Interview: Heike Bohn: „Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist wichtig“

EAZ: Die Kommunal- und Verwaltungsreform wirft ihre Schatten voraus. Kleinere Verbandsgemeinden, wie zum Beispiel Hillesheim, sind nach Auffassung der Landesregierung nicht mehr „in“. Die Einwohnerzahl sei zu klein, es werde zu viel Bürokratie für zu wenig Bürger vorgehalten. Da könnten nur Fusionen den Verbandsgemeinden noch helfen. Wie sehen Sie das?

Heike Bohn: Das kann man so pauschal nicht sagen. Wer unsere Hillesheimer Verwaltung kennt, der weiß, dass wir nur so viel Bürokratie wie nötig zulassen und mit einem zwar kleinen, aber sehr schlagkräftigen Team in kurzer Zeit sehr viel bewegen können. Richtig ist, dass wir insgesamt in der Bundesrepublik zu viel Verwaltung, Behörden, Bürokratie und Doppelzuständigkeiten haben. Und wenn wir immer weniger Menschen werden, können wir uns so viel Verwaltung nicht mehr leisten – und brauchen sie auch vermutlich nicht. Und da mittlerweile fast alle mit Computer und Internet umgehen können, wird sich auch zukünftig sicher viel mehr  online abspielen. Das Land will  die Anzahl der Verbandsgemeinden verringern und kleine Verbandsgemeinden sollen sich zu einer größeren zusammen schließen. Natürlich spart man damit mittel- und langfristig Geld, weil Personal wegfällt. Wirklich sparen können wir jedoch nur, wenn auch Ausgaben drastisch gesenkt werden und wir auf lieb Gewonnenes verzichten. Für mich ist bei all diesen  Diskussionen unverzichtbar, dass wir dennoch eine bürgernahe Verwaltung behalten.

EAZ: Es wurde ein Gutachten erstellt, wonach im Landkreis Vulkaneifel nur noch zwei Gemeinden übrig bleiben sollen: zum einen Daun mit Kelberg, …. sowie eine weitere „Groß“-Verbandsgemeinde Hillesheim, Gerolstein und Obere Kyll. Also zwei Verbandsgemeinden nur noch im Kreis. Was bedeutet das Ihrer Meinung nach für die Zukunft unseres Landkreises?

Heike Bohn: Die Frage nach der Zukunft des Kreises ist richtig – ein Kreis mit nur zwei Verbandsgemeinden macht in der Tat keinen Sinn. Eigentlich wäre es klug gewesen, bei einer Kommunal- und Verwaltungsreform gleich alle Ebenen mitzubetrachten. Vermutlich wird die Diskussion über Kreisgrenzen sich noch intensiver ergeben, wenn die Reform einen Schritt weiter gegangen ist – wir sind ja nicht die einzigen, die sich auf den Weg begeben und im gesamten Land Rheinland-Pfalz gibt es hier die unterschiedlichsten Konstellationen.

EAZ: Konkret finden derzeit ja bereits Gespräche zwischen den Verbandsgemeinden Hillesheim, Gerolstein und Obere Kyll statt. Sie sind Mitglied in allen  Verhandlungsgremien. Wo sehen Sie  Ihre wichtigste Aufgabe und was ist der Inhalt der Gespräche?

Heike Bohn: Meine Aufgabe ist natürlich, die Interessen des Hillesheimer Landes zu vertreten und auch zu versuchen, diese umzusetzen. Wir haben in unserer Lenkungsgruppe verschiedene Dinge vereinbart, die uns wichtig sind. So hat das jede der drei Verbandsgemeinden getan. Das geschieht  mit Maß, Ziel und Vernunft.Wenn alle drei Verbandsgemeinden sagen: „Wir wollen nach der Fusion das haben, was wir jetzt auch haben, und noch ein bisschen mehr dazu“, dann kann ein solches Projekt nicht gelingen. Ziel ist doch, ein neues Gemeinwesen zu schaffen, das zukunftsfähig und stark ist, bürgernah und effizient. Dazu müssen wir gemeinsam überlegen, wo in einer neuen Konstellation Schwerpunkte sind oder sein können und wo wir vielleicht Schwächen einzelner Verbandsgemeinden miteinander ausgleichen können. Darum geht es in den Gesprächen, sowohl wenn die Kommunalpolitiker diskutieren oder die Verwaltung die einzelnen Themen bearbeitet. Im Ergebnis wird jede Verbandsgemeinde irgendwo etwas dazu bekommen, aber auch irgendwo etwas abgeben müssen.

EAZ:  Wie sieht das weitere Prozedere aus und haben Sie einen Zeitplan?

Heike Bohn:
Derzeit befinden wir uns in der Phase, in der wir einzelne Themen bearbeiten: Zum Beispiel, welche Konsequenzen hat eine neue Konstellation für die Schullandschaft, für die Wasser- und Abwassergebühren, für die Verwaltungsstandorte, für die Finanzsituation, die Feuerwehr, und so weiter. Wenn das alles zusammen getragen ist, wird das Ergebnis den Räten vorgestellt. Dies ist für Ende des Jahres geplant. Danach, also zu Beginn 2012, werden wir die Konzeption in den Ortsgemeinderatssitzungen vorstellen und in Einwohnerversammlungen die Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Die Kreistage werden gehört (wenn Kreisgrenzen tangiert werden), die Ortsgemeinden stimmen ab und zu guter Letzt werden die einzelnen Verbandsgemeinderäte darüber Beschlüsse fassen. So ist zumindest im Moment der gemeinsame Plan. Parallel dazu, das heißt jetzt schon, werden Gespräche mit dem Land geführt, um die Rahmenbedingungen – Hochzeitsprämie, Förderungen, sonstige Möglichkeiten – zu eruieren. Abgeschlossen wird die Fusion durch ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz

EAZ: Ihre Mitbewerberin – vielleicht aus Angst, eigene Positionen zu beziehen – möchte  Bürgerbefragungen bei allen wichtigen Entscheidungen. Seien es nun Windkraft oder andere Themen. Macht man es sich dadurch nicht zu leicht als gewählter  Kommunalvertreter? Wir leben doch in einer parlamentarisch geprägten Demokratie, in der durch Wahl ermittelte Mehrheiten für die Dauer einer Amtsperiode den Wählerwillen repräsentieren und auch dementsprechend handeln. Wie sehen Sie das?

Heike Bohn: Das kann man durchaus so sehen, und viele Menschen tun das auch. Andererseits ist es aber auch wichtig, die Bürgerinnen und Bürger schon im Prozess zu beteiligen, damit solche Katastrophen wie bei Stuttgart 21 nicht passieren. Und in der Vulkaneifel hat die CDU ja schon einmal einen dicken Dämpfer bekommen, als sie gegen den Willen der Bevölkerung die Fusion zweier Kreissparkassen durchsetzen wollte.

EAZ: Können Sie sich vorstellen, dass in den Fusionsverhandlungen eine unerfahrene, mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertraute Bürgermeisterin für Hillesheim effektiv verhandeln kann?

Heike Bohn: Die Antwort liegt doch auf der Hand, oder?

EAZ: Herzlichen Dank für unser Gespräch!
 

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