Lampenfieber vor jeder Lesung

Prüm. (ak) Das Eifel-Literatur-Festival zieht die Großen der Literaturwelt in die Region und zählt zu den bedeutendsten Autorenevents in Deutschland. Doch bei aller Professionalität ist das Festival für den ehrenamtlichen Organisator Josef Zierden auch in der zehnten Auflage keine Routine.

EAZ: Haben Sie noch so etwas wie Lampenfieber vor den Veranstaltungen oder ist mit langjähriger Erfahrung schon klar, dass alles gut über die Bühnen läuft?
Zierden: Lampenfieber ist immer dabei. Wenn Ihnen eine Legende wie Nobelpreisträger Günter Grass erstmals im Leben entgegentritt, dann schlottern schon mal die Knie. Wie sehr eine Veranstaltung gelingt, im Zusammenspiel von Autor und Publikum, ist immer neu unberechenbar. Der Autor ist immer anders, das Publikum ist immer anders. Da bleibt Raum genug für produktives Lampenfieber. Es spornt an zum Gelingen.

EAZ: Woher nehmen Sie die Ideen und Inspirationen für gleichwertigen Ersatz, wenn kurzfristig ein Autor ausfällt, was in der aktuellen Planung ja leider bei Wolfgang Niedecken der Fall ist? Für ihn kommt nun Richard David Precht.
Zierden: Das ist eine enorme Herausforderung. Einen großen Autor gewinnen und das kurzfristig – das ist eigentlich ein Widerspruch in sich oder ‚mission impossible’. Die ‚Großen’ sind sehr gefragt, die laben lange im Voraus Termine. Ein Anselm Grün nimmt nicht mal jede zwanzigste Anfrage an! Zudem: Nur wenige Autoren haben das Potenzial, einen sehr großen Saal wie die Stadthalle Bitburg mit mehr als 800 Leuten zu füllen. Da winken die meisten angefragten Verlage gleich ab. Publikumsmagneten gibt es nur wenige – das schränkt die Suche ein. Die wollen gewonnen werden – das ist die Herausforderung. Precht nimmt nur wenige Lesungstermine bundesweit wahr. Umso schöner, dass er kurzfristig zugesagt hat. Ohne den tollen Ruf des Festivals bei Verlagen und Autoren hätte das nie und nimmer geklappt.

EAZ: Hat man schon in anderen deutschen Regionen versucht, Sie als Festivalorganisator aus der Eifel fortzulocken und anderswo etwas Vergleichbares aufzubauen?
Zierden: Klares Nein. Literaturfestivals dieser Größenordnung und Prominenz gibt es allenfalls ein gutes Dutzend in der Bundesrepublik – und durchweg von Hauptamtlichen im Kulturbereich. Dass ein solches Festival nebenberuflich und ehrenamtlich organisiert wird, mag kaum einer glauben. Autoren sind baff, Verlage auch – und beide Gruppen unterstützen mich umso leidenschaftlicher. Denn es geht um Leidenschaft für Literatur, nicht um Kommerz. Und ein so interessiertes Publikum wie in der Eifel finden die Autoren selten. Selbst am Ende langer Lesereisen geraten die Autoren in Entzücken in der Eifel und finden die Atmosphäre einer Lesung sowie die Signierschlangen danach als einzigartig. Familiär wie beruflich gehöre ich in die Eifel, und da bleibe ich auch!

EAZ: Bekommen oder wünschen Sie über das Engagement der bekannten Sponsoren hinaus auch Unterstützung von Branchenriesen wie Bertelsmann, der Stiftung Lesen oder vom Kultusministerium?
Zierden: Das Kultusministerium mit Ministerin Doris Ahnen und Staatssekretär Walter Schumacher an der Spitze ist immer mein wichtigster Unterstützer gewesen. Die genannten ‚Großen’ bis hin zum Staatsminister für Kultur im Kanzleramt konzentrieren sich mehr auf die großen Metropolen. Große Summen für große Städte. Die so genannte Provinz muss von einigen Herren wohl erst noch entdeckt werden.

EAZ: Spielen Sie mit dem Gedanken, auch einmal die Übersetzer und Lektoren internationaler Autoren zu Wort kommen zu lassen?
Zierden: Bei internationalen Autoren wie Simon Beckett sind die deutschen Original-Übersetzer durchaus schon mal dabei. Im Vordergrund stehen für mich aber die Original-Schöpfer, die Dichter selbst, nicht die Nach-Schöpfer und Werkbegleiter. Wäre eine gute Idee, aber bei nebenberuflicher Organisation muss man sich beschränken können.

EAZ: Sind flankierende Schreibworkshops für angehende Autoren und Kontaktbörsen zu Verlagen möglich oder angedacht?
Zierden: Der Möglichkeiten sind viele und ich werde nicht zuletzt von allen erdenklichen Autoren immer wieder damit konfrontiert. Aber im Bereich der Literatur in dieser Region und in dieser Republik ist das Eifel-Literatur-Festival nur ein Baustein. Es gibt Büchereien, es gibt Volkshochschulen und viele andere Kultureinrichtungen mit hauptamtlichem Personal: Die dürfen gern ergänzend und flankierend tätig werden, bis hin zur Nachwuchsförderung. Mit den geplanten ‚Sternstunden der Literatur 2012’ bin ich hinreichend in Anspruch genommen. Die ganz Großen der Literaturwelt national und international kommen in die Eifel – damit bescheide ich mich.

Tipp: Tickets auch für die im Sommer oder Herbst stattfindenden Lesungen des Eifel-Literatur-Festivals sind jetzt schon bei 400 Vorverkaufsstellen von Ticket Regional sowie in den Geschäftstellen der Eifel-Zeitung in Daun und Wittlich erhältlich. Bereits jetzt sind einige Veranstaltungen ausverkauft, so dass sich frühzeitige Reservierung empfiehlt. Infos über das Programm gibt es unter www.eifel-literatur-festival.de

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