Franziska Bram

„Eine fast vergessene Dichterin“ – so nannte Alois Faber vor einigen Jahren die im Jahr 1860 in Hillesheim geborene Schriftstellerin Franziska Bram und trug selbst mit mehreren Artikeln dazu bei, dass die Frau, die er als „bedeutendste katholische Dichterin des Rheinlandes“ würdigte, dem kulturellen Gedächtnis erhalten bleibt. Leben und Werk dieser kreativen Eifler Autorin bekannter zu machen, ist auch das Ziel des Franziska Bram Freundeskreises um Gisela Leuer. Unter anderem mit Veranstaltungen und Neuauflagen von Bram-Schriften macht der Freundeskreis auf die Hillesheimerin aufmerksam.

Franziska Bram wird, wenn es um die bedeutendste Eifeldichterin geht, öfters in einem Atemzug mit der drei Monate älteren Protestantin Clara Viebig genannt. Wenig verwunderlich – bei allen sonstigen Unterschieden – ist die Ähnlichkeit des sozialen Hintergrundes beider Dichterinnen. Sie  entstammten nicht der bäuerlichen Bevölkerung der Eifel, über die sie so eindringlich geschrieben haben, sondern waren Sprösslinge des gutsituierten und gebildeten Bürgertums. Franziska Brams Mutter Josephina Anna war eine Tochter des tüchtigen Hillesheimers Apothekers Veling, der selbst wissenschaftliche Studien trieb und insbesondere die Birresborner Mineralquelle analysierte. 1858 heiratete die Apothekertochter den in Hillesheim tätigen Friedensrichter Franz Gottfried Bram (1825-1903), der später in Mayen und dann bis zu seiner Pensionierung am Amtsgericht Koblenz arbeitete. Richter Bram, weithin bekannt als „der gute Vater Bram“, war ein großer Freund der Eifel. Er gehörte zu den Mitgründern des Eifelvereins und verfasste zahlreiche Artikel zur Kultur und Geschichte seiner Lieblingsregion. Zwei seiner vier Töchter traten in seine schriftstellerischen Fußstapfen: neben Franziska auch noch die Erstgeborene Luise (1859-1918). Diese ältere Schwester Franziskas verdient hier schon deswegen besondere Erwähnung, weil beide Biographien besonders eng verbunden sind. Luise Bram, Verfasserin von Romanen und Novellen, hatte den Bingener Kaufmann Brück geheiratet, sie unterhielt in Bingen einen literarischen Zirkel, in dem sich bisweilen auch der charismatische Stefan George (1868-1933) aufhielt. George, einer der Großen der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts, nannte Luise in dem an sie gerichteten Gedicht „An Luzilla“  nicht nur „Königin unter den ländlichen frauen“, sondern er traf in dieser Umgebung auch auf Franziska, die sich noch 35 Jahre später gut an diese mittelrheinischen Begegnungen erinnerte. Es waren gewissermaßen Lichtstrahlen in Franziska Brams Biographie, deren Einzelheiten auf weite Strecken hin noch unerforscht sind. Vermutlich lebte die unverheiratete Franziska überwiegend bei ihrer Schwester Luise, die sich nach der Trennung von Kaufmann Brück zwischen 1897-1912 in Berlin aufhielt.
Mit eigenen Buchveröffentlichungen trat Franziska Bram erst nach der Jahrhundertwende hervor, sicherlich ermutigt durch den sensationellen Erfolg der Eifelromane Clara Viebigs. Deren Bestsellerstatus erreichten die Werke der Vulkaneiflerin zwar nicht, aber Resonanz und Respekt blieben ihr keineswegs versagt. Als Franziska Brams Hauptwerk gilt „Der Zorn Gottes“ (1913), „ein eindrucksvoller Roman von Schuld und Sühne, von dörflicher Achtung und Verachtung“ (J. Zierden). In diesem aufwühlenden Epos um den Eifelbauern Röseler und seine Tochter Justine werden Themen behandelt, die auch ein Jahrhundert später nichts von ihrer Aktualität verloren haben: Gewalt zwischen Einheimischen und Fremden, soziale Ächtung durch aufgehetzte Bevölkerung, selbstbestimmte Lebensführung im Konflikt mit Konvention und Tradition. Obwohl Franziska Bram – trotz optimistischer Grundhaltung  – keine heile Eifelwelt schildert, hatten schon ihre Zeitgenossen kaum Zweifel an der Heimatliebe der Autorin. Für die Hillesheimerin blieb die Eifel „ein Jugendparadies, das es nur einmal gibt“ und dessen bäuerlich geprägtes Leben sie in vielen ihrer Schriften – teilweise unter Pseudonym – detailliert schilderte. 

Ihre beiden letzten Lebensjahrzehnte verbrachte Franziska Bram bei ihren Schwestern in Lehmen an der Mosel. Langjährige Krankheit und finanzielle Not setzten ihr zu, aber sie blieb produktiv, so gut es ging. Fast genau zwanzig Jahre vor Clara Viebig starb sie im Juni 1932 „still und bescheiden, wie sie im Leben war“, wie Anton Wolf in einem Nachruf in der Kölnischen Volkszeitung festhielt. 

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen