WEGE-Wandel erfolgreich gestalten!

Im April letzten Jahres startete Werner Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daun den Prozess WEGE – Wandel erfolgreich gestalten! Ziel des WEGE-Prozesses ist es, die Verbandsgemeinde Daun vor dem Hintergrund des demographischen Wandels zukunftsfähig aufzustellen. Die Vision für die Zukunft der VG Daun lautet: „In der Verbandsgemeinde Daun leben – in einer gesunden Welt zu Hause. Lebenswert–gesunder Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsstandort“.

In einer heute startenden Interviewserie spricht Werner Klöckner mit der Eifelzeitung über den WEGE-Prozess und die  Entwicklungsstrategie der VG Daun.

EZ: Nicht jeder unserer Leser ist mit dem Prozess WEGE – Wandel erfolgreich gestalten! vertraut. Können Sie kurz erläutern, um was es dort eigentlich geht?

W. Klöckner: Gerne! WEGE steht für „Wandel erfolgreich gestalten – ganzheitliche ländliche Strukturentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des demographischen Wandels“. Das hört sich kompliziert an, meint aber folgendes: Wir in der VG Daun – und das gilt im Übrigen auch für den gesamten Landkreis Vulkaneifel – werden weniger. Zum einen werden weniger Kinder geboren als Menschen sterben, zum anderen wandern gerade unsere jungen Menschen zunehmend in die Ballungsgebiete ab. Wir werden aber auch älter, d. h. wir werden auch aufgrund der längeren Lebenserwartung in Zukunft deutlich mehr ältere Menschen haben als jetzt. Wir müssen uns in unserer Verbandsgemeinde diesen Entwicklungen stellen und geeignete Anpassungs- und Umsteuerungsstrategien erarbeiten. Dazu haben wir im April letzten Jahres den WEGE-Prozess ins Leben gerufen, der mit europäischen Leader-Mitteln finanziell unterstützt wird.

EZ: Das ist ja nun eine Situation, die in vielen ländlichen Gemeinden zu beobachten ist. Worin unterscheidet sich Ihr Ansatz denn nun von denen anderer Kommunen?

W. Klöckner: Natürlich, Sie haben recht. Mit dem Problem sind wir nicht allein. Auch andere Kommunen müssen sich mit den Folgen des demographischen Wandels auseinander setzen und Anpassungsstrategien erarbeiten. Was den WEGE-Prozess von anderen Ansätzen unterscheidet, dazu komme ich gleich. Mein grundsätzlicher Ansatz war es, mir zunächst die Frage zu stellen: Wo sehe ich die Verbandsgemeinde Daun in 10,  20, in 30 Jahren bzw. wo möchte ich sie sehen? Was ist also mein Bild, meine Vision von der Zukunft? Ich halte es für entscheidend, dass wir eine Strategie aus einer Vision heraus finden und nicht nur aus der Problemlage heraus. Dies setzt viel Kreativität und zu Beginn noch ungeahnte Möglichkeiten frei. Und genau in diesem Prozess befinden wir uns. Die Vision der Verbandsgemeinde Daun ist: In der Verbandsgemeinde Daun leben – in einer gesunden Welt zu Hause. Lebenswert–gesunder Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsstandort. Zur Umsetzung der Vision haben wir die demographiesensible Entwicklungsstrategie erarbeitet. Hier finden sich zwölf Handlungsfelder, die wir in Zukunft mit Leben erfüllen wollen.

EZ: Ein interessanter Ansatz. Doch nun zu den Besonderheiten des WEGE-Prozesses.

W. Klöckner: Eine Besonderheit ist sicherlich der breit angelegte Prozess der Bewusstseinsbildung und Beteiligung in den Ortsgemeinden der VG Daun. Zunächst ging es darum, deutlich zu machen, was die Auswirkungen des demographischen Wandels konkret bedeuten können, wenn wir heute nicht beginnen zu handeln. Leer stehende Häuser bis hin zu verödeten Ortskernen, in denen der Briefkasten, die Kirche und die Bushaltestelle die einzig verbliebene Infrastruktur darstellen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Hierzu haben wir vor allem ganz viele Gespräche geführt, Experten waren in jedem Dorf und haben das Gespräch mit den Ortsbürgermeistern und  Gemeinderatsmitglieder gesucht. Die Bürgerinnen und Bürger hatten in mehreren WEGE vor Ort-Veranstaltungen die Möglichkeit, ihre Ideen zur Strategieentwicklung einzubringen. Wir haben uns also gerade zu Beginn des Projektes besonders viel Mühe in der Prozessarbeit gegeben. Wir müssen möglichst viele Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, sich selber an der Gestaltung der Heimat und damit ihrer Zukunft im Dorf und in der Stadt zu beteiligen. Nur dann kann der Umsteuerungsprozess gelingen. Natürlich muss auch die gesamte Kommunalpolitik als Partner des WEGE-Prozesses gewonnen werden. Alle 37 Ortsgemeinderäte und der Stadtrat haben in einem ersten Schritt beschlossen, zukünftig demographiesensibel agieren zu wollen. Sie sind „WEGE-Dörfer“ bzw. WEGE-Stadt“ geworden. Das finde ich beachtlich.

EZ: Welche Bedeutung hat denn in einem solchen Prozess die Kommunikation?

W. Klöckner: Eine sehr große, eine entscheidende Bedeutung. Daher freuen ich mich besonders über die Möglichkeit durch eine Interviewserie aus dem Prozess berichten zu können. Denn aus meiner Sicht ist es so: Veränderung entsteht im Kopf. Verändertes Verhalten setzt verändertes Denken voraus. Und hier gilt es viele Bürgerinnen und Bürger zu informieren und hoffentlich auch mitzunehmen. Eine Kommunikation des Wandels ist mir daher sehr wichtig. Wir legen Wert auf eine gemeinsame Sprache, hohe Präsenz in den Medien und regelmäßige Veranstaltungen, auf denen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger informieren können. Hierbei haben wir auf die grundsätzlichen Erfahrungen in der Kommunikation von Veränderungsprozessen aufgebaut. Es kommt auf drei Dinge an: 1. eine Vision von der Zukunft, 2. Geschichten, die diese Vision bildlich machen und mit Emotionen besetzen und 3. Menschen, die hinter diesen Geschichten stehen und sie mit Begeisterung erzählen können.

EZ: Das ist mir immer noch zu theoretisch. Zeichnen Sie uns doch mal ein Bild, wie Sie es meinen.

W. Klöckner: Das möchte ich gerne an einem Beispiel machen. Dieses Jahr steht der WEGE-Prozess unter dem Themenschwerpunkt „altersgerechte Dörfer“. Meine Vision eines altersgerechten Dorfes ist Folgende. Die alten Menschen sind in das soziale Netz des Dorfes gut eingebunden, können möglichst lange und selbst bestimmt in ihren eigenen, barrierefreien Häusern leben, wir haben Seniorengenossenschaften die eine Betreuung sichern, jung und alt lebt nebeneinander, Nachbarschaftshilfe funktioniert. Die „jungen Alten“ bringen ihre Lebenserfahrung wie selbstverständlich aktiv in das Dorf ein,  – um nur ein paar Ausschnitte aufzuzeigen. Jetzt könnten Sie sagen: „Das haben wir doch schon und wenn einer nicht mehr alleine zu Hause leben kann, geht er eben ins Altersheim“. Das ist zum Teil richtig. Tatsache ist aber auch, dass in manchen Dörfern in ganzen Straßenzügen nur noch alleinstehende Ältere wohnen, oft die Versorgung und erst recht die Betreuung ein großes Problem ist – nicht alle können eine Polin bezahlen – und viele vereinsamt sind. Das wird jedoch viel schlimmer, wenn wir nicht handeln. Und so viele Altenheimplätze wie zukünftig erforderlich würden können wir uns gar nicht leisten.

In Kürze beginnt die Veranstaltungsreihe „AusWEGE“, mit der wir verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Die erste AusWEGE-Veranstaltung ist am 17. März.  Wir zeigen interessierten Bürgerinnen und Bürgern, was Seniorengenossenschaften leisten und stellen die Frage, ob dieser Ansatz auch für unsere Ortsgemeinden interessant sein könnte.
Ich denke, im Laufe der Interviewserie wird das Bild von der Zukunft unserer VG deutlich werden. Die einzelnen Handlungsfelder der Entwicklungsstrategie kann ich dabei ja vorstellen.

EZ: Vielen Dank für das Gespräch.

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