Stellungnahme von Innenminister Roger Lewentz zum Rechnungshof-Bericht über den gescheiterten Flughafen-Hahn Verkauf

Innenminister Roger Lewentz/SPD

Rechnungshof zieht Schlüsse aus verkürzter Sichtweise

Der Landesrechnungshof hat rund neun Monate nach seiner Beauftragung durch den rheinland-pfälzischen Landtag seinen Prüfbericht zum Verfahren über die Veräußerung des Geschäftsanteils des Landes Rheinland-Pfalz an der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG) an die SYT vorgelegt.

Wegen des Ausfalls der damaligen Käufergesellschaft hatte die Landesregierung das Verkaufsverfahren im Sommer 2016 fortgesetzt und gemeinsam mit einer neuen Beratungsgesellschaft im Frühjahr 2017 zum Vertragsschluss mit der renommierten HNA-Gruppe geführt.

„Ich habe bereits mehrfach gegenüber Parlament und Öffentlichkeit betont, dass in diesem Teil des Verkaufsverfahrens Fehler gemacht worden sind. Wir haben aus Versäumnissen gelernt und im zweiten Anlauf des Verfahrens Konsequenzen gezogen. Dabei wurden unter anderem auch weitergehende Sicherungsmaßnahmen wie eine von den Interessenten zu zahlende Sicherheitsleistung und die Hinterlegung des Kaufpreises vor Vertragsunterzeichnung eingebaut“, unterstrich Innenminister Roger Lewentz. Der Bericht des Rechnungshofes liste vornehmlich bereits bekannten Fakten und Fehlentwicklung auf. „Es bestand zu keinem Zeitpunkt das Risiko, dass SYT auf Eigentum Zugriff hatte“, so Lewentz.

Zu keinem Zeitpunkt hatte die Landesregierung die Absicht oder das Interesse an einem Vertragsschluss mit einem unseriösen Geschäftspartner, der nicht über notwendige Bonität für den Erwerb des Flughafens verfügt. Aus diesem Grund hat die Landesregierung von Beginn an externen Sachverstand einbezogen, der sich in einem Auswahlverfahren aufgrund seiner Expertise gegen andere Berater durchgesetzt hatte.

Im übrigen waren im Verkaufsverfahren und im ausgehandelten Vertragswerk Mechanismen zum Schutz des Landes eingebaut. So wurden weder Grundstücke noch der Geschäftsanteil oder Zahlungen an die damalige Käufergesellschaft geleistet. Die zum Schutz des Landes vorgesehenen Sicherungsmechanismen haben gegriffen.

Die Ausführungen des Landesrechnungshofs bauen zumindest teilweise auf eine verkürzte Sachdarstellung und vor allem auf eine Beurteilung aus nachträglicher Sicht. So wird mit heutigem Wissensstand der Ausfall der damaligen Käufergesellschaft bewertet. „Ich habe bereits eingeräumt, dass wir mit dem heutigen Wissen, wie es der Rechnungshof hatte, natürlich anders gehandelt hätten”, so Lewentz weiter. Die Landesregierung sieht vor allem in dieser ex-post-Bewertung des Landesrechnungshofs einen wesentlichen Grund für die Annahme, die Landesregierung habe zahlreiche Vorgänge anders und zutreffender bewerten müssen als die bereits seit 2012 zur Vorbereitung und Durchführung des hochkomplexen Veräußerungsprozesses des Flughafens Hahn für das Land tätigen Berater.

Der Landesrechnungshof zieht an mehreren Stellen seines Gutachtens Parallelen zu den „Nürburgring-Projekten“, ohne dabei auch zu würdigen, dass die Landesregierung den in diesem Zusammenhang vom Landesrechnungshof genannten Kernforderungen Rechnung getragen hat: Sie hat beispielsweise ein formalisiertes Verfahren zur Markterkundung im Vorfeld der Beteiligung Privater durchgeführt, EU-beihilferechtliche Fragestellungen unter Hinzuziehung externen Sachverstands geprüft und mit der Europäischen Kommission abgestimmt sowie eine nachvollziehbare Dokumentation der Verhandlungsergebnisse sichergestellt. Der Landesrechnungshof stellt in seinem aktuellen Gutachten selbst fest, dass das Land „von Anfang an für die Beihilfeproblematik sensibilisiert war“.

