Kulturkonzept auf dem Prüfstand

Wittlich. Wer zum 2. Kulturforum am Mittwoch der vergangenen Woche in die Synagoge kam, ging nach zweieinhalb Stunden vielfältig bereichert nach Hause. Ausführlich stellte Kulturamtsleiterin Elke Scheid zum Auftakt ihr erarbeitetes Kulturkonzept den gut 40 Interessierten aus Stadt und Stadtteilen vor. Es war im Vorfeld im Kulturausschuss beraten worden, steht seit Dezember für alle einsehbar auf der Internetseite der Stadt und soll nach öffentlicher Kulturausschuss-Sitzung am 3. Mai und weiteren Beratungen im Stadtrat bis zur Sommerpause auf den Weg gebracht werden.

Deutlich enttäuscht zeigte sich Bürgermeister Joachim Rodenkirch bei der Begrüßung der 40 Interessierten über die nur geringe Nachfrage und Teilnahme am 2. Kulturforum. Bei über 19.000 Einwohnern Wittlichs sei es nur zu sieben Rückmeldungen auf der Internetseite der Stadt gekommen.

Wie sehr man mit dem Thema Kultur am Puls der Zeit sei und Wittlich sich aktuell bei diesem Thema positioniere, zeigten auch Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt. Zum Beispiel das aktuelle Buch „Kulturinfarkt“ . Oder ein Leitartikel der FAZ ebenfalls zur wertvollen Ressource Kultur sogar im Wirtschaftsteil der Tageszeitung. Der Bürgermeister ermunterte, weiter ergebnisoffen auch über dieses 2. Kulturforum hinaus zu diskutieren. Rodenkirch freute sich auf eine Fülle von Anregungen. Es gebe keinerlei Hierarchisierung von Kultur. Alle würden gleichberechtigt eingebunden und sollten sich in der Konzept wiederfinden. „Wir wollen keine Einfalt, sondern Vielfalt!“.

Drei Fragestellungen vorgegeben

Bewährt hatte sich bereits beim ersten Kulturforum am 29. März 2011 mit damals gut 80 Teilnehmern die Diskussionsform des World Cafe.

In einem festen Zeitrahmen von 15 Minuten werden zu vorgegebenen Fragestellungen Antworten gesucht und formuliert, die dann von den Tisch-Moderatoren erfasst und am Ende als Ergebnis vorgestellt werden.

Diskussionsbasis an den sechs Tischen waren drei Themen: „Was finde ich besonders gut? (mit den Themen-Moderatoren: Michael Scheid, Dr. Klaus Petry) Was sollte verbessert werden? (Erster Beigeordneter Albert Klein und Michaele Schneider) Was hat in Wittlich höchste Priorität (Nadine Zender und Jutta Zens-Hilsemer). Die Rückmeldungen aus den Diskussions- und Gesprächsrunden waren vielfältig und konstruktiv.

Was finden wir gut in Wittlich?

Lob gab es dabei für Bürgermeister, Stadtverwaltung, Kulturamt, Stiftung Stadt Wittlich und Stadtwerke für die Unterstützung und die Vielfältigkeit des Angebotes. Besonders positiv wurde zu dieser Fragestellung vermerkt, dass im Bereich der integrativen Kulturarbeit erhebliche Arbeit auch für Bürger mit Migrationshintergrund geleistet werde, „die ehrlich und nicht aufgesetzt erscheint“. Es würden moderate Eintrittspreise erhoben, im Alten Rathaus etwa gebe es sogar freien Eintritt.

Der angedachte interaktive Kulturkalender könne einen weiteren positiven Einfluss auf die Vernetzung der Kulturschaffenden auch in der Großregion haben. Weitere Impulse verspricht man sich neben dem Haus der Jugend (HdJ) auch vom Jugendparlament, das sich gerade für diese Zielgruppe als Schnittstelle und Verantwortungsträger empfiehlt. Laientheater, wie es im Stadtteil Dorf geboten wird, wünscht man sich auch für die Kernstadt, sieht hier aber noch Raumbedarf, um dies auch umsetzen zu können.

Was sollte verbessert werden?

Fehlende Räumlichkeiten für Kleinkunst und Laientheater könnte eine Einrichtung wie die Tuchfabrik Trier stellen. Hier könnten auch Mundartabende stattfinden oder Bands „wetterfest“ auftreten, denen sonst nur der wetterabhängige Stadtpark als ein mögliches Forum bleibe. Angeregt wurde deshalb unter der zweiten Fragestellung auch, im Stadtpark eine stationäre Bühne für Auftritte unterschiedlichster Art zu errichten und auch eine Gastronomie zu ermöglichen. Das Stadtbild sollte an Fassaden und durch Blumen bunter und einladender werden und Fassaden durch zeitgemäße Lichtarchitektur auch betont und hervorgehoben werden.. Beifall gab es für die Idee, die Lieser durch ein stimmiges Lichtkonzept zu beleuchten und damit vielfältiger nutzbar zu machen. Große Erwartungen bestehen, die 2013 in Betrieb gehende Mehrzweckhalle auch kulturell einbinden zu können.

