten auf- und ausbaute und ihm zu einem ausgezeichneten Ruf verhalf.

Der Eifler Prym erlangte für Würzburg in jener wilhelminischen Zeit eine Bedeutung, die weit über die anderer Professoren hinausging. Der außerordentlich wohlhabende Prym war nicht nur höchster Steuerzahler der Stadt, sondern spendete und stiftete großzügig aus dem von ihm klug verwalteten Erbe. Das Ansehen, das er in der Mainstadt genoss, war jedoch nicht erkauft, sondern beruhte auf Pryms Persönlichkeit. Nicht nur Kollegen und Studenten schätzten seine Gewissenhaftigkeit und Begeisterungsfähigkeit, die sich stets auf die Sache und nicht den äußeren Schein richteten. Privat führte der Nordeifler ein eher zurückgezogenes Leben. Aus der Ehe mit seiner Kusine Luisa Schmitz (1847–1907) gingen vier Töchter hervor, von denen zwei mit namhaften Wissenschaftlern – Otto von Franqué und Rudolf Fick – verheiratet waren. Als Prym im Dezember 1915 im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte nach einer Leistenbruchoperation einer Infektion erlag, wusste er nicht nur sein geistiges, sondern auch sein leibliches Erbe gesichert.
  
Verfasser: Gregor Brand
 

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