Die dem Bericht des Landesrechnungshofs in Teilen zugrundeliegende verkürzte Sachdarstellung wird insbesondere deutlich im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Marktsituation und zur Beauftragung der Integritätsprüfung:

  • So hebt der Landesrechnungshof unter Ziffer 3 mit einem Teil-Zitat aus dem Bericht über die Markterkundung explizit hervor, es sei unwahrscheinlich gewesen, dass ein Interessent den Flughafen vollständig inklusive aller Chancen und Risiken sowie der Infrastruktur übernehme. Dass die Landesregierung mit einem erfolgreichen Abschluss des Beihilfeprüfverfahrens, einer bilanziellen Neuordnung der FFHG und einer Übertragung der landseitigen Grundstücke an den LBB diese Risiken gerade beseitigt hat und somit ohne eben diese Risiken in das Verkaufsverfahren gestartet ist, erwähnt der Landesrechnungshof an dieser Stelle nicht.

Im Übrigen ist die Kritik des Landesrechnungshofs auch durch die aktuelle Entwicklung überholt: Die Tatsache, dass die HNA-Gruppe ebenfalls einen Optionsvertrag über den Erwerb der landseitigen Grundstücke abgeschlossen hat, untermauert die Attraktivität der Infrastruktur.

In seiner Sachverhaltsdarstellung unter Ziffer 4 erwähnt der Landesrechnungshof die Beauftragung der damaligen Berater mit einer Integritätsprüfung des Bieters SYT und seiner Gesellschafter. Dass die Landesregierung dabei in vollem Umfang der Handlungsempfehlung der Berater gefolgt ist, die betont haben, dass damit „nachweislich alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft wurden, um negative Entwicklungen im Rahmen des Transaktionsverfahrens auszuschließen“, erwähnt der Landesrechnungshof an dieser Stelle nicht, sondern  erst gegen Ende des Berichts.

Der Landesrechnungshof schildert unter Ziffer 5 unter anderem den beruflichen Hintergrund des deutschsprachigen Ansprechpartners des Bieters SYT und vertritt die Auffassung, das Land habe versäumt, sich hiermit zu befassen. Tatsächlich wurde in den ersten beiden Phasen des Verkaufsprozesses die Korrespondenz mit den Interessenten eigenverantwortlich von den damaligen Beratern geführt gerade auch, um den Eindruck zu vermeiden, die Landesregierung nehme Einfluss auf die Bieterauswahl. Dies erwähnt der Landesrechnungshof an dieser für das Gesamtverständnis der damaligen Situation so wichtigen Stelle jedoch nicht. Hinsichtlich der Ausführungen des Landesrechnungshofs zum damaligen Ansprechpartner der SYT ist festzuhalten, dass dieser zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter oder Finanzier der damaligen Käufergesellschaft war.

Der Landesrechnungshof vertritt unter Ziffer 6 unter anderem die Auffassung, die Landesregierung hätte sich ein eigenes Urteil über die Expertise von SYT und die Qualität des Businessplans bilden müssen. Im Rahmen der beihilferechtlichen Plausibilitätsprüfung hatten die Berater hingegen festgestellt, dass die Unternehmenskonzepte für einen Regionalflughafen dieser Größenordnung nachvollziehbar seien.

In Ziffer 8 vertritt der Landesrechnungshof unter anderem die Auffassung, das von der Landesregierung erteilte Mandat an die Berater zur Integritätsprüfung sei unzureichend gewesen. Dabei lässt der Landesrechnungshof die Tatsache unerwähnt, dass es ebendiese Berater waren, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren bei Vorbereitung und Durchführung des Veräußerungsverfahrens für die Landesregierung tätig waren und zentrale vorbereitende Aufgaben erfolgreich durchgeführt hatten, darunter die Beendigung des Beihilfeprüfverfahrens oder die bilanzielle Neuordnung der FFHG. Es waren wiederum ebendiese Berater, die vorgeschlagen haben, eine weitergehende Recherche zum Hintergrund der einzelnen Bieter durchzuführen“, weil damit „nachweislich alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft“ werden – auch wenn dem „bei Transaktionen in der Privatwirtschaft üblicherweise keine größere Bedeutung beigemessen“ werden. Genau dies ist entsprechend der Handlungsempfehlung so beauftragt worden. Behauptungen, das Mandat sei unzureichend, blenden wesentliche Elemente des tatsächlich erteilten Auftrags aus und gehen somit in ihrer Annahme fehl.