Optimierungsbedarf im Wettbewerb zu Städten wie Trier oder Bernkastel klang nach den Gesprächsrunden auch zu Wittlich als Weihnachtsstadt an: Die weihnachtliche Einbeziehung von kompletter Innenstadt, Burgstraße und dem Vorplatz der Markuskirche; die Öffnungszeiten des Weihnachtsmarktes vielleicht nur auf Donnerstag bis Sonntag zu legen sowie die Geschäfte insgesamt weihnachtlicher zu schmücken. Am Brauchtum der Martinsumzüge mit Ausgabe der Martinsbrezel sollte festgehalten werden, zum Beispiel wie in früheren Zeiten mit Verteilung im Kolpinghaus.

Die Stadt sollte stimmungsvoll dunkel sein zu den Umzugszeiten und ein geordneter Ablauf durch eine verstärkte Zugbegleitung gewährleistet werden.

Am bewährten Bücherflohmarkt in der Innenstadt sollte festgehalten, die Stände aber wetterfest gemacht werden. Eine verstärkte Einbeziehung der Schulen, etwa im Deutsch-  und Kunstunterricht in das bereits vorhandene vielfältige Kunstangebot war eine weitere Anregung. Dies könnten Lesungen, Ausstellungen oder auch Führungen durch das Alte Rathaus sein. Auch die Cafes in der Innenstadt könnten in die Kooperation eingebunden werden. Allerdings wäre dies schwer, wenn Cafes schon um 18.30 Uhr schlössen.

Was hat in Wittlich Priorität?

Aktivierung und Vernetzung war ein Oberbegriff, der zum dritten Themenkomplex öfters genannt wurde. Dabei fiel der Gegensatz auf zwischen bereits vorhandenem hervorragenden bürgerschaftlichen Engagement in der Kulturarbeit und der Frage: Wie holen wir die Menschen hinter dem Ofen hervor, begeistern sie für das vielfältige Angebot sowohl als Zuschauer oder auch als aktiv Gestaltenden.

Das Beleben der Innenstadt, deren Gestaltung und Inwertsetzung zum Beispiel durch ein Glockenspiel fiel ebenso wie die Frage der kulturellen Infrastruktur: Wie kann man flexibel und effektiv zugleich mit den vorhandenen Veranstaltungsräumen in Stadt und Stadtteilen umgehen, mit dem Hoffnungsträger Mehrzweckhalle für Großveranstaltungen oder gezielten Überlegungen und Konzepten wie Türmchen, Alte Posthalterei oder der Römischen Villa.

Praktische Vorschläge waren, den Verkauf von Ticket Regional im Kulturamt ergänzend anzubieten, mit moderner Technik die Internetseiten zeitgemäßer und zielgruppengerechter zu machen, durch Apps und QR-Codes individuelle Stadtführungen per Smartphone zu ermöglichen, mobil und jederzeit auf den aktualisierten Veranstaltungskalender zurückgreifen zu können und durch eine neue Veranstaltungsplattform künftig Veranstaltungen so zu terminieren und zu lenken, dass zielgruppengleiche Angebote zeitlich weniger kollidieren.

Jährliche Fortsetzung angeboten

Über ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann, freute sich Bürgermeister Joachim Rodenkirch. Eine auch interkulturelle Vielfalt sei eine gute Basis, die Kulturarbeit fortzuschreiben und zu optimieren. Im sehr aktiven Jugendparlament sieht der Bürgermeister eine wichtige Schnittstelle, damit sich diese Altergruppe einbringt. Die Stiftung Stadt Wittlich stehe auch weiter unterstützend „Gewehr bei Fuß“. Bei sinkenden Erträgen müsse man aber über ein Zurückfahren der Förderung in Einzelbereichen nachdenken. Der Schwerpunkt werde sicherlich wie bisher bei der Jugendarbeit, den Sport- und Musikvereinen liegen.

Erste Impulse seien bereits durch das 1. Kulturforum aus dem Vorjahr gesetzt, Internetauftritte zu überarbeiten und eine Datenbank zu erstellen, die die Besonderheiten der vorhandenen Veranstaltungsräume in Wittlich erfasst. Smartphone-taugliche Codes könnten probeweise zum Beispiel für die ab Herbst neu konzipierte Dauerausstellung im Alten Rathaus getestet werden.

Der Nutzungsschwerpunkt der Mehrzweckhalle sei der Schul- und Vereinssport. Man sei aber dabei, Konzepte zu entwickeln, die Halle auch für kulturelle Veranstaltungen zu nutzen. Sie verfüge über 700 Sitzplätze mit Rückenlehne, die ausziehbar wie in Trier zur Verfügung stünden.

Verbesserungswürdig sieht auch der Bürgermeister das Konzept des Martinsumzuges, auf gutem Wege sei man bei der weiteren kulturellen Vernetzung mit den Schulen. Sehr gut werde etwa das Angebot angenommen, Schulführungen im Alten Rathaus anzubieten. Die entsprechende Außendarstellung habe auch dazu geführt, dass die letzten drei Ausstellungen von jeweils mehr als 1000 Besuchern gesehen wurden.

Die Anregungen des 2. Kulturforums sollen nicht nur im Zusammenhang mit dem neuen Kulturkonzept vertieft und erörtert werden. Der Bürgermeister bot an, den begonnenen kulturellen Dialog fortzuführen und ein solches Format einmal jährlich anzubieten, um im Dialog „mit unterschiedlichsten Disziplinen“ zu bleiben /hg

Hinweis:
Der Entwurf des Kulturkonzepts ist seit Dezember auf der Internetseite der Stadt einsehbar unter: http://wittlich.de/kultur/Kulturkonzept.html

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