Interview: Heike Bohn: „Wir brauchen Autobahn- und Breitbandanbindung“

Die Eifel-Zeitung fragt die parteilose Bürgermeister-Kandidatin zu Themen, die unsere Leserinnen und Leser sicherlich interessieren. 

EAZ: Frau Bohn, sind Handel, Industrie und Wirtschaft mit den Rahmenbedingungen im Hillesheimer Land zufrieden? Was haben die Verbandsgemeinde und ihre Bürgermeisterin in der Vergangenheit unternommen, um für ein mittelstandsfreundliches Klima zu sorgen?

Heike Bohn: Ich denke schon, dass die Unternehmen mit den Rahmenbedingungen in unserer Verbandsgemeinde zufrieden sind – zumindest so weit diese beeinflussbar sind. Gegenteilige Äußerungen höre ich selten. Natürlich ist ein immer wieder genanntes Problem die grundsätzliche Bürokratie, der die Unternehmen ausgesetzt sind – Stichwort: Statistiken, unzureichende DSL-Verbindungen oder der fehlende Lückenschluss der A 1. Hier drängen wir seit Langem auf einen umgehenden Weiterbau. Genauso wichtig für die Unternehmen ist eine vernünftige Breitbandanbindung; Hillesheim ist hierbei recht unproblematisch, in Wiesbaum konnten wir diese auch schon vor einigen Jahren realisieren. Die meisten unserer Gemeinden werden im Laufe dieses Jahres über eine 50MB-Leitung verfügen.

Wir sind auf die mittelständischen Unternehmen angewiesen – und das wissen Rat und Verwaltung im Hillesheimer Land. Wir sehen die Betriebe als unsere Partner und als besondere Kunden an und haben stets ein „offenes Ohr“ für deren Belange. Ein Vorteil ist sicher, dass ich, bevor ich Bürgermeisterin wurde, in der Industrie gearbeitet habe und danach selbstständig war und dadurch ein ganz anderes Verständnis habe. Wir haben mit Stefan Mertes einen versierten Wirtschaftsförderer. Er ist – neben mir – der zentrale Ansprechpartner für Unternehmen und Existenzgründer Bei unterschiedlichsten Problemstellungen und Herausforderungen werden wir zu Rate gezogen und schaffen es, schnell und unbürokratisch weiter zu helfen – und das zu fast jeder Tageszeit. Wir unterstützen die Unternehmen bei Behördenkontakten, organisieren Runde Tische, knüpfen Kontakte zu Verwaltungen und Ministerien. Ganz intensiv geschieht das bei einer Neugründung, einer Betriebserweiterung, einer Neuansiedlung oder bei Bauantragsverfahren. Wir versuchen, Unternehmen zusammen zu bringen, indem wir sie als Lieferanten oder Kunden für andere Betriebe ins Spiel bringen. Unser Engagement wird wahrgenommen und geschätzt. Das hat auch die Unternehmerbefragung im Rahmen der Lokalen Agenda bewiesen, an der sich fast 200 Firmen beteiligten. Darüber hinaus ist die Verbandsgemeinde Hillesheim in den Jahren 2006 und 2010 jeweils als „Mittelstandsfreundliche Kommune“ vom Land Rheinland-Pfalz ausgezeichnet worden. Bei diesem Wettbewerb entscheiden die Unternehmen, denn sie schlagen die Kommunen für die Auszeichnung vor.

EAZ: Mit dem Industrie- und Gewerbepark sowie dem HIGIS in Wiesbaum wurden gute Bedingungen für Industrieansiedlungen und Existenzgründer geschaffen. Wie sehen Sie die weitere Zukunft? Zahlt  sich das beträchtliche Investitionsvolumen auch aus?

Heike Bohn:
Ja, das tut es. Natürlich ist in den vergangenen 15 Jahren trotz massiver Unterstützung des Landes viel Geld aus der Verbandsgemeinde dorthin geflossen. Aber seit Entstehung des Industrie- und Gewerbeparkes Ende der 90er Jahre sind dort mehr als 300 Arbeitsplätze entstanden. Das sind 300 Menschen, die nicht mehr täglich weit pendeln müssen, sondern vor Ort einen Arbeitsplatz gefunden haben. Viele Unternehmen sind aus angrenzenden Kommunen, insbesondere aus NRW, bei uns ansässig geworden. Mit dem HIGIS verfügt das Hillesheimer Land über Existenzgründerzentrum, das permanent sehr gut ausgelastet ist und in dem schon viele erfolgreiche Neugründungen vollzogen wurden. Und durch die direkte Nachbarschaft der Betriebe haben sich schon viele erfolgreiche Kooperationen und Synergieeffekte ergeben. Daneben sind aber auch die anderen Industrie- und Gewerbegebiete, ob in der Stadt Hillesheim oder in den anderen Gemeinden wichtig und werden von uns genauso engagiert unterstützt. Mit ihren unterschiedlichen Ausrichtungen können die ansiedlungswilligen Unternehmen unter den verschiedensten Möglichkeiten wählen. Durch diese Konstellation sind wir für die Zukunft gut aufgestellt, denn ein Blick in die Nachbarschaft zeigt, dass es fast nirgendwo mehr größere zusammenhängende Gewerbeflächen gibt. Somit kann – auch bei der anstehenden Kommunal- und Verwaltungsreform – der Standort Wiesbaum in Zukunft noch sehr viel stärker wachsen

EAZ: Ihre Mitbewerberin kritisiert, dass Sie sich bei eegon, der Eifeler Energiegenossenschaft, engagieren und dort Mitglied im Aufsichtsrat sind. Ihnen wird vorgeworfen, wirtschaftliche Interessen mit Ihrem Amt zu verbinden. Stimmt das?

