Dr. Ute Rettler aus Mayen – Direktorin des Bundesrates

„Niemals vergisst man seine Wurzeln. Sie geben einem Halt im Leben und sorgen für ein gutes Fundament bei den vielfältigen Entscheidungen, die man im Leben treffen muss. Ute Rettlers Wurzeln liegen im Raum Mayen. Sie sagt: „Sobald ich den Namen der Stadt ausspreche, oder auch nur denke, sehe ich das Nettetal, die grünen Hügel, die Lay und den schiefen Kirchturm vor mir. Es ist stets mit einem guten Gefühl verbunden.“ Dies sind die ersten Gedanken von Ute Rettler zu ihrer Eifelkindheit.
Das Nettetal in Mayen war das Zuhause für die am 7.12.1961 geborene Ute Rettler. Zuerst lebte man bei der Uroma, dann durfte die junge Familie – ein Bruder war bald noch hinzugekommen- in Uromas Garten ein eigenes Haus bauen. Es war eine wunderbare Jugendzeit in der Eifel für Rettler, die ihren Lebensweg wesentlich prägte. Die Uroma war die Herrscherin im Hause und darüber hinaus und zeigte der kleinen Ute früh gelebte Emanzipation. In der Schulzeit wurde ihr Interesse für Politik geweckt, aber Basketball war ihr Leben. Die Frauenmannschaft von Mayen war damals sehr erfolgreich.
Der Vater, Dr. Heinz Schaefgen, ein großes Vorbild, engagierte sich in der Kommunalpolitik und war natürlich auch im Stadtrat. Diese Eindrücke und die vielen Gespräche führten sie zum Jurastudium nach Bonn. Mayen war zwar kaum mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, aber mit dem Fahrrad war es ein schöner Ausflug.
Nach Studium und Promotion entschied Rettler sich für die Verwaltungslaufbahn und bewarb sich im Bundesinnenministerium. Über 20 Jahre war Rettler dort tätig, so erwarb sie das Handwerkzeug für die Führung einer Behörde. Viele Jahre hat sie mit großer Begeisterung in der Abteilung Verfassungsrecht gearbeitet. Eine besondere Aufgabe, auch wenn es nur ein kleines Nebengebiet war, ist die Zuständigkeit für die Bundesaußengrenzen gewesen. So verhandelte sie mit Tschechien über den Austausch von einigen Grundstücken für den Bau einer Straße oder eines Supermarktparkplatzes, im Lister Tief im Norden Deutschlands über die Festlegung der Grenze zu Dänemark, die sich auf einer Sandbank befand und immer weiter in Richtung Norden wanderte.
Einen Ausflug in die Politik unternahm Rettler 2000 für zwei Jahre. Im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale der SPD, übernahm sie den Bereich Innen- und Rechtspolitik unter dem Vorsitzenden Franz Müntefering. Aber Im Jahre 2002 rief die große Flut an der Elbe und Donau, damals nannte man sie die Jahrhundertflut, zurück in das Ministerium. Rettler wurde Leiterin der Geschäftsstelle des Kuratoriums Fluchthilfe. Über mehr als zwei Jahre wurden für die Opfer der Flut Hilfen koordiniert, Programme für den Wiederaufbau geschaffen und viele Regelungen getroffen, die vor solch einer Katastrophe in Zukunft Schutz bieten sollten. Vorsitzender des Kuratoriums Fluthilfe war der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Es war eine besondere Freude, mit einer herausragenden Person der deutschen Nachkriegsgeschichte zu arbeiten. Danach stellte sich Rettler einer neuen Herausforderung: sie leitete den Personalbereich des Innenministeriums. Nach dem Regierungswechsel übernahm Rettler das Grundsatzreferat für öffentliche Sicherheit, eine zentrale Funktion für die Koordinierung der vielfältigen Aufgaben im Sicherheitsbereich.
Aber irgendwann wird es Zeit für neue Aufgaben. Rettler warf ihren Hut für die Funktion der stellvertretenden Direktorin des Bundesrates in den Ring. Der Bundesrat ist eines der fünf Verfassungsorgane in Deutschland. Neben Bundespräsident, Bundestag, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht ist der Bundesrat als Vertretung der Länder das föderative Bundesorgan. Im Bundesrat nehmen die Länder an der Gesetzgebung des Bundes teil. Die Leitung des Bundesrates wird vom Plenum gewählt. Es ist Aufgabe des oder der jeweiligen Präsidenten/tin, dem Plenum einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Länder übernehmen die Bundesratspräsidentschaft jeweils für ein Jahr. Die Reihenfolge beginnt in einem ewigen Kreis bei dem größten Land, das ist Nordrhein-Westfalen und endet bei Bremen. Nach fünf Jahren wurde Rettler zur Direktorin gewählt. Es war etwas völlig Neues für den Bundesrat: eine Frau gab es an der Spitze der Länderkammer noch nie.
Mit Engagement und Stolz führt Rettler die Bundesratsverwaltung seit nunmehr sieben Jahren durch Finanzkrisen und Pandemie. Bleibt da noch Zeit für Besuche aus Berlin in der Heimat? Die Familie Rettler kommt immer wieder gerne nach Mayen. Rettler freut sich aber auch sehr auf Besucher im Bundesrat in Berlin.

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