Interview: Wertschöpfung durch Wertschätzung

In 2010 startete in der Verbandsgemeinde Daun der WEGE-Prozess. WEGE steht für Wandel erfolgreich gestalten. Im Zuge dessen waren Interessierte für den 24. August 2012 ins Forum Daun eingeladen, um den Vortrag „Inwertsetzungsmarketing für Familien, Betriebe, Orte und Regionen – Wertschöpfung durch Wertschätzung“ von Roman Schmidt zu hören. Roman Schmidt ist im Steirischen Vulkanland für das dortige Inwertsetzungsmarketing zuständig und Inhaber der Werbeagentur Conterfei. Das Steirische Vulkanland betreibt seit 20 Jahren einen sehr erfolgreichen und nachhaltigen Regionalentwicklungsprozess.

Die Eifel-Zeitung nutzte die Gelegenheit, mit ihm ein Interview zu führen.

EAZ: Herr Schmidt, was ist Ihre Aufgabe im Steirischen Vulkanland?

Roman Schmidt: Ich bin im Steirischen Vulkanland für die Regionsmarkenentwicklung zuständig und beschäftige mich im Zuge dessen mit der Thematik des „Inwertsetzungsmarketings“. Wir haben im Vulkanland früh erkannt, dass regionale Wertschöpfung nur durch regionale Wertschätzungsprozesse stimulierbar ist. So legten wir großes Augenmerk darauf, mit allen uns verfügbaren Mitteln und Möglichkeiten die Wertschätzung zurück in die Region zu bringen. „Was hier wächst und entsteht, hat Wert“ war von Beginn weg ein wesentliches Motto der regionalen Entwicklung. Würde und Wert für das Steirische Vulkanland, das war und ist das wesentliche Ziel für unsere Zukunftsfähigkeit. Damit kommt die Handlungsbereitschaft zurück in den ländlichen Raum, denn nur, was man als wertvoll erachtet, ist man auch bereit zu pflegen. Nur in Wertvolles wird investiert.

EAZ: Wie funktioniert das Inwertsetzungsmarketing konkret?

Roman Schmidt: Das zentrale Element des Inwertsetzungsmarketings ist die Sprache. Eine Weisheit, die auf den Talmud zurückgeführt wird, besagt: „Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden zu Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn Sie werden zu Gewohnheiten. Achte auf deinen Gewohnheiten, denn Sie werden zu deinem Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn der wird zu deinem Schicksal.“ Diese für jedermann sehr einleuchtende Kausalität beherzigen wir in unserer Entwicklung.

Wir haben gelernt, unsere Sprache zu fokussieren, auf Zukunft, auf Möglichkeiten, auf Wertschätzung. Wir haben aber auch früh erkannt, dass Sprache nur dann Wirkung hat, wenn sie gehört wird. Intensive, breite Öffentlichkeitsarbeit ist daher eine Grundvoraussetzung für eine breit angelegte regionale Entwicklung. Wir werden täglich mit Werbung überschüttet. Auch hier bleibt die Wirkung nicht aus. Die „Zuvielisation“ hat uns fest im Griff. Auch als Regionalentwickler ist man mit der Herausforderung konfrontiert, Botschaften in den Köpfen der Menschen zu verankern. Dabei geht es nicht nur um das Wort, sondern auch um die damit verbundene Energie. Worte müssen authentisch sein, müssen im eigenen Leben in die Realität gebracht werden. Das ist auch eine große politische Herausforderung.

EAZ: Ist das nicht auch der Traum von einer heilen Welt? Wir sind doch auch globalen Mechanismen und Einflüssen ausgesetzt.

Roman Schmidt: Den Traum von der heilen Welt, viele träumen ihn. Doch haben wir überhaupt einen Einfluss auf die heile Welt? Sind wir damit nicht überfordert? Ist die Herausforderung nicht zu groß? Können wir diesem Traum nicht nur ohnmächtig gegenüber stehen? Beginnt die Welt beim anderen, dann wird die Vision einer heilen Welt wohl unerreichbar bleiben. Beginnt die Welt aber bei uns selbst, so werden sich mit jedem Tag neue Möglichkeiten auftun, um unsere Welt lebenswerter zu gestalten.
Die Welt ist zu aller erst unser Lebensraum, unser persönliches Umfeld. Wer vorm Fernseher ins Elend der weltweiten Nachrichten blickend die Verantwortung abgibt, verspielt sein Mandat auf die eigene heile Welt. Jeder ist für seine Welt verantwortlich.

