Interview: IHK-Beitragssenkung nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung

Seit vielen Jahren steht die IHK Trier wegen ihrer hohen Beiträge in der Kritik. Insbesondere die TechniSat GmbH hatte in einem Gerichtsverfahren vorgerechnet, dass die Beiträge im Kammerbezirk Trier deutlich höher liegen als z.B. im benachbarten Koblenz. (Die Eifelzeitung berichtete). Nun überrascht die Kammer mit der Nachricht, dass die Beiträge ab 2012 gesenkt werden sollen. Die Eifelzeitung sprach darüber mit Kai Boeddinghaus, dem Bundesgeschäftsführer des bffk (Bundesverband für freie Kammern e.V.), der sich bundesweit  für eine Reform des Kammersystems einsetzt und schon seit Jahren mit der TechniSat GmbH zusammenarbeitet.

EAZ: Herr Boeddinghaus, die IHK Trier will ab 2012 die Beiträge senken. Eine gute Nachricht?
Boeddinghaus: Sicher es ist eine gute Nachricht. Es ist aber vor allem eine späte Nachricht. Die Industrie- und Handelskammern, die zurecht seit Jahren wegen zu hoher Beiträge in der Kritik standen, wie z.B. München und Berlin, haben schon 2009 ihre Beiträge erheblich gesenkt. Da ist die IHK Trier jetzt eher ein Nachzügler. Aber trotzdem zeigt es, dass der Druck kammerkritischer Unternehmen nicht ohne Wirkung bleibt. Das ist im Fall Trier sicher das Verdienst der TechniSat GmbH und der Bereitschaft des Eigentümers, Peter Lepper, der IHK die Stirn zu bieten.

EAZ: Die Kammern weisen den Zusammenhang zwischen Beitragssenkungen und den Aktivitäten der Kammerkritiker zurück. Was sagen Sie dazu?
Boeddinghaus: In den letzen drei Jahren haben um die 20 Industrie- und Handelskammern ihre Beiträge gesenkt. Es wäre völlig vermessen zu behaupten, dass dies immer im Zusammenhang mit kammerkritischen Aktivitäten gestanden hätte. Aber in einigen Fällen gibt es doch erhebliche Auffälligkeiten im Zusammenhang mit hohen Beiträgen, hohen Rücklagen, die durch den bffk und seine lokalen Mitgliedsbetriebe, so wie hier in Trier, öffentlich gemacht wurden. Und das hat dann auch dazu geführt, dass z.B. die IHKn München und Kassel 2009 bzw. 2010 die Beiträge sogar rückwirkend gesenkt haben. Das hat immer viel mit Öffentlichkeit zu tun. Und für Öffentlichkeit haben hier im Kammerbezirk eben die Aktivitäten der TechniSat GmbH ebenso geführt, wie die bffk-Kollegen, die sich in der Vollversammlung der IHK Trier engagieren.

EAZ: Wie schätzen Sie den Schritt der IHK Trier insgesamt, aber auch im Hinblick auf das Volumen der Beitragssenkung ein?
Boeddinghaus: Also erstmal ist er, das sagte ich schon, überfällig. Bezogen auf die geplanten Einnahmen für 2011 bedeutet die angekündigte Senkung der Beiträge ein Minus von 9 Prozent. Und da es seitens der IHK keinerlei Informationen über eigene Sparmaßnahmen gibt, muss man davon ausgehen, dass die IHK-Verantwortlichen wohl eher damit kalkulieren, dass es gar keine Mindereinnahmen gibt, sondern die Mitgliedsbetriebe durch eine erhöhte Wirtschaftsleistung den guten alten Wasserkopf der IHK weiter finanzieren sollen. Wir beobachten nämlich in allen Kammerbezirken, dass es nicht Sparmaßnahmen sind, die tatsächlich auch zu niedrigeren Ausgaben führen, sondern schlicht und einfach sprudelnde Einnahmen durch die Leistung der Mitgliedsbetriebe.

EAZ: Aber die IHK weist auf ein Sinken der Umlage von 0,36 auf 0,27 Prozent hin. Das ist doch eine Absenkung um ein Viertel der Umlage.

Boeddinghaus: Richtig ist, dass die IHK mit dieser Umlage immer noch zu den teuren Kammern in Deutschland gehört. Zum Vergleich:  In der IHK Osnabrück liegt die Umlage bei 0,05 Prozent. Und anderseits stellt sich eben die Frage: Was macht die Kammer mit dem Geld der Mitglieder? Auf fehlende Sparbemühungen habe ich schon hingewiesen. Es gibt einen zweiten Punkt, der mich sehr nachdenklich stimmt. Die IHK Trier hat gleichzeitig beschlossen, eine „zweckgebundene Kapitalrücklage“ zu bilden, um aufgenommene Kredite vorzeitig zu tilgen. Wie viel das sein soll und warum eine vorzeitige Schuldentilgung sinnvoll sein soll hat sie nicht mitgeteilt.

Wir haben das schon im Fall des DIHK, des Dachverbandes der Kammern, erlebt, dass da gelegentlich Hunderttausende an Vorfälligkeitszinsen fällig wurden durch solche vorfristigen Tilgungen. Da wäre auch noch Luft für Beitragssenkung. Dazu kommt, dass die IHK schon jetzt Rücklagen von mehr als 6,5 Millionen Euro ausweist. Das entspricht mehr als 75 Prozent der jährlichen Aufwendungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mal 15 Prozent als für  „noch“ zulässig erachtet. Sie sehen, da ist noch viel  Potential für niedrigere Beiträge, welches die IHK nicht ausnutzt.

EAZ: Das hört sich insgesamt aber sehr kritisch an?
Boeddinghaus: Positiv ist zunächst, dass der Druck auf die Kammer überhaupt stark genug war, um Beitragssenkungen zu erzwingen. Da kann man Firmen wie TechniSat, die auch bereits sind das öffentlich und über lange Jahre durchzustehen gar nicht dankbar genug sein. Schließlich profitieren davon jetzt die Firmen im ganzen Kammerbezirk. Andererseits dürfen wir uns nicht mit kosmetischen Korrekturen abspeisen lassen, wo harte Schnitte möglich und erforderlich sind. Angesichts der hohen Rücklagen hätte der IHK Trier eine rückwirkende Senkung der Beiträge schon für das Jahr 2011 gut zu Gesicht gestanden. Wenn das mit den 750.000,00 Euro stimmt,dann wären die Rücklagen auf knapp 70 Prozent abgeschmolzen worden. Das ist immer noch ein viel zu hoher Wert. Aber selbst dazu fehlte wohl der Mut bzw. die Bereitschaft, die Mitgliedsbetriebe wirklich zu entlasten.

EAZ: Danke für das Gespräch.

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