Interview Teil 4: WEGE: VG Daun – beliebt bei Gästen!

Im April letzten Jahres startete Werner Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daun, den Prozess WEGE – Wandel erfolgreich gestalten! Ziel des WEGE-Prozesses ist es, die Verbandsgemeinde Daun vor dem Hintergrund des demographischen Wandels zukunftsfähig aufzustellen. Die Vision für die Zukunft der Verbandsgemeinde Daun lautet: „In der Verbandsgemeinde Daun leben – in einer gesunden Welt zu Hause. Lebenswert-gesunder Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsstandort“.

In unserer Interviewserie spricht Werner Klöckner mit der Eifelzeitung über den WEGE-Prozess und die Entwicklungsstrategie der Verbandsgemeinde Daun. Heute fragen wir ihn zum Handlungsfeld „VG Daun – beliebt bei Gästen!“

EZ: Bei „VG Daun – beliebt bei Gästen!“ geht es ja um Tourismus. In der letzten Zeit hat man schon mal gehört: „Der Klöckner macht ja nur noch Tourismus.“ Ist dem so?
Klöckner: Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, wenn dieser Eindruck entstanden ist. Denn in den letzten beiden Jahren – das wird allerdings auch in den nächsten noch sein – hat uns die Gesundheitslandschaft Vulkaneifel sehr beschäftigt. Darüber wurde ja häufig berichtet. Gerade der WEGE-Prozess macht allerdings deutlich, dass es mir um wesentlich mehr geht und der Tourismus nur ein Handlungsfeld von zwölf ist. Alle anderen Handlungsfelder sind genauso wichtig. Und von jedem Handlungsfeld gehen Wechselwirkungen aus, die ins Bewusstsein gelangen müssen. Diese ganzheitliche Betrachtungs- und Herangehensweise macht gerade den WEGE-Prozess aus.

EZ: Sie stellen aber doch sicherlich nicht in Abrede, dass Ihnen der Tourismus am Herzen liegt?

Klöckner: Er liegt mir sicherlich am Herzen. Aber die Arbeitsplätze im Bereich von Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc. sind mir selbstverständlich genauso wichtig. Es kommt auf einen gesunden „Mix“ an.

EZ: Nachdem das geklärt ist: Welche Bedeutung und Chancen sehen Sie denn für unseren Tourismus?
Klöckner: Im Sommer letzen Jahres haben wir vom Deutschen wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr die touristische Wertschöpfung in der Verbandsgemeinde Daun ermitteln lassen. Die Ergebnisse waren  schon beeindruckend: Der touristische Beitrag zum Primäreinkommen beträgt 40,6 Mio. €/a. Dies bedeutet wiederum, dass 2.090 Beschäftigungsäquivalente durch den Tourismus gesichert werden. Damit trägt der Tourismus mit
8,9 % zum Volkseinkommen bei. Es gab jedoch auch einige für mich überraschende Erkenntnisse: Die Ausgaben unserer Gäste liegen unter dem Landesdurchschnitt, die Gesamtumsätze durch Tagestouristen übersteigen die der Übernachtungsgäste, der Anteil der Einzelhandelsumsätze liegt unter dem Durchschnitt.

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich auch konkrete Handlungsansätze ableiten: Wir müssen die Tagestouristen mehr in den Blick nehmen, durch eine gesicherte Qualität lassen sich höhere Umsätze erzielen und eine verstärkte Kooperation von Tourismus und Einzelhandel bzw. Dienstleistungsgewerbe kann Potential erschließen. Letztes Thema wird der Gewerbe- und Verkehrsverein Daun in seiner Mitgliederversammlung am 30. März im Forum Daun aufgreifen.

