Carl Georg Schillings

Als sich Carl Georg Schillings 1896 als Jagdgast der Ostafrika-Expedition seines Freundes, des eifelstämmigen Unternehmersohnes Max Schoeller, anschloss, war Afrika für Europäer ein noch weithin unerforschter und gefährlich-dunkler Kontinent. Um mit Großmächten wie dem Britischen Empire oder Frankreich mithalten zu können, hatte das deutsche Kaiserreich erst wenige Jahre zuvor dort Kolonien erworben. Die Europäer waren von dem unerschöpflich scheinenden Reichtum der Tierwelt ebenso überwältigt wie von ihrer Höherwertigkeit gegenüber der einheimischen Bevölkerung überzeugt. Afrika galt als Jagdparadies, in dem mutige Männer die eindrucksvollsten Trophäen gewinnen konnten. Von solcher Hoffnung auf beutereiche Jagdgründe war auch Carl Georg Schillings erfüllt.

Schillings war 1865 in Düren als Sohn des Gutsbesitzers Carl Schillings und dessen zweiter Ehefrau Johanna Antonia Brentano zur Welt gekommen; sein jüngerer Bruder Max wurde später als Komponist, Dirigent und Theaterintendant bekannt. Den Schillings gehörte der stattliche Weyerhof in Gürzenich bei Düren, dessen wald-, wasser- und wildreiche Ländereien einem naturbegeisterten Jungen wie Carl Georg ein geradezu fürstliches Betätigungsfeld boten. 1882 wechselte Carl Georg, der vorher nur Privatunterricht erhalten hatte, auf das Gymnasium zu Bonn, wo er ein Jahr später Abitur machte, um anschließend dort Ökonomie/Landwirtschaft zu studieren. Einige Semester später verließ er die Universität ohne Abschluss, offenkundig deshalb, weil ihm ein Landleben als Gutsherr und Pferdezüchter mehr zusagte. In der heimatlichen Nordeifel bildete sich der jagdbegeisterte Schillings zu einem Meisterschützen und exzellenten Reiter aus. 1895 gewann er ein Distanzrennen, bei dem nach einem Fußmarsch von 100 km eine ebenfalls 100 km lange Reitstrecke zu bewältigen war.

Vor diesem Hintergrund ist der mit der Afrika-Expedition 1896/97 beginnende neue Lebensabschnitt zu sehen. Obwohl Schillings an Malaria erkrankte und auch sonst auf den waghalsigen Jagdzügen durch Deutsch-Ostafrika öfters nur knapp dem Tod entkam, ließ ihn die Afrika-Begeisterung nicht mehr los. Der Eifler wurde zu einem bekannten Großwildjäger, dessen nach Europa zurückgebrachte Trophäensammlung selbst den trophäenverwöhnten Kaiser Wilhelm II. erstaunte. Für viele Menschen heute sind die begeisterten Schilderungen über das Erlegen von Löwen, Nashörner, Büffeln und anderen Tieren nur widerwillig zu ertragen – aber gerade diese gewandelte Sicht verdanken wir nicht zuletzt dem Eifler Schillings. Denn nach wenigen Jahren wandelte sich der Großwildjäger Schillings zu einem engagierten Naturschützer, der als einer der ersten forderte, die Tierwelt Afrikas zu schützen und vor der Ausrottung zu bewahren. Bei seinen weiteren Expeditionen verdrängten naturforscherische Absichten immer stärker das Jagdmotiv. Schillings arbeitete mit führenden deutschen Zoologen zusammen, die von den Präparaten, lebenden Tieren und Berichten, die der Dürener aus Afrika mitbrachte, begeistert waren. Schillings wurde mit dem Professorentitel ausgezeichnet und verschiedene Wildtierarten wurden nach ihm benannt. Sein Freund Professor Ludwig Heck, Direktor des Zoologischen Gartens Berlin, ermunterte ihn, die junge Technik der Tierfotografie in Afrika anzuwenden. Schillings wurde zum Pionier der Wildtierfotografie, die entscheidend zur Wertschätzung der afrikanischen Tierwelt beitrug. Trotz heutzutage kaum noch vorstellbarer Schwierigkeiten produzierte Schillings über 5000 Tierfotos von oft einmaligem Wert. Zahlreiche Wildtierarten wurden erstmals von ihm in freier Wildbahn aufgenommen und nicht nur seine Nachtaufnahmen von Löwen galten als sensationell. Seine mit solchen Fotos versehenen Bücher wurden international erfolgreich, nicht zuletzt auch in den USA. Kein Geringerer als US-Präsident Theodore Roosevelt sah in dem Eifler einen Forscher von Vorbildcharakter. Wer sich die exzellente Schillings-Biographie „Bwana Simba. Der Herr der Löwen“ von Manfred Becker mit ihren historischen Aufnahmen anschaut, kann den Respekt des Präsidenten für den Naturschutz-Pionier aus der Eifel verstehen.
Schillings starb 1921 im Alter von 55 Jahren in der Wohnung der 17 Jahre jüngeren Anna Meichow, mit der ihn schon lange eine Beziehung verband. Zeugin des tödlichen  Schlaganfalls war die achtjährige Margot Meichow, die erst nach dem Tod ihrer Mutter erfuhr, dass der große Afrikaforscher C. G. Schillings ihr Vater war.

Verfasser: Gregor Brand

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