Was passiert mit dem Seniorenheim „Römerkessel“ in Bad Bertrich?

Bad Bertrich. Gerade hatte man die Corona-Isolation samt monatelangem Besuchsverbot überstanden, da stand für die Bewohnerinnen und Bewohner im Altersheim „Wohnpark Residenz Römerkessel“ in Bad Bertrich die nächste Grausamkeit an. Der Schock saß bei den betagten Seniorinnen und Senioren tief und es gab viele Tränen als die Nachricht von der Pleite ihrer Einrichtung die Runde machte. Die Verunsicherung war riesengroß. Es war ein schwerer Schlag für die betagten Bewohner: Sie mussten ihre vertraute Umgebung verlassen. Der Gedanke: „Wo kommste jetzt wohl hin – irgendwohin, wo dich keine Menschenseele kennt“ – war grausam.

Binnen weniger Wochen mussten fast alle Bewohnerinnen und Bewohner der Vollzeitpflege unfreiwillig in andere Häuser umziehen, weil kein Personal mehr da war, weder für die Pflege, noch für die Küche, den Service und die Reinigung. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Betreuten Wohnens erhielten die Kündigung ihres Mietvertrages. Sieben Bewohnerinnen und Bewohner haben das nicht akzeptiert und sind in ihren Appartements geblieben. Die Eifel-Mosel-Zeitung hatte darüber berichtet.

Während umliegende Häuser zu 100 Prozent ausgelastet sind, stehen jetzt ca. 66 Betten im Bad Bertricher Altersheim „Römerkessel leer, weil der ehemaligen Betreiberin am Ende das Geld ausgegangen war. Es ist wirklich eine Schande, dass solch ein gepflegtes, attraktives Haus in die Insolvenz gehen musste.

Altersheim „Wohnpark Residenz Römerkessel“ in Bad Bertrich (Foto EMZ)

22 Appartements für betreutes Wohnen

Von heute auf morgen könnte ein neuer Betreiber durchstarten, die Küche wieder in Betrieb nehmen und das im Haus befindliche Restaurant betreiben. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Tagespflege werden bei Bedarf von mobilen Pflegediensten versorgt. Insgesamt 22 Appartements für betreutes Wohnen könnten sozusagen sofort bezogen werden. Aber offensichtlich ist in Bad Bertrich derzeit kein Gastronom in der Lage, den verblieben Bewohnerinnen und Bewohner ein warmes Mittagessen ins Haus zu liefern. Aber auch hierfür sollte eine Lösung zu finden sein.

Neuer Hausverwalter

Vielleicht kommt jetzt etwas Licht am Ende des Tunnels. Inzwischen hat die Firma DUALIS Vertriebsgesellschaft für Immobilien und Kapitalanlagen mbH aus Wirges im Westerwald in der Funktion eines Verwalters mit den verbleibenden Seniorinnen und Senioren einen neuen Mietvertrag abgeschlossen. Die Rezeption des Hauses ist zurzeit stundenweise von einer Person besetzt, die den Job tatsächlich ehrenamtlich macht.

Auf Ihrer Internetseite www.dualis.de schreibt DUALIS: „Unser Schwerpunkt liegt im Bereich der Vermarktung von Pflegeimmobilien und Betreutem Wohnen. Über 30 Jahre Erfahrung schaffen eine fundierte Basis. Als Berater unterstützen wir Sie in allen Angelegenheiten. Von der Besichtigung bis hin zur notariellen Beurkundung begleiten wir Sie auch bei Fragen der möglichen Finanzierung. Wir kennen den Markt genau! So achten wir schon bei der Auswahl der Objekte auf ein geringes Risiko und eine hohe Wiedervermarktungschance. Das Pflegeappartement als Kapitalanlage ist eine Investition in einen langfristig profitablen Sachwert“. Das klingt doch zuversichtlich!

Interessentinnen und Interessenten für den Bereich des Betreutes Wohnen sollten sich das Haus auf jeden Fall anschauen. Die Eifel-Mosel-Zeitung ist der Meinung – es lohnt sich!

Dramatische Lage

Solch ein Szenario wie in Bad Bertrich bleibt sicherlich kein Einzelfall. Auch wenn viele dieser Senioreneinrichtungen in einem Insolvenzverfahren gerettet werden können, befindet sich der Pflegemarkt für Senioren in einem dramatischen Umbruch. Der Pflegenotstand wächst exorbitant. In der Altenpflege fehlen Zehntausende Pflegekräfte. „Zack-Zack-Pflege“ im Minutentakt und schlechte Bezahlung machen den Beruf nicht gerade attraktiv. Die meisten Häuser klagen, es sei kaum noch möglich qualifiziertes Fachpersonal zu gewinnen. Wahrscheinlich werden vermehrt kleiner Häuser unweigerlich in die Verlustzone rutschen. Aber keine Sorge, auf der Straße landen Pflegebedürftige nicht – darauf passen die Heimaufsichten auf. Allerdings ist ein Umzug im hohen Alter für die Betroffenen immer mit Stress verbunden und für die Angehörigen oftmals mit weiteren Wegen.

Es ist eine Minute vor 12

Die Bundespolitik ist jetzt dringend gefragt. Die Pflegekosten explodieren förmlich. Für mehr Pflege werden am Ende wohl die Bedürftigen selbst, in den meisten Fällen aber die Sozialressorts der Kommunen zahlen müssen. Seit etlichen Jahren steigen nämlich die Einnahmen nur aus dem Eigenanteil der Betroffenen, nicht aus dem Teil den die Pflegeversicherung beisteuert.

Die Einrichtungen lassen sich monatlich alles bezahlen. Da werden neben der Pflege, der Raummiete und der Verpflegung monatlich auch anteilig Investitionskosten für die Unterkunft, ein Ausbildungszuschlag und ein Ausbildungsrefinanzierungszuschlag den Senioren in Rechnung gestellt. Es ist keine Seltenheit, dass innerhalb eines Jahres Senioreneinrichtungen drei- bis viermal ihre Preise erhöhen, während sich die Pflegeversicherung seit Jahren mit keinen Cent mehr an den Pflegekosten beteiligt. Immer mehr Pflegebedürftige rutschen auf diese Weise ab in die Bedürftigkeit. Die Sozialausgaben der Kommunen steigen von Jahr zu Jahr.

 

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