EZ: Wenn man mit dem Gewerbe spricht, so hat der Eifelsteig eine positive Resonanz. Wie sehen Sie dies?
Klöckner: Ich möchte die Tourismusstrategie 2015 des Landes Rheinland-Pfalz in Erinnerung rufen. Mit ihr hat man sich auf die aussichtsreichsten Themen festgelegt. Diese sind Wandern, Fahrradfahren, Wein und Gesundheit. Bei uns kommt noch der Vulkanismus bzw. die Geologie als unser Alleinstellungsmerkmal hinzu. Zum Thema Wandern besteht die Zielsetzung, dass Rheinland-Pfalz die Wanderdestination Nr. 1 in Deutschland wird. Hierzu bedarf es solcher Premiumwanderwege wie den Eifelsteig. Wandern ist „in“; für viele ist es das Hauptreisemotiv. Es überrascht also nicht, dass der Eifelsteig, gerade mit unserem Teilabschnitt Lieserpfad, einen hohen Zuspruch findet. Dieses qualitativ hochwertige Wegeangebot soll – hoffentlich bald – durch ein rund 100 km umfassendes Netz von Partnerwegen ergänzt werden. Wir haben auch die Absicht, die örtlichen Wanderwege, das sind dann nochmals einige hundert Kilometer, einerseits auszudünnen, andererseits zu überprüfen und neu und einheitlich auszuschildern. Wenn wir dann auch noch genügend Betriebe haben, die sich als Qualitätsbetrieb wanderbares Deutschland qualifizieren, sind wir eine Top-Wanderdestination.

EZ: Sie haben ja eben bereits die Gesundheitslandschaft Vulkaneifel angesprochen. Wann werden wir mit Produkten an den Markt gehen können?
Klöckner:
Der Geschäftsführer des Deutschen Heilbäderverbands, Markus Schneid, sagt in der Ausgabe 9/2011 der Zeitschrift „prisma“, das Gros der deutschen Heilbäder und Kurorte habe den Strukturwandel von der klassischen Krankenmedizin zur Prävention und zu Wohlfühlangeboten gemeistert. Zu diesem Gros gehört der Heilklimatische Kurort und Kneippkurort Daun leider noch nicht. Die Kurort-
analyse hat vielmehr aufgezeigt, dass Daun kein gesundheitstouristisches Profil hat. Das gilt auch für Manderscheid. Bad Bertrich ist da schon besser aufgestellt. Damit will ich eine von vielen Herausforderung aufzeigen, vor denen wir stehen. Wir sind allerdings auf einem aussichtsreichen Weg, dieses Profil zu schaffen, nicht nur für die Kurorte, sondern für die gesamte Region der drei Verbandsgemeinden Daun, Manderscheid und Ulmen. Die Angebotsprofilierung erfolgt unter der  Überschrift „Gesunde seelische und geistige Verfassung“ auf der Basis von Landschaftswahrnehmung und -inanspruchnahme. Das setzt auch eine infrastrukturelle Anpassung voraus. In Bad Bertrich ist in dieser Woche der Spatenstich für die Umgestaltung des Römerkessels zum ersten landschaftstherapeutischen Park Deutschlands. Sie wissen, dass es darauf abgestimmt auch die Planungen zur landschaftstherapeutischen Anpassung der Kurparke Daun und Manderscheid gibt. Das wird auch das Einzigartige der Gesundheitslandschaft Vulkaneifel sein: Alles was dem Gesundheitsgast geboten wird, soll dem Markenprofil entsprechen oder anders gesagt: aus einem Guss sein. Da dies sehr viel Arbeit ist, kommen wir erst Ende 2011/Anfang 2012 an den Markt.

EZ: Eingangs haben Sie den Begriff der Wechselwirkungen genannt. Wir können uns vorstellen, dass der Gesundheitstourismus auch in andere Handlungsfelder hineinwirkt.
Klöckner: Sehr gut erkannt; das gilt aber für den Tourismus insgesamt. Zum Beispiel der Maare-Mosel-Radweg. Er wurde Mitte der neunziger Jahre ausschließlich als touristische Infrastruktur gebaut und gesehen. Für die einheimische Bevölkerung ist er zu einer tollen Freizeiteinrichtung geworden, die den Wohn- und Lebenswert steigert. Der Radelbus trägt zudem zur Sicherung der Regiolinie bei. So lassen sich eine Reihe von Beispielen aufzeigen, wie touristische Angebote auch der heimischen Bevölkerung dienen. Tourismus verbessert die Infrastrukturausstattung einer Region, steigert ihre Attraktivität und verbessert ihre gesamte Standortqualität in dem Sinne ,dort leben und arbeiten, wo andere Urlaub machen’. Das gilt natürlich auch für den Gesundheitstourismus. Z. B. können medizinisch-therapeutischen Dienstleistern weitere Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden, die ihre Existenz sichern oder die unsere Region für sie als Wirkungsort überhaupt erst attraktiv machen. Wir laufen einem drohenden ärztlichen und medizinischen Fachkräftemangel entgegen. Dem kann ein Stück weit entgegen gesteuert werden.

EZ: Wir danken für das Gespräch.

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