Eduard Pütz

– Komponist und Lehrer aus Illerich

Eduard Pütz kam am 13. Februar 1911 in Illerich als Sohn eines Volksschullehrers zur Welt. In diesem Südeifeldorf zwischen Kaisersesch und Cochem verbrachte er seine frühen Kinderjahre, ehe die Familie – bedingt durch die Versetzung des Vaters – nach dem Ende des Weltkriegs nach Köln zog. Während seiner Schuljahre in Köln führte ihn sein Vater verstärkt an Musik heran und gab dem hoch talentierten Sohn Klavierunterricht. Von 1930 bis 1935 studierte Pütz: Schulmusik an der Kölner Hochschule für Musik, aber auch Mathematik an der dortigen Universität. Seine wichtigsten Kompositions-Lehrmeister wurden Professor Heinrich Lemacher (1891 – 966), Dr. Kaspar Roeseling (1894 –1960) und der hoch begabte junge Dozent Hermann Schröder (1904 – 1984), ein gebürtiger Bernkasteler. Alle drei fühlten sich besonders der Kirchenmusik verbunden; sowohl Lemacher als auch Schröder gehören zu den herausragenden Kirchenmusikkomponisten des 20. Jahrhunderts. Kirchenmusik blieb für Eduard Pütz immer wichtig, aber schon als Student verdiente er sich Geld durch eine ganz andere Art von Musik: Tanzmusik und Jazz. Das Spielen von Jazzmusik hatte zwar offiziellerseits während der NS-Zeit einen negativen Ruf, war aber – entgegen einem verbreiteten Vorurteil – nicht verboten. Auf den Studienabschluss folgten kurze gymnasiale Lehrerstationen in Essen, Aachen und Malmedy. 1940 wurde der 29-Jährige zur Wehrmacht eingezogen, im Gegensatz zu einem Großteil seiner Freunde und Kameraden überlebte er die Weltkriegsjahre.

Nach Kriegsende verdiente sich Pütz im zerbombten Köln mehrere Jahre lang als Jazzpianist seinen Lebensunterhalt. Seine Liebe zum Jazz konnte er nun freier ausleben, zumal Jazzmusik dem Nachkriegs-Lebensgefühl der jungen Großstädter stark entgegenkam: „Jetzt ist unser Gesang der Jazz. Der erregte hektische Jazz ist unsere Musik“, schrieb Wolfgang Borchert (1921 – 1947) damals. Die mit der freiberuflichen Tätigkeit verbundene finanzielle Unsicherheit, die für den verheirateten Familienvater Pütz belastend war, endete 1950, als er Studienrat für Musik und Mathematik an einem Gymnasium in Rheinbach wurde. In dieser Kleinstadt in der Nähe Bonns lebte und wirkte er bis kurz vor seinem Lebensende, zuerst jahrzehntelang als Gymnasiallehrer, von 1965 bis 1979 auch als Lehrer für Musiktheorie und Tonsatz an der Rheinischen Musikschule in Köln.

Das kompositorische Œuvre von Pütz zeichnet sich durch bewusste Überschreitung gängiger musikalischer Genregrenzen aus, wie der Musikwissenschaftler und Eduard Pütz-Experte Dr. Rainer Mohrs in mehreren Beiträgen dargelegt hat: „Er war ein Grenzgänger zwischen Jazz und neuer Musik, ein Meister des musikalischen Crossover.“ Pütz komponierte Kammermusik ebenso wie Klaviermusik, darunter „leicht spielbare Werke für die Musikschulpraxis“ (R. Mohrs), er schrieb Blues, Jazz und Tango und integrierte dabei häufig diese Art von Unterhaltungsmusik in kammermusikalische Kompositionen. Wie sich in der Präsentation von Pütz-Kompositionen im Internet (insbesondere bei Youtube) widerspiegelt, erfreuen sich einige Stücke besonderer Beliebtheit. Dazu gehören vor allem „Tango passionato“ für Celloquartett (1992) oder auch der „Blues für Benni“ (1991) für Viola und Klavier. Diese letztere Komposition hatte Pütz gezielt für den jugendlichen Musiker Benni von Gutzeit geschrieben; auch sonst ging er gern auf individuelle Kompositionswünsche ein. Er wollte mit seiner Musik „gebraucht“ werden, sie sollte konkrete Verbindungen zwischen Menschen schaffen. Neben Orchesterwerken, Chorwerken, Orgelkompositionen und anderem schrieb Pütz die Oper „Riders to the Sea“ nach einem Stück des Iren J. M. Synge (1871 – 1909); das deutschsprachige Libretto beruhte auf der Übersetzung von Annemarie und Heinrich Böll.
In den Nachkriegsjahren hatte Pütz in Köln experimentierfreudige Musiker unterschiedlicher Richtungen persönlich kennengelernt, darunter auch den später als Großmeister der Neuen Musik weltberühmt gewordenen jungen Karlheinz Stockhausen (1928 – 2007). Auch wenn Pütz kein radikaler Neuerer wie Stockhausen sein wollte, so beeindruckten ihn dessen Werke – etwa das geniale „Gruppen“, dessen Uraufführung er 1958 in Köln erlebte – außerordentlich. Andere Komponisten, denen er besondere Aufmerksamkeit zuwandte, waren Strawinsky, Messiaen und Paul Hindemith, mit dessen Kompositionslehre sich Pütz sogar während seiner Soldatenzeit befasst hatte.

Die eigene kompositorische Arbeit von Pütz setzte zwar schon früher ein, erreichte aber erst im Alter ihren Höhepunkt, als er nach seiner Pensionierung mehr Zeit hatte. 1990 nahm sich mit dem Schott-Verlag (Mainz) ein renommierter Musikverlag seines Werks an, was für den inzwischen 79-Jährigen einen neuen Motivations- und Schaffensimpuls bedeutete. Die erst späte Schaffensfülle von Pütz hatte zur Folge, dass dessen musikwissenschaftliche Beachtung erst am Anfang steht. Noch immer gilt seine Musik als eine Art Geheimtipp, aber es ist absehbar, dass sich das Interesse von Musikern ebenso wie die Zahl der Interpretationen weiter vergrößern wird. „Edy“ Pütz starb knapp drei Wochen nach Beginn des neuen Jahrtausends in Bad Münstereifel. Menschen, die ihn persönlich gekannt hatten, erinnerten sich anlässlich seines 100. Geburtstages an ihn als „einen wunderbaren Menschen, Musiker, Komponisten und Lehrer“.

Verfasser: Gregor Brand

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