Versöhnung war die Botschaft von Walter Kohl

Daun. Ich bin der „Sohn vom Kohl“ – und werde es immer bleiben. Da kann ich machen, was ich will. Walter Kohl, der Sohn des Altkanzlers hat am vergangenen Freitag vor ausverkauftem Haus die Veranstaltungsreihe des Eifel-Literatur-Festival 2012 in Daun eröffnet – nicht als Lesung, sondern als Podiumsdiskussion. Das Publikum mit in dieses Gespräch eingebunden, warb Kohl eingangs für einen Trialog. 

„Leben oder gelebt werden“ so heißt sein mutiges Buch, das auf Anhieb die Spiegel-Bestsellerliste eroberte. Es zeigt: wer sich dem Leben, das ihm gegeben ist, stellt und selbst dafür die Verantwortung übernimmt, der kann aus der Rolle des „Opfers“ heraustreten und wird frei zu leben – anstatt gelebt zu werden.

Tatsächlich ist Walter Kohl der älteste Sohn des Altkanzlers, Jahrgang 1963, der im Dauner Forum auf die Fragen von Festival-Chef Dr. Zierden mehr aus seinem Leben erzählt, als aus seinem autobiografischen Buch vorgetragen hat. Walter Kohl weiß, wovon er spricht, denn als „Sohn vom Kohl“ lebte er jahrelang im Schatten eines übermächtigen Vaters.

Mit gespannter Stille verfolgten die Besucher, wie der gebürtige Oggersheimer Historiker und Diplom-Volkswirt aus seinem Leben erzählt. Vor dem Hintergrund seiner eigenen  Lebensgeschichte bekommt seine Lebensgeschichte eine Eindringlichkeit von besonderer Qualität. Präzise und sachlich schildert Kohl, wie sein Trauma schon am ersten Schultag begann, wie er von fremden Schülern, die ihn das erste Mal sahen, gehänselt und auch geschlagen wurde. Welche Qualen die junge Seele litt, die nicht verstehen konnte, was da passiert – und wie sie sich einrichtete in dem scheinbar nicht enden wollenden Albtraum, davon handelt sein Buch.

Die Publikumsfragen umkreisten das Verhältnis zum Vater, das Schickal der Mutter  Hannelore, die 2001 Selbstmord begangen hatte, sowie Chancen und Grenzen einseitiger Friedensvereinbarungen. Die rund 500 Besucher zeigten sich beeindruckt von der Einfühlsamkeit und Offenheit, mit der Walter Kohl über seine eigenen Krisen und Lebensstationen sprach. Von Voyeurismus und Vatermord keine Spur. Ein Gesprächsexkurs gehörte seiner Beziehung zur Eifel. Maria Laach und frühe Ferienerlebnisse auf einem Bauernhof in Kaschenbach gehörten zum Erinnerungsgut.

Am Ende der Veranstaltung zeigte sich Walter Kohl  bewegt vom Verlauf der Veranstaltung und beeindruckt vom tollen Publikum und von der Organisation des Festivals. „Eine Super-Veranstaltung“ schrieb er ins Gästebuch des Festivals.

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