Mit der Selbstverantwortung kommt schließlich die Gestaltungskraft zurück; zurück in die eigene Lebenswelt. Jede Region ist Teil der Welt und jedenfalls die Lebenswelt tausender Bürger. Regionen heilen wie Menschen, durch das Erkennen der Ursache und des Heilungsweges. Regionen tut, so wie Menschen, die tägliche Wertschätzung gut. Das lateinische Wort „benedicere“ bedeutet segnen und heißt wörtlich übersetzt „Gutes sprechen“. Der Segen gilt seit jeher als innig erbetener Schutz und beflügelt die Kräfte. Die heile Welt beginnt beim Wort als Ausdruck der Gedanken.

Eine neue, segnende Sprache wandelt das regionale Bewusstsein. Einer ganzen Region ihren Wert und ihre Würde zurückzugeben, schafft die solide Basis einer neuen Lebensqualität, die nicht nur auf Materiellem baut, sondern die Region als ganzheitlichen, wertvollen Lebensraum erkennt. Das spüren Bürger wie Gäste. Die Wahrnehmung des Lebensraumes und der ihm innewohnenden Lebenskultur bestimmen den wichtigsten Teil der Welt der Menschen, jenen Teil, in dem sie ihr Leben verbringen.

Mahatma Gandhi brachte die Selbstverantwortung auf den Punkt: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für die Welt.“ Jeder, der sich um seine Welt – um seine Region – annimmt, darf auf die eigene heile Welt nicht nur hoffen, sondern darauf vertrauen. Es geht nicht darum, die ganze Welt zu verändern, es geht darum, die eigene Welt und den eigenen Wirkungskreis als Gestaltungsraum zu erkennen. Damit wird der Grundstein für den Wandel auf der Erde gelegt. Das ist ganz persönliches Inwertsetzungsmarketing.

Das Steirische Vulkanland mit all seinen Bürgern lebt diese Vision. Es hat gemeinsam mit den Menschen eine neue Wirklichkeit geschaffen. Ein gutes Fundament für eine verheißungsvolle Zukunft. Der Wandel von der Grenzregion hin zum Steirischen Vulkanland ist vorbildlich gelungen. Eine Region gibt sich ihre Würde und ihren Wert zurück. Wir alle  sind eingeladen, diesem Beispiel zu folgen und unsere eigene heile Welt zu schaffen.

EAZ: Wie sehen Sie die Entwicklung in der Verbandsgemeinde Daun?

Roman Schmidt: Hier wird mit dem WEGE-Prozess sehr viel Wertschätzung in die Region gebracht. Die Bündelung der Kräfte und die bewusste Beschäftigung mit der eigenen Heimat sind ein wesentlicher Schritt zum Erfolg. Mit Bürgermeister Werner Klöckner und seinen Mitstreitern sind Menschen am Werk, die mit Respekt, großer Wertschätzung und viel Leidenschaft Entwicklungsprozesse anregen und die Schönheit und das Potenzial der Region sichtbar machen. Es gibt keine vergleichbare Region, die mit einem derart innovativen Ansatz die eigene Zukunft in Angriff nimmt. Hier passiert Großartiges und Europa schaut aufmerksam hin. Und das ist auch wichtig für den weiteren Erfolg des WEGE-Prozesses. Denn die gesamte positive Entwicklung in einer Marke als Kristallisationspunkt zu bündeln, ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für den Erfolg. Sichtbarkeit macht den Erfolg jeder Marke aus. Unsichtbare Marken gibt es nicht. Wenn die Marke dann noch emotional positiv geladene Zukunftsthemen in den Köpfen der Menschen verankert, ist der Erfolg unvermeidlich. Die Verbandsgemeinde Daun geht in eine gute Zukunft.

EAZ: Herr Schmidt, wir danken Ihnen für das Gespräch.
 

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