Heike Bohn: Nein, das stimmt nicht und ist eine böswillige Unterstellung. In der Tat bin ich Mitglied der eegon und Mitglied des Aufsichtsrates, dafür gibt es aber keine Vergütung, sondern ich tue dies ehrenamtlich – wie auch die anderen Aufsichtsratsmitglieder und der Vorstand. Kurz zur Geschichte der eegon: Sie ist aus der Lokalen Agenda der Verbandsgemeinde Hillesheim entstanden und hat mittlerweile rund 250 Mitglieder. eegon hat inzwischen rund eine Million Euro in Photovoltaik-Anlagen investiert, die alle von ortsansässigen Fachbetrieben gebaut wurden. Zu den eegon-Mitgliedern zählen u. a. die Verbandsgemeinden Hillesheim, Obere Kyll und Daun, der Landkreis Vulkaneifel, ebenso die Gemeinden Blankenheim, Nettersheim und Wiesbaum. Einige Genossenschaftsbanken der Region sind mit von der Partie – ebenso wie Frau Lemke, unsere neue Wirtschaftsministerin. eegon ist ein Projekt von Bürgern für die Bürger. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich am Potenzial der regenerativen Energien zu beteiligen. Und so lange eegon nicht mit den Gemeinden verhandelt wegen gemeinsamer Projekte, gibt es bei mir auch keine Interessenskollisionen.

EAZ: Am Thema „Kommunaler Windpark“, den einige Gemeinden gemeinsam realisieren wollen, scheiden sich die Geister. Eine Bürgerinitiative ist aktiv. Wie beurteilen Sie dieses Vorhaben?

Heike Bohn:
Ein Windpark kann – unter bestimmten Voraussetzungen – ein interessantes und zukunftsträchtiges Projekt werden. Natürlich darf Niemand geschädigt werden durch Windräder, der Planungs- und Umsetzungsprozess muss korrekt ablaufen, die Ertragsmöglichkeiten gerecht verteilt werden und die vor-Ort-Betroffenen – sowohl Bürgerinnen und Bürger, als auch Gemeinden – müssen bestmöglich partizipieren. Das geht nur in einem engen Schulterschluss aller Gemeinden, sowohl derer, die Windkraft realisieren wollen, als auch derer, die das nicht wollen. Zu allererst müssen aber die Vorgaben des Landes in Sachen Windkraft konkretisiert werden, dann können wir vor Ort weiter denken. Wichtig ist auf jeden Fall, dass nicht auf jedem Berg oder Erhebung einzelne Windräder aufgestellt werden. DieWindkraft – sofern Gemeinden und Bürgerinnen und Bürger das wollen – muss konzentriert in Windparks genutzt werden, die sich nicht an Gemarkungsgrenzen orientieren. Insgesamt sollten wir dieses Thema mit der gebotenen Vernunft und Sachlichkeit angehen und nichts überstürzen. Die Bürgerinitiative „Sturm im Wald“ setzt sich sehr kritisch mit der Windpark-Idee auseinander, das ist richtig und wichtig. Die bisherigen Gespräche – sowohl mit den Gegnern, als auch mit den Befürwortern – zeigen, dass die Menschen sich sehr viele Gedanken über die Entwicklung und Zukunft ihrer Heimat machen.
 
EAZ: Die Verbandsgemeinde setzt schon lange auf regenerative Energie. Was wurde bereits realisiert? Wo sehen Sie die Vorteile, wenn Schulen zum Beispiel mit Holzhackschnitzeln beheizt werden?
 
Heike Bohn: In allen drei Schulzentren heizen wir mit Hackschnitzeln, viele Gemeindehäuser werden mit Holzpellets geheizt. Wir betreiben drei Photovoltaik-Anlagen und haben freie Dachflächen zur Stromerzeugung verpachtet. Im Lehrschwimmbecken arbeitet ein Blockheiz-Kraftwerk, in der Kläranlage Hillesheim ebenso. Dort wird überschüssiges Klärgas verbrannt und liefert Strom und Wärme. Es ist zum einen natürlich der Umweltschutz-Aspekt, denn Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der CO2-neutral zum Heizen verwendet werden kann. Zum zweiten können diese Hackschnitzel aus dem Holz der Gemeindewälder produziert werden. Die Wertschöpfung bleibt also vor Ort und zudem ist die Lieferung gesichert. Und zum Dritten sind alle diese Heizanlagen wesentlich effizienter als die, die vorher in unseren Schulzentren gearbeitet haben und somit sparen wir Geld. Wichtig ist aber die Energieeinsparung und auch hier können wir stolz auf unsere Einrichtungen blicken; in den vergangenen Jahren wurden viele Sanierungsmaßnahmen wie Wärmedämmungen oder Fenstererneuerungen durchgeführt.
 
EAZ: Herzlichen Dank für das Gespräch.
 

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