Nicht zutreffend ist die Sichtweise des Landesrechnungshofs in Ziffer 9. Zutreffend ist vielmehr, dass die Entscheidung zugunsten von SYT das Ergebnis eines komplexen und dynamischen Abwägungsprozesses war, in den die Landesregierung durchaus alternative Möglichkeiten wie die Betriebsfortführung in Eigenregie oder die Liquidation der FFHG einbezog. Auch das Kriterium der Transaktionssicherheit hat die Landesregierung dabei von Anfang an in ihre Prüfung einbezogen, wie etwa durch die beizubringenden Finanzierungsnachweise. Die Aussagen des Rechnungshofes zu einem vermeintlichen Gestaltungsspielraum bei der Ermittlung des Marktpreises werden weder der Rechtsprechung des EuG/EuGH noch der aktuellen Kommissionspraxis gerecht und basierten auf eigenen Einschätzungen der Restriktionen des EU-Beihilfenrechts. So überschätzt der Landesrechnungshof die Spielräume der öffentlichen Hand beim Verkauf von Unternehmensanteilen auf der Basis eines ,market economy vendor test‘ und unterschätzt die Risiken einer erheblichen zeitlichen Verzögerung im Rahmen einer Notifizierung als Beihilfe oder Nichtbeihilfe bei der Europäischen Kommission.

Die Kritik des Landesrechnungshofs an der Dokumentation des Verkaufsprozesses ist nicht nachvollziehbar. Die Landesregierung hat umfangreich Akten geführt und vorgelegt – wie der Landesrechnungshof selbst ausführt waren dies 467 Akten und Ordner sowie DVDs mit insgesamt 3880 Dateien. Darüber hinaus wurden die Berater frühzeitig beauftragt, den Verkaufsprozess umfassend zu dokumentieren und alle wesentlichen entscheidungsvorbereitenden Maßnahmen sowie die entsprechenden Begründungen festzuhalten.

In Ziffer 10 erwähnt der Landesrechnungshof unter anderem, das Innenministerium habe zu den Ministerratssitzungen keine vorbereitenden Vermerke für die Hausspitze gefertigt. Dabei verkennt er, dass die umfangreichen und differenzierten Ministerratsvorlagen zu den Kabinettssitzungen zum Veräußerungsverfahren im Innenministerium und dort in Abstimmung mit der Hausleitung erstellt wurden. Im Übrigen wurde die Hausleitung – wie aus den Akten für den Landesrechnungshof ersichtlich – fortlaufend per E-Mail unterrichtet oder über den zuständigen Innenstaatssekretär unmittelbar in die Vertragsverhandlungen eingebunden.

Die Landesregierung hat in umfangreichen Schriftsätzen Fragen des Landesrechnungshofs, deren Beantwortung sich teilweise bereits aus den Akten ergibt, beantwortet und dabei zur Verfahrenserleichterung auch auf Ausführungen der Berater bei deren Beantwortung von Fragen des Landesrechnungshofs verwiesen. Insofern läuft die Kritik des Landesrechnungshofs., die er in seinen Ausführungen in Ziffer 10 aus diesem Vorgehen ableitet, die Landesregierung sei offensichtlich nicht in der Lage, diese Fragen anhand eigener Akten zu beantworten, ins Leere.

Schließlich behauptet der Landesrechnungshof in Ziffer 12 zu Unrecht, die Darstellung in der Ministerratsvorlage zum Verkauf sei unvollständig; im übrigen gebe es kein Protokoll der Ministerratssitzungen. Es ist darauf hinzuweisen, dass dem Landesrechnungshof bekannt ist, dass zu Ministerratssitzungen grundsätzlich nur Ergebnisprotokolle angefertigt werden. Dem Landesrechnungshof ist weiter bekannt, dass der Ministerrat fortlaufend und differenziert unterrichtet wurde. In welcher Form der Ministerrat unterrichtet wird, mündlich oder schriftlich, entscheidet die Landesregierung grundsätzlich eigenverantwortlich. Zu dem Komplex der Veräußerung des Flughafens Hahn hat das Innenministerium insbesondere auch in den Staatssekretärskonferenzen fortlaufend unterrichtet. Wichtigen Bedenken einzelner Ressorts konnte so Rechnung getragen werden, anders hätten diese dem Verkauf des Geschäftsanteils in der Ministerratssitzung am 30. Mai 2016 nicht zugestimmt.

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