Claus Mehs

Der bekannteste Namensträger der Wittlicher Mehs-Familie ist sicherlich der Ehrenbürger Matthias Joseph Mehs (1893-1976). Aber zu Recht hat dessen Tochter Maria Wein-Mehs in sehr informativen Beiträgen im Kreisjahrbuch dokumentiert, dass bereits eine Generation zuvor aus dieser alteinheimischen Wittlicher Familie eine Persönlichkeit von überregionaler Bedeutung hervorging: der Architekt Claus Mehs,  ein Onkel des Altbürgermeisters.

Claus Mehs war 1866 noch im alten, vor nunmehr 100 Jahren abgerissenen Mehsenhaus geboren worden. Sein Vater Mathias war Sattler und Polsterer und betrieb zudem eine kleine Wirtsstube. Später errichtete dieser tatkräftige Handwerker am Wittlicher Schlossplatz das als Gasthaus Mehs bekannt gewordene Gebäude. Katharina Ehlen, die Mutter von Claus Mehs, war die Tochter eines Schmieds aus Bad Bertrich. Der Handwerkerspross Claus Mehs imponierte schon als Volks- und Realschüler mit seinen zeichnerischen Fähigkeiten. Da es sein Berufswunsch war, Baumeister zu werden, bewarb er sich beim späteren Trierer Dombaumeister Wirtz erfolgreich um eine Gehilfenstelle. An der Baugewerkschule in Idstein/Taunus schloss er die Baugewerksprüfung mit der Spitzennote „vorzüglich“ ab. Danach durfte der 22-Jährige mittels eines Stipendiums an die TH Hannover. Er wurde einer der Lieblingsschüler des berühmten Architekten Conrad Wilhelm Hase, der vor allem der gotischen Baukunst des Mittelalters, aber auch anderen historischen Baustilen größten Respekt entgegenbrachte – eine Wertschätzung, die der Student aus der Eifel mit ihm teilte. Wie damals üblich, begab sich Mehs nach dem Studium auf Wanderschaft und arbeitete dabei als Hospitant in den Ateliers herausragender Architekten seiner Zeit. Diese Lehr- und Wanderjahre fanden erst ein Ende, als sich der inzwischen Dreißigjährige erfolgreich in Frankfurt am Main niederließ. Er heiratete die Professorentochter Cläre Luthmer, deren Vater einer der angesehensten Architekten und Konservatoren der Mainmetrople war. Von Frankfurt aus entwarf Claus Mehs in den folgenden Jahren zahlreiche Bauten, vor allem repräsentative Villen und eindrucksvolle bürgerliche Wohnhäuser wie etwa das des L. Linden in Wittlich (Trierer Landstraße 14). Zunächst orientierte sich Mehs am Stil des Historismus, der von der Verwendung unterschiedlicher historischer Stilformen gekennzeichnet war, später beeinflussten ihn die Reformideen von Muthesius.

Maria Weins-Mehs hat eindringlich darauf hingewiesen, welch einschneidende Änderung der Erste Weltkrieg für den Eifler Baumeister Mehs bedeutete. Der Krieg führte zu einem drastischen Rückgang der Bautätigkeit; dem vorher so erfolgreichen freischaffenden Architekten gingen nun die Aufträge aus. Nicht weniger schmerzlich als die ökonomischen Schwierigkeiten erlebte er die in jene Jahre fallenden künstlerisch-ideologischen Umbrüche. In der Architektur der Zwanziger Jahre – Stichworte: Bauhaus, Neues Bauen – setzten sich Auffassungen durch, die vor allem Funktionalität und Rationalität betonten. Mit diesen Richtungen konnte sich der konservative Wittlicher nicht mehr anfreunden. Der 60-jährige Claus Mehs schrieb seinem Neffen Matthias Joseph: „Die gegenwärtige Zeit ist für uns etwas veraltet erscheinende Architekten recht kritisch …“ In diesen schwierigen Jahren widmete sich Claus Mehs vor allem der Denkmalarbeit. Von zahlreichen Bauten schuf er eindrucksvolle Zeichnungen, manchmal auch Gemälde, die diese Baudenkmäler sowohl in aktuellem als auch in gedanklich rekonstruiertem Zustand zeigten. In seinem letzten Lebensjahrzehnt fertigte er historisch wertvolle maßstäbliche Aufnahmen der Frankfurter Altstadt an. Auch seine Heimatstadt Wittlich, an der er sehr hing, verdankt den Aufnahmen und Zeichnungen von Claus Mehs viel.

Der als liebenswürdig und geistreich geschilderte Baukünstler zählte im Alter zu den Bewunderern Hitlers, ehe er erkannte, in welcher Katastrophe der NS-Staat endete. Vielleicht beeinflusst von der NS-kritischen Haltung seines Neffen, trat er jedoch nicht in die NSDAP ein, obwohl ihm dies materielle Vorteile gebracht hätte, die er gut hätte gebrauchen können. Der einst so gefragte, hochbegabte Architekt erlebte Armut und Hunger am eigenen Leib. Die Zerstörung der deutschen Städte im Bombenkrieg traf ihn bis ins Mark. Den Hungerwinter 1946/47 überstand Claus Mehs nicht mehr. Bald nach seinem 80. Geburtstag starb er eine Woche vor Weihnachten 1946.
    
Verfasser: Gregor Brand

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