Bernhard Stein

Die Reihe der bemerkenswerten historischen Phänomene, die mit der Eifel verbunden sind, reißt nicht ab. Oder ist es nicht erstaunlich, dass gleich zwei der wichtigsten Liturgie-Reformer der katholischen Kirche nach dem II. Vatikanischen Konzil Söhne Eifler Dorfschullehrer waren? Neben dem herausragenden Liturgiewissenschaftler Balthasar Fischer muss hier der „Liturgiebischof“ Bernhard Stein genannt werden. Wie Fischer hat er maßgeblich an der Neugestaltung der katholischen Liturgie mitgewirkt.

Der 1904 in Weiler bei Ulmen geborene Stein stammte aus einer großen Volksschullehrerfamilie. Sein Vater Nikolaus und seine Mutter Maria Eva (geb. Keßler) hatten für elf Kinder zu sorgen, von denen Bernhard das achte war. „Es ging arm zu daheim“, erinnerte sich Bischof Stein später an jene Zeit, als es in katholischen Familien als Sünde angesehen wurde, die Kinderzahl etwa aus ökonomischen Gründen zu beschränken. Armut bedeutete für die Stein-Kinder nicht, unglücklich zu sein. Im Gegenteil: „Aber wir waren froh miteinander“. Erst nach achtjähriger Volksschulzeit verließ der intelligente Junge allmählich die dörfliche Geborgenheit. Nach drei Jahren Gymnasium in Mayen begann mit dem Wechsel zum Trierer Friedrich-Wilhelm-Gymnasium jene Laufbahn, wie sie für so viele hoch begabte angehende Eifelpriester typisch war: Nach dem Abitur 1923 Aufnahme des Studiums von Theologie und Philosophie zunächst in Trier, dann der Wechsel nach Rom. 1926 promovierte der Eifler an der päpstlichen Universität Gregoriana zum Doktor der Philosophie, vier Jahre später wurde er auch Doktor der Theologie.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass der Lehrersohn für höhere wissenschaftliche Weihen vorgesehen war. Nach der Tradition der Trierer Kirche ließ Bischof Bornewasser den 1929 zum Priester geweihten Stein allerdings erst einmal als Seelsorger den Kontakt mit der Basis auffrischen. Nach zweijähriger Kaplanstätigkeit in Trier durfte Stein seine Studien in Rom fortsetzen (1932–1936), ehe er seine sehr gründliche theologische Ausbildung in Berlin und Münster abschloss. Gekrönt wurde dieser Abschluss mit einer weiteren Doktorarbeit und dem dritten Doktortitel. Sein mehrhundertseitiges Werk „Der Begriff Kebod Jahweh und seine Bedeutung für die alttestamentliche Gotteserkenntnis“ zeigt Steins Kenntnis der altbiblischen Sprachen und Geisteswelt. Die Studie findet bis heute unter Bibelwissenschaftlern Beachtung. Stein wurde nun Dozent, dann bis 1944 Professor am Trierer Priesterseminar. Während der Kriegsjahre wirkte er zudem als Pfarrer in Kanzem/Saar. Im Herbst 1944 wurde er im Schatten alliierter Bombenangriffe in Trier zum Weihbischof ernannt.

Es würde hier zu weit führen, all die zahlreichen Führungsfunktionen aufzuzählen, die Weihbischof Stein in den Nachkriegsjahrzehnten ausübte, ehe er 1967 als Nachfolger von Matthias Wehr Bischof wurde. Erwähnt werden muss jedoch seine Teilnahme am Konzil, da er bei diesem historischen Weltereignis nicht nur einflussreich mitwirkte, sondern das Konzil auch für sein Bischofsamt von zentraler Bedeutung wurde. Wie sich viele Eifler Katholiken noch erinnern, war es die Zeit unter Bischof Stein, die die großen Veränderungen brachte: Deutsch statt Latein, neuartige Kommunion-austeilung, Veränderung der Stellung des Priesters zur Gemeinde und vieles, vieles mehr. Während manche Gemeindemitglieder sich über neue Mitwirkungsrechte beim Gottesdienst freuten – bis hin zu den Mädchen, die jetzt Messdienerinnen werden durften – trauerten andere dem Verlust von Traditionen nach. Bischof Stein, der auch bundesweit führend für die Reformen eintrat, ging es dabei nicht um Äußerlichkeiten. Wie sein Freund Fischer glaubte er, dass es zum Urkern des Christentums gehöre, die Gläubigen möglichst aktiv am kirchlichen Leben zu beteiligen. Auch die Neugestaltung der Pfarrverwaltung – z. B. Bildung von Pfarrverbänden – fällt in die Zeit von Bischof Stein, der im Lauf seines Lebens alle Pfarreien des Bistums mehrfach besuchte und bestens kannte.

Im Mai 1981 reichte Bernhard Stein den Bischofsstab an Hermann Josef Spital weiter. Im Februar 1993 starb der mit vielen höchsten Auszeichnungen gewürdigte Ehrenbürger von Weiler und von Trier 88-jährig und wurde in der Krypta des Doms beigesetzt. Kenner der Bistumsgeschichte zählen den Eifler Bernhard Stein, den 100. Trierer Bischof, zu den Großen dieses hohen Amtes.

  
Verfasser: Gregor Brand
 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen