WEGE: VG Daun – engagiert!

Im April letzten Jahres startete Werner Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daun, den Prozess WEGE – Wandel erfolgreich gestalten! Ziel des WEGE-Prozesses ist es, die Verbandsgemeinde Daun vor dem Hintergrund des demographischen Wandels zukunftsfähig aufzustellen. Die Vision für die Zukunft der Verbandsgemeinde Daun lautet: „In der Verbandsgemeinde Daun leben – in einer gesunden Welt zu Haus. Lebenswert-gesunder Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsstandort“.

In unserer Interviewserie spricht Werner Klöckner mit der Eifelzeitung über den WEGE-Prozess und die Entwicklungsstrategie der Verbandsgemeinde Daun.

EZ: Heute steht das Handlungsfeld „VG Daun – engagiert!“ im Mittelpunkt unseres Gesprächs. Es geht doch darum, was jeder Einzelne zur Gestaltung des Wandels beitragen kann. Das wird häufig mit dem Vorwurf verbunden, die öffentliche Hand wälze ihre Aufgaben auf das Ehrenamt ab. Wie stehen Sie dazu?

Klöckner: Es ist tatsächlich so, dass der Staat heute in der Fläche nicht mehr alles regeln kann. Bürger müssen sich zunehmend einbringen. Denn viele Angebote werden zukünftig nur durch bürgerschaftliches Engagement aufrecht zu erhalten sein. Klar ist aber auch, dass das Ehrenamt nicht sämtliche Aufgaben der Kommune übernehmen kann. Die öffentliche Hand bleibt selbstverständlich in der Verantwortung. Ehrenamt kann kein Ersatz sein, aber eine gute Ergänzung. Wir sind alle aufgerufen, uns wieder stärker verantwortlich für unsere Heimat zu fühlen. Die Aufgabe der Kommunen ist, neben ihren originären Aufgaben das Engagement der Menschen zu unterstützen.

EZ: Welche Ansätze zur Förderung des Ehrenamts verfolgen Sie denn im WEGE-Prozess?
Klöckner: Wir denken über verschiedene Ansätze nach, die wir nach und nach angehen wollen. Damit will ich allerdings nicht vernachlässigen, dass wir unverändert ein beträchtliches ehrenamtliches Engagement haben. Sehen Sie zum Beispiel die Dauner Tafel, bei der seit mehr als drei Jahren von einer großen Zahl von Ehrenamtlern Woche für Woche Lebensmittel eingesammelt, sortiert und ausgegeben werden. Eine ganze Reihe der für die Tafel Tätigen ist aus dem Berufsleben ausgeschieden und sieht darin einen sinnvollen Einsatz. In dieser Altersgruppe steckt jedoch noch enormes Potential. Wer aus dem Berufsleben ausgeschieden ist, ist oft noch voller Energie und wartet vielleicht nur darauf, angesprochen zu werden. Sie können ihre Berufs- und Lebenserfahrung, die ja unheimlich wertvoll ist, sinnvoll einbringen. Diese Gruppe sollten wir gezielter ansprechen. In eigentlich allen Dörfern haben wir auch die Erfahrung, dass bei Baumaßnahmen, zum Beispiel bei den Feuerwehrhäusern, Eigenleistungen erbracht werden. Aktuell ist dies z. B. bei den Bürgerhäusern Sarmersbach und Steinigen der Fall. Es gibt im Übrigen eine generelle Entwicklung, dass Menschen für zeitlich befristetes oder punktuelles Engagement gewonnen werden können. Diese Gruppe möchte sich nicht unbedingt länger, zum Beispiel durch eine Vereinsmitgliedschaft binden. Solche projektbezogenen, zeitlich begrenzten Engagementformen wollen wir gezielter in Zusammenarbeit mit Vereinen und den Kirchen entwickeln. In diesem Zusammenhang denken wir über Freiwilligenagenturen und Kompetenzteams nach. Die bereits in Meisburg bei unserer ersten AusWEGE-Veranstaltung vorgestellte Seniorengenossenschaft steht auch in diesem Kontext.

EZ: Ehrenamtliches Engagement scheint Ihnen ja sehr wichtig zu sein. Sind Sie selber ehrenamtlich tätig?
Klöckner:  Meine erste Vorstandsaufgabe in einem Verein habe ich mit 15 Jahren erhalten. Seit dem habe ich die unterschiedlichsten Ehrenämter übernommen bzw. nehme heute solche wahr. Dies ist eine ganze Menge, auf örtlicher, regionale oder überregionaler Ebene. So bin ich beispielsweise seit 1994 Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Daun, auf überregionaler Ebene zum Beispiel Vorsitzender des Tourismus- und Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz. Bei der Auswahl dieser Ämter achte ich darauf, dass sie auch etwas für meine Verbandsgemeinde bringen. Aus meiner langjährigen Erfahrung möchte ich zudem sagen: Ehrenamt ist eine persönliche Bereicherung und macht ganz häufig einfach auch Spaß. Man lernt andere Menschen kennen, kann vieles lernen und erweitert seinen Horizont. Ehrenamt bedeutet also nicht nur, etwas für die Gemeinschaft zu tun, sondern es ist auch völlig o.k., wenn man etwas für sich selbst mitnehmen möchte.

EZ: Kann diese Einstellung nicht auch dazu genutzt werden, Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen oder zu binden?
Klöckner:  Diesen persönlichen Gewinn durch das Ehrenamt sollte man in der Tat stärker hervorheben und auch konkret gewährleisten. Aktuell wollen wir dies dadurch, dass wir den ehrenamtlich Tätigen Fortbildungsmöglichkeiten bieten. Eine Abfrage, die sich insbesondere an Vereine und an die in der Kommunalpolitik Tätigen gerichtet hat, zeigt tatsächlich ein hohes Fortbildungsinteresse. Die Abfrage bezieht sich auf Schulungsmaßnahmen in den Themenfeldern Moderation, Präsentation, Projektmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, professionelles Management von Ehrenamtlichen und Rhetorik. Kompetenzen, die damit vermittelt werden, kann jeder auch für seinen privaten und beruflichen Bereich nutzen. Für die in der Jugendarbeit Engagierten wollen wir noch weiter gehendere Fortbildungsmaßnahmen bieten. Diese beziehen sich konkret auf den Umgang mit Kinder und Jugendlichen, auf das Leiten von Gruppen, Gruppenprozesse und Konfliktmanagement. Mit solchen Angeboten wird auch der ehrenamtliche Einsatz honoriert. Ich denke, dass wir ohnehin zu einer Anerkennungskultur kommen müssen.

EZ: Was meinen Sie mit Anerkennungskultur?
Klöckner:  Es geht darum, dass die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements für unser Gemeinwesen wahrgenommen wird. Sicherlich gibt es seit eh und je Ehrungen und Auszeichnungen, was selbstverständlich ist. Diese äußeren Anerkennungen und Wertschätzungen – mögen sie noch so positiv sein – machen jedoch noch keine Anerkennungskultur aus. Sie muss vielmehr auf einem gemeinsamen Konsens aller gesellschaftlichen Bereiche beruhen, vor allem derjenigen, die durch ehrenamtliches Engagement erwachsene Leistungen wie selbstverständlich ohne Gegenleistung entgegennehmen und Dank und Anerkennung vermissen lassen. Es muss das Bewusstsein geschaffen werden, was Ehrenamt alles leistet. Vielleicht sollten die ehrenamtlich Engagierten einige Monate ihr Engagement einstellen, damit Politik, Wirtschaft und Bürger erkennen, dass Ehrenamt ein unverzichtbares Element unserer Gesellschaft ist. Ich behaupte, weite Bereiche unseres kulturellen, sportlichen und sozialen Lebens würden wegbrechen, Feuerwehr und Katastrophenschutz würden nicht mehr funktionieren. Anerkennung muss daher auf immaterielle Wertschätzung gründen. Materielle Zeichen und Zuwendungen können und sollen diese ergänzen. Wertschätzung und Anerkennung bedeuten z. B., ein Dankeschön zu sagen, Zufriedenheit zum Ausdruck zu bringen oder auch ein kleines Präsent parat zu haben, wenn man ehrenamtliches Engagement erfährt oder wenn es gewürdigt wird. So war ich am vergangenen Samstag auf der Frühjahrsversammlung der Feuerwehr Daun.

Den ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern des Fördervereins und Führungskräften der Feuerwehr wurde aufrichtig Dankeschön gesagt und ein Präsent überreicht. Wenn deren langjähriges Wirken auch noch von der Allgemeinheit nicht wie selbstverständlich gesehen, sondern hoch geschätzt und gewürdigt wird, sind wir auf dem Weg zu einer Anerkennungskultur. 

EZ: Wir danken für das Gespräch.

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