Interview: Landrat Heinz-Peter Thiel, 100 Tage im Amt

Nicht nur der Papst wird an seinen ersten 100 Tagen im Amt gemessen. Auch der neue Landrat des Landkreises Vulkaneifel, Heinz-Peter Thiel, steht unter intensiver Beobachtung. Wir thiel_heinz_petersprachen mit ihm über Bürgernähe, Handlungsspielräume und die Zukunft des Landkreises. EAZ: Sehr geehrter Herr Landrat Thiel, wie waren die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit?
Thiel: Die ersten 100 Tage meiner Amtszeit waren sehr interessant. Ich bin in einen schnelllebigen, vielfältigen politischen Prozess eingestiegen, der keine 100 Tage Schonzeit zugelassen hat. Ich habe sehr viele Gespräche geführt, sehr viele Menschen kennengelernt, sehr viel zugehört.
Dazu gehörte es zum einen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kreisverwaltung kennenzulernen. Hier habe ich jede einzelne Abteilung besucht, um jeden Mitarbeiter an seinem direkten Arbeitsplatz kennenzulernen und mit ihm ins Gespräch zu kommen. Dazu gehörten aber auch Gespräche mit dem Kreisvorstand, den Fraktionsvorsitzenden, mit den politischen Gruppierungen in unseren Gremien, mit den Verbandsbürgermeistern, nicht zuletzt mit zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Landkreis. Ebenso gehörten dazu Gespräche mit den Ministerien in Mainz, mit Verbänden und Organisationen wie z.B. dem Verkehrsverbund Region Trier oder der RegAbfall, mit den benachbarten Landräten. Mir ist es wichtig, mit allen Beteiligten einen offenen Dialog zu führen. So treffe ich mich zu Arbeitsgesprächen regelmäßig mit den Verbandsbürgermeistern. Mit den Fraktionsvorsitzenden und den politischen Gruppierungen finden ebenfalls regelmäßige Treffen statt, in denen wir uns in einem politischen Dialog über Schwerpunktthemen austauschen.

EAZ: Gut 10 Wochen nach Ihrem Amtsantritt haben Sie Ihre erste Kreistagssitzung geleitet. Wie haben Sie die Sitzung erlebt?
Thiel:  Ich habe bereits im Vorfeld der Kreistagssitzung verschiedene Ausschusssitzungen geleitet und bin daher nicht ganz unvorbereitet in die Kreistagssitzung gegangen. Dennoch war es natürlich erst einmal Neuland für mich. Die Sitzung selbst habe ich in einer entspannten und offenen Atmosphäre erlebt, in der unterschiedliche Meinungen sachlich ausgetauscht und so ein demokratischer Konsens gefunden wurde. Das Klima habe ich als sehr positiv gewertet. Im Anschluss an die Kreistagssitzung habe ich alle Kreistagsmitglieder zu einem – früher üblichen – Umtrunk eingeladen. Der Einladung sind alle gefolgt und auch dort wurde sich in einer lockeren Atmosphäre ausgetauscht.

EAZ: Glauben Sie an das ernsthafte Bestreben aller politischen Vertreter im Kreistag einen vernünftigen Dialog zu führen?
Thiel:  Ich glaube nicht nur daran, ich bin sogar fest davon überzeugt, dass dies das Bestreben aller politischen Vertreter im Kreistag ist. Dies hat sich meines Erachtens auch bereits in den bisherigen Sitzungen und auch in den darüber hinaus geführten Gesprächen gezeigt. Ich wurde offen empfangen und es wird offen miteinander umgegangen, auch wenn es in der Sache – was selbstverständlich ist – oftmals unterschiedliche Auffassungen gibt. Ich habe den Eindruck, dass alle Beteiligten mit Spaß, Respekt und Verantwortungsbewusstsein ihre Ämter ausüben und an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit interessiert sind.

EAZ: Gibt es angesichts der katastrophalen Finanzlage des Kreises überhaupt Handlungsspielraum für den neuen Landrat?
Thiel: Sicherlich ist der Handlungsspielraum bei der engen Finanzlage des Landkreises Vulkaneifel nicht optimal. Dennoch gibt es hier kein „Denkverbot“. Ich habe viele Ideen. Dabei muss man sehen, was tatsächlich finanziell umsetzbar ist und entsprechend Prioritäten setzen.

EAZ: 2016 besteht der Landkreis Vulkaneifel 200 Jahre. Denken Sie, dass Sie zu dieser Feier einladen können?
Thiel: Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das 200-jährige Bestehen unseres Vulkaneifel-Kreises feiern werden. Die Vulkaneifel als Selbstverwaltung für uns und von uns steht derzeit nicht zur Disposition. Fast 200 Jahre hat unser Landkreis seine Zukunft selbst gestaltet, dies wollen wir auch weiterhin tun. Dabei müssen wir uns der Stärken und der Vielfalt unseres Landkreises bewusst sein und diese auch selbstbewusst vertreten.

EAZ: Wird man den Landrat Heinz-Peter Thiel auch als Bürger-Landrat bezeichnen, so wie seinen Vorgänger?
Thiel: Ich bin ein Mann der Region, kenne die Menschen und deren Probleme und Erwartungen und mir ist es sehr wichtig, „am Bürger dran zu sein“ und mit den Bürgern in Kontakt zu sein. Ich habe bereits in den ersten Wochen meiner Amtszeit viele unterschiedliche Veranstaltungen besucht, bin mit ganz unterschiedlichen Menschen unseres Landkreises ins Gespräch gekommen, habe bereits zwei Bürgersprechtage durchgeführt. Die Menschen in unserem Landkreis müssen selbst entscheiden, ob sie mich auch als bürgernahen Landrat bezeichnen.

EAZ: Wie hat sich Ihr Alltag verändert? Bleibt Ihnen als passionierter Radfahrer und Sportbogenschütze, denn überhaupt noch Zeit für Familie, Freizeit und Hobby?
Thiel:  Durch die vielfältigen und umfangreichen Aufgaben, die das Amt des Landrats mit sich bringt, hat sich natürlich mein Alltag auch verändert. Ich bin froh, eine sehr gut aufgestellte Verwaltung hinter mir zu haben. Natürlich ist „Freizeit“ ein wertvolles Gut geworden, da ich als Landrat auch in über 20 Gremien, Zweckverbänden und GmbH‘s verantwortlich tätig bin. Ich muss meine Freizeit anders planen und erlebe diese Zeit sehr viel intensiver.

EAZ: Vielen Dank für das Gespräch!

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