Energiekostenberatung – erste Bilanz zeigt großen Bedarf

Rheinland-Pfalz. Ein Jahr nach dem Start des Mainzer Pilotprojekts „Energiearmut vorbeugen“ ziehen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke und die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz eine positive Bilanz: Rund 180 Menschen haben die Energiekostenberatung der Verbraucherzentrale im vergangenen Jahr in Anspruch genommen. Bei vielen Ratsuchenden war die Energieversorgung bereits gesperrt oder eine Sperrung angedroht worden. Drei Vierteln der Ratsuchenden konnte die Verbraucherzentrale helfen. In den meisten Fällen haben die Beraterinnen Sperrungen verhindert oder dafür gesorgt, dass bestehende Sperren wieder aufgehoben wurden. Gemeinsam mit den Ratsuchenden haben sie außerdem langfristige Lösungen erarbeitet, um Energieschulden abzubauen oder zukünftig zu verhindern. Das Wirtschaftsministerium fördert das Projekt über eine Laufzeit von drei Jahren mit rund 280.000 Euro.

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke ist sehr erfreut, dass die konkrete Beratung so vielen Menschen weiterhelfen konnte. „Energie muss für alle bezahlbar bleiben, denn eine vernünftig geheizte Wohnung, warmes Wasser und Licht sind Grundbedürfnisse und gehören einfach zum Lebensstandard. Das Pilotprojekt ‚Energiearmut vorbeugen‘ zeigt, dass es bei Schwierigkeiten nicht nur um ein bisschen mehr Transferleistungen geht, sondern dass bei Stromsperren meist ganz unterschiedliche Ursachen zusammen kommen. Beratung und Vermittlung hilft hier wirklich weiter. Das ist das Ergebnis unseres Pilotprojekts, das wir in Zukunft weiter ausbauen wollen.“

„Vor allem Menschen und Familien mit kleinen Einkommen geraten durch steigende Energiepreise zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten“, so Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Mit unserem umfassenden Beratungsansatz können wir den vielfältigen Ursachen für Zahlungsprobleme bei der Energieversorgung entgegen steuern. Unser Ziel ist es, dass auch Menschen in schwierigen Lebenssituationen bei der Energieversorgung nicht auf der Strecke bleiben.“ Knapp zwei Drittel der Ratsuchenden hatten Energieschulden bis zu 1.000 Euro. Aktuelle Versorgungssperren bestanden in einem Drittel der Fälle seit einem Monat, in einem weiteren Drittel bis zu einem halben Jahr, in wenigen Fällen seit mehr als zwei Jahren. Die Mehrzahl der Haushalte, die zur Beratung kamen, ist verschuldet und trägt bei geringem Einkommen schwer an bereits vorhandenen Darlehen.

„Bei der Fülle der vorhandenen Schwierigkeiten sind manchmal kreative Lösungen nötig“, sagt Projektleiterin Antje Kahlheber von der Verbraucherzentrale. „Wichtig ist das geduldige Dranbleiben am Beratungsfall, denn wir haben es oft mit lange gewachsenen Problemlagen zu tun“. Häufig konnten die Beraterinnen Einsparpotenziale aufzeigen – entweder durch den Wechsel des Tarifs oder durch Änderungen des eigenen Verhaltens. Besonders Einsparungen bei der elektrischen Warmwasserbereitung – etwa auch durch den Verzicht auf Vollbäder oder die Nutzung von Durchflussbegrenzern – sowie das nächtliche Abschalten des Fernsehers waren häufig Thema in der Beratung. In mehr als 70 Prozent der Fälle konnte die Verbraucherzentrale erreichen, dass bestehende Sperren aufgehoben und angedrohte abgewendet wurden. Insgesamt reagierten die Energieversorger sehr unterschiedlich auf das Pilotprojekt. Während der lokale Grundversorger entega sich sehr entgegenkommend beteiligte, zeigten einzelne andere Versorger im Gebiet Mainz kein Interesse außergerichtliche Lösungen zu erarbeiten.

Der Beratungsansatz

Das neuartige, mehrstufige Beratungsangebot der Verbraucherzentrale umfasst unter anderem folgende Bausteine, die im Beratungsprozess durchlaufen werden:
– Vermittlung zwischen Kunde und Energieversorger zur Abwendung drohender Versorgungssperren
– Überprüfung des Verbrauchs und bei erkennbar hohen Verbrauchswerten gezielte Energieeinsparberatung – ggf. auch vor Ort
– Energierechtsberatung zur Prüfung der Vertragsverhältnisse und der Verhältnismäßigkeit einer drohenden Energiesperre.

Die Energiekostenberatung der Verbraucherzentrale kooperiert darüber hinaus mit verschiedenen Akteuren der Mainzer Hilfelandschaft, wie Schuldnerberatungsstellen. In einigen Fällen hat die Beraterin erfolgreiche Gespräche mit Sozialbehörden geführt. Bei Insolvenz oder Mietstreitigkeiten bietet die Verbraucherzentrale zusätzlich Beratung in diesen Sektoren an, wenn die Ursache der prekären Situation nicht allein in den aktuellen Energieschulden besteht oder der Energieberater Missstände in der Wohnung vorgefunden hat, die der Mieter allein nicht lösen kann.

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